Kösching
Kritik an Arbeitsverträgen im GVZ

Audi-Betriebsrat Jörg Schlagbauer spricht bei Maikundgebung in Kösching

01.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:52 Uhr

Kämpferisch: Jörg Schlagbauer war Hauptredner bei der Maikundgebung in Kösching. - Foto: Gerstmayer

Kösching (DK) "Der 1. Mai ist unser Tag": Das sagte Jörg Schlagbauer bei der traditionellen Maikundgebung des DGB- Ortskartells Kösching. An diesem Tag werde die "Würde des arbeitenden Menschen" gefeiert.

"Immer mehr Beschäftigte arbeiten zu niedrigeren Löhnen und schlechteren Bedingungen", so der Vertrauenskörperleiter und Audi-Betriebsrat. Unter den zahlreichen Zuschauern befand sich auch eine große Gruppe aus der Audi-Lackiererei.

Schlagbauer verteidigte die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro. Dies sei ein wichtiger Schritt gegen den rasant wachsenden Niedriglohnsektor. "Wenn ich mir manchen Arbeitsvertrag bei bestimmten Firmen im GVZ anschaue, dann wird mir schlecht, und das Adrenalin im Körper steigt", betonte der Audi-Betriebsrat im voll besetzten Ambergersaal. Auch in der Region Ingolstadt gebe es unzureichend bezahlte Arbeit.

"Die Leiharbeit griff in den vergangenen Jahren immer mehr um sich. Wir IG-Metaller kämpfen gegen den Missbrauch", fuhr Jörg Schlagbauer, der für die SPD im Ingolstädter Stadtrat sitzt, fort. Nachdem sich Leiharbeit immer schlechter als Mittel zum Lohndumping nutzen lasse, hätten die Arbeitgeber ein neues Instrument entdeckt: die Werkverträge. "Damit werden oft Menschen im großen Stil missbraucht und ausgebeutet", sagte der Vohburger.

Bei Werkverträgen ginge es oft nur darum, Löhne zu drücken. "Wir sind doch hier nicht auf einem Basar - wer bietet mehr Arbeit für weniger Geld." Die Leiharbeiter und Werkverträgler seien nicht die Tagelöhner des 21. Jahrhunderts. "Und das in einer Zeit, in der es noch nie so viele Superreiche gab wie heute." 62 Menschen hätten so viel Vermögen wie die halbe Welt.

Schlagbauer verteidigte die Rente mit 63: "Kein Zweifel, schon bei der Lieferung hatte sie tiefe Kratzer im Lack", betonte der Audianer. "Die IG Metall hat sie gefordert, und die SPD hat sie geliefert." Die Rente mit 63 sei ein gemeinsamer Erfolg. Diesen gelte es zu verteidigen. Die Rente mit 67 sei eine der größten Fehlentscheidungen unserer Zeit. Noch schlimmer sei allerdings, das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung zu koppeln. "Man arbeitet, bis man tot umfällt."

Schlagbauer berichtete zum Schluss seiner knapp einstündigen Rede noch von den laufenden Tarifverhandlungen. Die ersten beiden Verhandlungstage hätten - "was zu erwarten war" - keine Ergebnisse gebracht. Die IG Metall verlangt für die 3,7 Millionen Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie fünf Prozent mehr Lohn, da die Unternehmen gut verdient hätten. Die Arbeitgeber hätten zunächst 0,9 Prozent geboten. Jetzt sei von 2,1 Prozent für 24 Monate die Rede. "Adam Riese würde sich gemeinsam mit Eva Zwerg schämen für so eine Mogelpackung", sagte der Audi-Betriebsrat. 1,05 Prozent seien eine Zumutung.

Vor der Rede von Jörg Schlagbauer forderte Bürgermeisterin Andrea Ernhofer mehr Solidarität unter den Beschäftigten. Bei Frauen gebe es eine Lohnlücke von 21 Prozent. "Hier muss dringend gearbeitet werden", so Ernhofer.

Jörg Huber vom DGB-Ortskartell Kösching ging in seinem Grußwort auf das Thema "Zeit für Solidarität" ein. In vielen Ländern Europas bekämen rechtsradikale Parteien Oberwasser. Er nannte das Beispiel Polen, wo Medien und Gerichte gleichgeschaltet würden. In Ungarn würden Menschenrechte missachtet, und in Österreich drohe, dass ein rechtsgerichteter Politiker Präsident werde. Dem gelte es entgegenzuwirken. Der Gesangverein Frohsinn und der Spielmannszug umrahmten die Maikundgebung musikalisch.