"Nichts Neues in der Tasche"

29.02.2008 | Stand 03.12.2020, 6:06 Uhr

Stellte sich den Fragen von Moderatorin Christine Burtscheidt und der Eltern: Der leitende Ministerialrat im Kultusministerium, Walter Gremm. Einen leichten Stand hatte er bei der Veranstaltung zum G 8 nicht. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) "Warum brauchen wir Schüler in Bayern ein Turbo-Abitur" Diese Frage drückte am besten aus, was Eltern, Schülern und Lehrern auf den Nägeln brennt. Fast 600 Besucher waren jetzt auf Einladung der G 8-Elterninitiative zu einer Veranstaltung in die Turnhalle des Scheinergymnasiums gekommen.

Sie hatten sich, wie schnell deutlich wurde, mehr erwartet. Zwar gab sich die Moderatorin Christine Burtscheidt, Schulexpertin bei der Süddeutschen Zeitung, alle Mühe, den Referenten mit kritischen Fragen in die Zange zu nehmen, die Antworten des Leitenden Ministerialrates im Kulturministerium, Walter Gremm, zum achtjährigen Gymnasium überzeugten viele im Publikum aber nicht. So gab es auf einzelne Fragen hämisches Gelächter, nicht wenige der Gäste verließen vor Ende der Veranstaltung die Turnhalle. "Sie haben nichts Neues in der Tasche", verlieh eine Frau ihrem Unmut Ausdruck. "Warum ist niemand von einer Hochschule da", fragte eine andere angesichts des mit Gremm und der Moderatorin etwas spärlich besetzten Podiums.

"Ich bin überwältigt von dieser Resonanz", hatte eingangs Barbara Kaltwasser-Jeske, die Sprecherin der Elterninitiative in Ingolstadt, betont. Sie zeige, dass das Interesse an dem Thema sehr groß sei, "aber auch, dass sehr viel Unsicherheit herrscht". Der Frust sitzt tief, seit das achtjährige Gymnasium vor vier Jahren eingeführt wurde. Weil die Eltern vor der bayerischen Landtagswahl im Herbst Druck machen wollen, hatte die Elterninitiative in Kooperation mit allen Gymnasien der Stadt den Infoabend zum Thema "Der Weg zum G 8-Abitur" organisiert. Die Ingolstädter Elterninitiative war bei der Einführung des achtjährigen Gymnasiums gegründet worden. Ziel ist, die ersten Jahrgänge konstruktiv zu begleiten.

2011 wird es spannend: Dann werden die ersten Absolventen des achtjährigen Gymnasiums fertig. Im gleichen Jahr allerdings machen auch die letzten Schülerinnen und Schüler des neunjährigen Gymnasiums Abitur. Der doppelte Abiturientenjahrgang sei ein Problem. "Aber ein lösbares", so Gremm.

Anhand von Folien erklärte der Referent in einer fast einstündigen Einführung zunächst, wie Zeitplan und Umsetzung nach den Plänen des Kultusministeriums über die Bühne gehen sollen. Die wichtigsten Änderungen: Deutsch, Mathe und Fremdsprachen werden als Kernfächer gestärkt, die Einteilung in Grund- und Leistungskurse wird abgeschafft, die Abschlussprüfung erfolgt in fünf statt bislang vier Fächern, Geschichte bleibt auch in der Oberstufe Pflichtfach und der Stundenplan der Mittelstufe wird entschlackt. "Der beste Indikator für einen Erfolg an der Uni ist die Durchschnittsnote aus den Fächern Deutsch, Mathe und Fremdsprachen", sagte Gremm. Dies habe eine Studie ergeben. Es gehe "nicht darum, die Kinder stärker auf die Wirtschaft zu orientieren, sondern darum, die Anschlussfähigkeit des Gymnasium für das Studium oder die Berufsausbildung herzustellen".

Einen umfangreichen Fragenkatalog hatte die Elterninitiative vorbereitet. Zwischendurch wurden bunte Zettel mit weiteren Fragen aus dem Publikum eingesammelt. Es ging im Wesentlichen um die Qualität des Unterrichts in der Oberstufe, den Stundenplan und die Kurse. Das spontane "Ja" des Referenten auf die Frage, ob man 15 Schüler pro Kursgruppe personell überhaupt stemmen könne, quittierte das Publikum mit lautem Lachen. Von den Vorteilen des G 8 überzeugen ließen sich die Eltern von dem Ministerialrat an diesem Abend nicht.