Oberhaunstadt
Einmal jubeln für Deutschland

Rund 200 Fans verfolgten gestern im Kastaniengarten das Spiel der Nationalelf gegen Nordirland

21.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:38 Uhr
Begeisterung beim Public Viewing im Kastaniengarten in Oberhaunstadt. Gomez hatte die deutschen Fans erlöst. Der Rest des Abends gehörte der Hoffnung auf weitere Tore, die aber ausblieben. −Foto: Michael Brandl

Oberhaunstadt (DK) Deutschland ist Gruppenerster, Nordirland geschlagen, die EM kann weitergehen. Im Kastaniengarten in Oberhaunstadt erlebten gestern Abend rund 200 Gäste den zähen Arbeitssieg der Löw-Elf live mit. Die Stimmung war entspannt bis gediegen. Gejubelt werden konnte nur einmal.

Schweinsteiger wischt noch einmal, in Gedanken vertieft, über sein Smartphone. Müller prostet wenig später schon mal überschwänglich seinen Tischnachbarn zu. Da stand es 1:0 für die Deutschen. So blieb es bis zum Ende, als die Elf von Jogi Löw mit einem gepflegten, fast etwas verhaltenem Applaus nach ihrem Pflichtsieg von der Großleinwand in Oberhaunstadt aus in die Kabine geklatscht wurde. Schweinsteiger und Müller - das waren selbstredend nicht die leibhaftigen Stars aus der Nationalmannschaft, die sich auf für Profifußballer doch eher untypische Art und Weise während des Spiels die Zeit vertrieben. Es waren zwei Fans - gekleidet in Trikots mit den Namenszügen ihrer Idole darauf - die sich im Biergarten des Kastaniengartens niedergelassen hatten, um bei dem entscheidenden Match der Gruppe C mitzufiebern. Kräftiger Torjubel sollte aber Mangelware bleiben.

Dabei hatte alles erwartungsvoll begonnen. Drei Großchancen in einer Viertelstunde - da blieben viele Fans vorsichtshalber gleich in Habachtstellung und vernachlässigten für Augenblicke Schnitzel, Pommes, Spezi und Bier, um rechtzeitig aufspringen zu können, falls es im Netz der Nordiren einschlüge. Müller versuchte es aus allen Lagen und scheiterte ein ums andere Mal. Oberhaunstadt spendete Trost mit einem anerkennenden Raunen. Bis Gomez Fußballdeutschland in der 30. Minute endlich erlöste. "Hoch verdient", lobt der Kommentator. Die Gäste stimmen dem mit einem aufmunterndem Applaus und hochgereckten Händen zu. Müller ließ aber nicht locker, zielte knapp drei Minuten später wieder Richtung nordirisches Netz - ein Aufschrei auf den Bierbänken - und scheiterte erneut. Diesmal stand die Querlatte im Weg.

Es begann die Zeit des spielerischen Durchzugs. Ein wenig witterten die Nordiren nach der Halbzeit Morgenluft, ohne jedoch wirklich gefährlich zu werden. Ein wenig verflachte nun fast obligatorisch das Geschehen auf dem Platz. Endlich Zeit, sich wieder den Kindern zu widmen, von denen viele mit den Eltern mitgekommen waren. Das Eis gerade rücken, die Tröte des Sprösslings inspizieren, Mund abwischen - auf dem Spielfeld ebenso wie an den Tischen (Eis schmilzt und tröpfelt schließlich) - und weiter geht's.

"Das Ding ist im Kasten. Zu wenig einfach, was die Nordiren zeigen", blieb Thomas, der mit einigen Kollegen gekommen war, zuversichtlich. Als wollte es Khedira nach Thomas' Wunsch richten, verfehlte dieser das 2:0 kurz darauf nur knapp. Zaghaft, aber ungeduldig trommelten nun die ersten Fäuste auf den Biertisch. Wird das noch was oder nicht? Der Gedanke lag unausgesprochen in der Luft. Es hieß ausharren und warten. Gegen halb acht mümmelte sich die erste Besucherin in ihre Kuscheldecke. Die mächtigen Schatten der Kastanien und das zähe Spiel sorgten für Abkühlung. Doch der Glaube an den nächsten Torjubel ließ sich nicht mit der Sonne vertreiben. "Die machen noch ein, zwei Dinger", sagte ein junger Mann, der mit seinem Kumpel in einem der Strandkörbe abseits des Biergartens Platz genommen hatte. Vielleicht im Achtelfinale. Der Schlusspfiff belehrte ihn eines Besseren.