Lenting
"Stellungnahmen der Bürger ignoriert"

Lentiger Bürgerinitiative boykottiert jetzt die neueste Stromtrassenplanung

22.12.2015 | Stand 02.12.2020, 20:23 Uhr

Ein ganzes Paket voller Briefe: Alfred Schlachtmeier (links) und Helmut Wiesmeth von der Bürgerinitiative „Nein zur Stromtrasse, Ja zur Energiewende“ brachten kürzlich persönliche Anschreiben an alle Bundestagsabgeordneten in die Lentinger Postagentur. - Foto: Privat

Lenting (DK) Die Lentinger Bürgerinitiative „Nein zur Stromtrasse, Ja zur Energiewende“ ist mächtig enttäuscht: Die BI findet, dass die Meinungen Zehntausender Bürger bei der bisherigen Stromtrassenplanung ignoriert worden seien. Deshalb boykottiert sie jetzt den neuesten Netzentwicklungsplan.

„Alle unsere Mühen, mit unserer Kritik und mit Lösungsansätzen im Planungsprozess ernst genommen zu werden, sind verpufft. Wir sind ohne Gehör geblieben“, ärgert sich Johanna Zieglmeier von der Bürgerinitiative. Sie und ihr Mitstreiter Helmut Wiesmeth betonen, dass die BI und unzählige Bürger aus der Gemeinde von Beginn an bei den Konsultationen zu den Netzentwicklungsplänen der vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber dabei gewesen seien. Weiter führen beide an: „Bei der zweiten Stufe des Entwicklungsplans 2014 sind 39 000 Bürgerstellungnahmen aus ganz Deutschland eingegangen.“

Die seien aber ignoriert worden, sagt Johanna Zieglmeier und schiebt nach: „Wir mussten erfahren, dass viele vollmundige Lippenbekenntnisse, die von führenden Politikern gegenüber den Bürgern zum Netzausbau abgegeben wurden, den Interessen der Stromkonzerne und der Investoren geopfert wurden.“

Das Fass zum Überlaufen brachte für die Lentinger Bürgerinitiative ein vom Bundestag am 3. Dezember beschlossenes Gesetz zum Energieleitungsbau. Darin sind laut Helmut Wiesmeth zehn weitere Stromtrassen durch Deutschland festgeschrieben. Und als Endpunkt der umstrittenen Süd-Ost-Stromtrasse sei nun nicht mehr Gundremmingen, sondern Landshut festgelegt worden. Die Lentinger BI kritisiert, dass das Gesetz beschlossen wurde, „obwohl das laufende Konsultationsverfahren zum Netzentwicklungsplan 2025 noch nicht beendet war“. Das hochgelobte Verfahren der Bürgerbeteiligung werde hier zur Farce.

Aus Protest haben nun die Lentinger mit 22 weiteren Bürgerinitiativen aus Mittelfranken, der Oberpfalz und aus Oberbayern – sie vertreten rund 51 000 Bürger – beschlossen, den Netzentwicklungsplan (NEP) 2025 zu boykottieren. „Das bedeutet, dass wir keine Stellungnahmen mehr abgeben“, verdeutlichen Zieglmeier und Wiesmeth.

Vor Kurzem informierte die Lentinger Bürgerinitiative in persönlichen Anschreiben alle Ministerpräsidenten und alle Bundestagsabgeordneten in Deutschland über die Aktion. Diese werden aufgefordert, dem NEP die Rote Karte zu zeigen und bei den kommenden gesetzgeberischen Entscheidungen mitzuwirken, dass eine „echte Energiewende mit dezentraler Stromversorgung und erneuerbaren Energien im Vordergrund steht“.

Wie Helmut Wiesmeth gestern auf DK-Anfrage sagte, sei bislang noch unklar, ob die geplante Gleichstrompassage Süd-Ost über Lenting verlaufe: „Die genaue Trassenführung ist noch nicht festgelegt worden.“ Der BI-Vertreter bekräftigte: „Die Stromautobahn von Sachsen-Anhalt nach Bayern ist genauso unnötig wie andere Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen.“