Ingolstadt
Platzverweis für Biss-Verkäufer

Günter Holzer darf nach einem Zwischenfall am Montag nicht mehr auf den Christkindlmarkt

16.12.2014 | Stand 02.12.2020, 21:51 Uhr

Sie müssen draußen bleiben: Günter Holzer und sein Hund dürfen nicht mehr auf den Christkindlmarkt (im Hintergrund) - Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Seit rund einem Jahr arbeitet Günter Holzer als Verkäufer der Straßenzeitschrift Biss (Bürger in sozialen Schwierigkeiten) in Ingolstadt – und wegen seiner ständigen Präsenz in der Innenstadt kennen ihn und seinen Hund inzwischen viele Ingolstädter.

Aber nicht bei jedem verfängt offenbar sein spezieller Charme: Am Montag wurde der 62-jährige gebürtige Münchener, der nach einem privaten Schicksalsschlag vor mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr regulär arbeiten kann, vom Christkindlmarkt verwiesen – weil er Standbetreiber und Besucher gestört haben soll. „Ich war so fix und fertig“, sagt Holzer dem DK. „Ich bin erst mal rauf in mein Zimmer und hab geheult. Ich bin doch kein Gauner, den die Polizei vom Christkindlmarkt jagen muss.“

Holzer war mit seinem Biss-Verkaufswagen, der ihm gleichzeitig als Gehhilfe dient, und seinem Hund zum Christkindlmarkt gegangen, um eine leere Flasche zurückzubringen, wie er sagt. Dabei traf er einen Bekannten, der ihm eine Steaksemmel ausgab. Und dann packte er in der Nähe des Maronistandes seinen Klappstuhl aus und setzte sich drauf. Mitten im Gespräch mit dem Bekannten kam der Kontaktbeamte der Polizei, Fred Over, um Holzer zu erklären, dass er jetzt gehen müsse.

Robert Eckl, Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft der Marktkaufleute und Betreiber des Glühweinstandes am Haupteingang, stieß hinzu und erklärte, er habe sich bei der Polizei beschwert und gefordert, Holzer vom Platz zu verweisen, da sich die Standbetreiber gestört fühlten und der Biss-Verkäufer den Besuchern am Eingang den Weg versperre. Es kam zur Diskussion.

Holzer erinnert sich so an das Gespräch: „Ich habe ihn gefragt: ,Glaubst du denn, du verkaufst einen Glühwein weniger, weil ich meine Biss verkaufe’ Als ob ich seinem Christkindlmarkt schade.“ Er habe Eckl auch darauf hingewiesen, dass er kein Bettler sei, weder Sozialhilfe noch Hartz IV beziehe, aber damit auch auf den Zeitungsverkauf angewiesen sei. „Ich lebe davon“, sagt Holzer. Doch davon habe sich Eckl nicht überzeugen lassen. Der Polizist Over geleitete den Verkäufer – nach Rücksprache mit dem Kulturamt als Betreiber des Marktes – schließlich zum Ausgang.

„Ich habe nichts gegen den Biss-Verkäufer. Ich habe ihm auch schon was ausgegeben und Zeitschriften abgekauft“, sagt Eckl auf DK-Anfrage. „Und es ging mir auch nicht um meinen Stand.“ Er habe als Sprecher der Marktleute gehandelt. „Da geht’s rein ums Prinzip. Ich kann nicht sagen: Der darf rein und der nicht.“ In diesem Jahr seien besonders viele sogenannte wilde Verkäufer beim Christkindlmarkt, „14 bis 15 Leute, die jeden Tag reingehen und ihr Zeug verkaufen“. Und das müsse er dann beispielsweise den Helfern der Arbeiterwohlfahrt erklären, die mit einigem Aufwand einen festen Stand betreiben. „Und der Biss-Verkäufer geht ja nicht nur einfach durch. Der hat seinen Hund dabei, sein Wagerl, einen Schirm mit 2,20 Meter Spannweite und dann noch einen Klappstuhl“, sagt Eckl.

Beim Kulturamt hat man ebenfalls eine klare Meinung: Es habe Klagen von Besuchern und Standbetreibern über den Biss-Verkäufer gegeben, sagt Stadtsprecher Gerd Treffer auf Anfrage. „Der hat sich mitten in den Eingang gesetzt, brettlbreit, um sein Essen einzunehmen. Eine bewusste Provokation.“ Daraus habe man die Konsequenzen gezogen. Grundsätzlich sei jeder auf dem Markt willkommen, sagt Treffer. Aber zumindest mit seinem Biss-Wagen dürfe Holzer nicht mehr dort hingehen.