Sein nächster Fall

Die CSU will Kripo-Chef Alfred Grob zum Landtagskandidaten küren, doch er ziert sich noch ein wenig

14.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:04 Uhr
"Ich weiß, worauf ich mich einlassen würde" , sagt Alfred Grob, hier gestern in seinem Büro. Der gebürtige Beilngrieser hat früher Ermittlergruppen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität angeführt. Seit 2010 leitet der verheiratete Vater von drei Kindern die Ingolstädter Kriminalpolizei. Die CSU sähe den 52-Jährigen gerne im Landtag, wo er als Direktkandidat auf Christine Haderthauer folgen würde. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Eigentlich wollte sich die Ingolstädter CSU Zeit lassen, aber am Mittwoch ging es doch recht schnell. Wie berichtet, will die Spitze des Kreisverbands Alfred Grob (52) zum Kandidaten für das Landtagsdirektmandat küren. Er hat in der CSU keine Mitbewerber, bittet aber um etwas Bedenkzeit.

So viel innere Sicherheit ging sogar der CSU zu weit: Ein Parteifreund, der beruflich bedingt gegen Parteifreunde ermitteln lassen muss. Schwierig. Oder auf Bairisch gesagt: eine saublöde Situation. Bis Oktober vergangenen Jahres galt es bei der Ingolstädter CSU als ausgemacht, dass Alfred Grob bald die Führung des Kreisverbands übernimmt. Doch der ist Polizeibeamter von Beruf, Leiter der Ingolstädter Kripo, und deswegen auf dem Dienstweg ganz nah dran an Ex-Oberbürgermeister Alfred Lehmann, gegen den die Staatsanwaltschaft Ingolstadt vor einem Jahr ein Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit eröffnet hat. Um wiederum jeden Anfangsverdacht der Einflussnahme sofort zu zerstäuben, schlug OB Christian Lösel vor, CSU-Kreischef Hans Süßbauer (Kripobeamter im Ruhestand) für zwei weitere Jahre zu wählen, was im Mai auch geschah. Alfred Grobs politischer Aufstieg wurde also in eine Warteschleife gelotst. Aber jetzt könnte es für ihn bald weit nach oben gehen.

Wie berichtet, einigte sich die Spitze des CSU-Kreisverbands am Mittwochabend einstimmig darauf, Grob als Direktkandidaten für die Landtagswahl im Herbst 2018 zu nominieren. Einen Konkurrenten gibt es nicht, weil der ebenfalls infrage kommende städtische Personal- und OB-Referent Christian Siebendritt erklärt hatte, dafür nicht zur Verfügung zu stehen; ein Grund dafür könnte sein, dass seine Karriere in der Stadtverwaltung gewiss noch nicht ihren Gipfelpunkt erreicht hat. Die Ingolstädter Stimmkreisabgeordnete Christine Haderá ?thauer (im Landtag seit 2003) hatte im Oktober angekündigt, sich nicht mehr um eine Landtagskandidatur zu bemühen.

Wenn CSU-Verbände - egal wo in Bayern - Kandidaten bekannt geben, ist mit Überraschungen nicht mehr zu rechnen, es sei denn, es läuft etwas richtig schief. Anders SPD und Grüne: Die demontieren aussichtsreiche Bewerber sehr gern auf offener Bühne. Doch Grob ist die Ermittlung des Landtagskandidaten im Führungszirkel der CSU fast etwas zu schnell gegangen, wie er gestern auf Anfrage dem DK erzählte. "Der Abend hat ziemliche Dynamik entwickelt." Jedoch: "So eine einschneidende Entscheidung wie zwischen meinem Beruf als Leiter der Ingolstädter Kripo, wo ich dick drinstecke, und einer Kandidatur für den Landtag, trifft man nicht in einer Viertelstunde." Es freut ihn sehr, dass ihn seine Parteifreunde darum gebeten hätten, zur Verfügung zu stehen. Er hatte aber auch eine Bitte: "Gebt mir noch etwas Zeit." Er will alles ausführlich mit seiner Frau besprechen und dann bis Weihnachten der CSU seine Entscheidung mitteilen.

Grob redet nicht um das Wesentliche herum: einen Sitz im Landtag. "Natürlich würde ich das gerne machen. Wenn ich ohne Ambitionen wäre, hätte ich gleich gesagt, dass ich kein Interesse habe. Aber ich weiß, worauf ich mich einlassen würde. Deshalb werde ich es nur machen, wenn ich weiß, dass ich an die Kandidatur mit 100 Prozent herangehen kann." Es gäbe dann auch noch Dienstliches zu regeln, "denn zwei Vollzeitjobs - bei der Polizei und als Wahlkämpfer - gehen nicht".

Einstweilen verharrt der Leitende Kriminaldirektor streng im Konjunktiv: "Wenn ich Kandidat wäre, würden meine Leitthemen innere Sicherheit, Polizei, die Situation der Flüchtlinge und alles rund um den öffentlichen Dienst sein." Er wisse auch um die wichtigsten lokalpolitischen Anliegen, die ein Abgeordneter "landespolitisch flankieren" müsse: Schulen und Kitas bauen. "Und dabei weiche Themen wie Fragen der Lebensqualität nicht vergessen."

Würde Grob antreten, käme es (man beachte wieder den Dauer-Konjunktiv) im Wahlkampf zum Duell Kriminalpolizist gegen Notarzt. Auch der Direktkandidat der Ingolstädter SPD, der 37-jährige Christoph Spaeth (Anästhesist an der Klinik Kösching), ist beruflich viel mit Blaulicht unterwegs - wohl öfter als Grob, der als Chef der Kripo nicht mehr ermittelt, sondern führt und verwaltet.

Sein erstes Amt als Politiker übernahm Grob nach der Kommunalwahl 2014. Der Bezirksausschuss (BZA) Mitte wählte ihn einstimmig und ohne Gegenkandidaten zum Vorsitzenden. Derart überparteilich und harmonisch ging es weiter. Der CSU-Mann tat sich schnell als konsensorientierter Sitzungsleiter hervor, der keinem über den Mund fährt und sich jedes Bürgeranliegens - auch da ist er ganz gewissenhafter Beamter - gründlich annimmt. Eingaben und Anträge liest er dem Gremium gerne komplett vor.

Er werde immer "streng an der Sache orientiert die Themen anpacken und dabei nicht auf die parteipolitische Herkunft schauen", hatte er gleich nach seiner Wahl angekündigt. Im BZA gelang es ihm, diesen Grundsatz zu beherzigen.

Im Bayerischen Landtag wird das anders sein. "Ja", sagt er dazu. Klar. "Als Politiker muss man auch streiten können. Ich bin nicht konfliktscheu, aber ich bin zu konstruktiven Konflikten fähig." Streit lohne nur, wenn danach ein sinnvolles, tragfähiges Ergebnis in Aussicht stehe. "Es bringt nichts, sich auf parteipolitische Nickeligkeiten einzulassen", sagt Grob. "Das gibt auch ein schlechtes Bild von der Politik ab." Nicht mit ihm! Das jedoch nur, wiederholt er streng konjunktivisch, wenn er denn als Kandidat anträte und dann wirklich gewählt würde.

An Weihnachten könnte man also mehr wissen. Für viele Parteifreunde dürfte es gern schon ein bisschen früher sein.

"Der Weg war frei"

Ingolstadt (rh) "Es wäre eine reizvolle Herausforderung gewesen", sagte Christian Siebendritt (kleines Foto) gestern zum DK. "Es ehrt einen wirklich, wenn man in diesen Kreis gezogen wird." Was sonst wie die übliche leere Politikerfloskel klingt, wirkt bei dem als Leistungsträger der Stadtreferenten hoch gehandelten Ex-Kandidaten-Kandidaten durchaus glaubhaft. "Ich habe mir ernsthaft Gedanken gemacht", versichert der 46-jährige Personalchef der Stadt, der jederzeit das Ohr des Oberbürgermeisters und sicher weitere Perspektiven in der Stadtführung hat. Auch nach der Beratung im Familien- und Bekanntenkreis habe er sich aber klar entschieden: "Ich bin vom Stadtrat 2014 für sechs Jahre gewählt worden, und die erfülle ich auch." Ganz bewusst, sagt Siebendritt, wollte er seinen Verzicht auf eine Landtagskandidatur "frühzeitig bekannt geben". Denn "damit war der Weg frei".