Ingolstadt
An der Grenze

Immelmann-Kaserne wird "Registrierzentrum" für Flüchtlinge – Lösel fordert exakte Zahlen

05.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:35 Uhr

Bis zu diesem Zaun und nicht weiter: An der Funktion der einstigen Immelmann-Kaserne soll sich nichts ändern. Aus der „Ankunfts- und Rückführungseinrichtung“, die der schnellen Abschiebung von Asylbewerbern dient, wird nach dem Willen der Großen Koalition ein „Registrierzentrum“. Der Plan, eine Transitzone zu schaffen, ist vom Tisch - Foto: Hauser

Ingolstadt/Manching (DK) Der Pfaffenhofener Landrat Martin Wolf (CSU) hat am Mittwoch bei einer Bürgerversammlung eine Transitzone in der Immelmann-Kaserne ins Spiel gebracht. Die wird nicht kommen. Stattdessen einigte sich die Große Koalition in Berlin gestern auf die Einrichtung eines „Registrierzentrums“.

Mit Manchings Bürgermeister Herbert Nerb (FW) und dem Landtagsabgeordneten Karl Straub (CSU) stellte sich Landrat Wolf auf einem Podium den Fragen der Bürger. Wie gedenken Sie, die Zuwanderung zu begrenzen? Wie viel Geld kosten uns die Flüchtlinge? Ist die Kriminalitätsrate gestiegen? Wie kann man die Menschen integrieren? Das waren nur einige der Anliegen, die der Landrat und seine Mitstreiter in sachlicher Atmosphäre behandelten. Ein zentraler Punkt war die Zukunft der Max-Immelmann-Kaserne in Oberstimm. „Erstaufnahme, dauerhafte Unterbringung oder auch eine Transitzone“, zählte Wolf die Möglichkeiten auf. Straub sprach sich sogleich für die Einrichtung einer Transitzone aus. Dabei handelt es sich um eine Art innerstaatliches Niemandsland, wie man es bisher nur von Flughäfen kennt.

„Eine Transitzone in der Immelmann-Kaserne könnte ich mir gut vorstellen“, sagte Wolf. Im Gespräch mit unserer Zeitung verwies er gestern darauf, dass es sich nur um Vorplanungen handle, das Weitere sei „rein spekulativ“. Am Abend nahm alles dann eine neue Wendung.

Die Große Koalition in Berlin einigte sich auf einen Kompromiss. Und der sieht so aus: Es wird doch keine Transitzonen geben, dafür sollen sogenannte Registrierzentren geschaffen werden. Darunter verstehen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Chef Sigmar Gabriel und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer, wie aus Koalitionskreisen verlautete, „besondere Aufnahmeeinrichtungen“ für Asylbewerber mit geringen Bleibechancen, für die dort eine „verschärfte Residenzpflicht“ gelten soll. Vorgesehen sind drei bis fünf Standorte in ganz Deutschland, davon die ersten zwei in der Manchinger Immelmann-Kaserne und in Bamberg.

Dort sind im September bereits sogenannte Ankunfts- und Rückführungseinrichtungen für Asylbewerber mit wenigen Chancen, bleiben zu dürfen, aufgebaut worden. Ihr Zweck ist, diese Menschen, die meist aus Balkanstaaten kommen, schnell in ihre Heimat abzuschieben.

Den Ingolstädter Oberbürgermeister hatten die Überlegungen zu möglichen neuen Plänen für die Immelmann-Kaserne noch nicht erreicht, als der DK gestern nachfragte. „Ganz ehrlich: Ich habe davon keine Ahnung und ich kann mir auch noch nichts darunter vorstellen“, sagte Christian Lösel. Das wird sich bald ändern: Bayerns Sozialministerin Emilia Müller hat ihn für den kommenden Montag zu einem Gespräch nach München gebeten, „und da wird es um die Kaserne gehen“, berichtete Lösel. Die Vermutung, dass neue organisatorische Direktiven zur Bewältigung des Flüchtlingsproblems ins Haus stehen, haben zuvor schon Spekulationen in Bamberg genährt, die Lösel vor Kurzem erreicht haben. „Es hieß, dass im Bamberger Rückführungszentrum die Kapazität von 1200 auf 4500 Menschen erhöht werden soll“, erzählte Lösel. Es gibt viel zu besprechen. Deshalb hat er gestern einen Kontakt zum Bamberger Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) angebahnt.

Lösel will das Gespräch mit der bayerischen Sozialministerin am Montag auch dazu nutzen, „eigene Forderungen auf den Tisch zu legen“, wie er gestern ankündigte. Sein wichtigstes Anliegen formuliert er mit klaren Worten: „Uns müssen endlich korrekte Flüchtlingsquoten gemeldet werden! Die Kommunen müssen genau wissen, wie viele Menschen sie aufzunehmen haben, denn sie müssen sich schließlich vorbereiten. Aber wir wissen nicht, woran wir sind! Das darf nicht so weitergehen“, sagte Lösel.

Derzeit muss die Stadt rund 2000 Asylbewerber beherbergen. „Diese Quote erfüllen wir zu 100 Prozent, wenn die Einrichtung am Audi-Kreisel fertig ist. Aber die Zahl 2000 basiert auf der Annahme, dass in diesem Jahr in der Bundesrepublik insgesamt 800 000 Menschen einen Asylantrag stellen. Doch wenn diese Zahl überhaupt nicht stimmt, weil es deutlich mehr sind, womöglich bis zu 1,5 Millionen, worauf Medienberichte hindeuten, dann stimmt auch unsere Quote nicht mehr.“ Dieses „Informationsdefizit“ der Kommunen müsse dringend ein Ende haben, fordert Lösel.

Denn die Stadt brauche Zeit, um zu planen und Flächen für neue Flüchtlingsunterkünfte zu finden. „Bürgermeister Albert Wittmann arbeitet daran unter Hochdruck“, sagte Lösel. „Aber aktuell haben wir kein weiteres Grundstück, das für eine Containersiedlung geeignet ist.“ Es müsse nämlich eine Mindestgröße haben (die weit über die eines Eigenheimareals hinausgehe) und bereits erschlossen sein. Der OB kündigte aber an: „Bürgermeister Wittmann wird am 3. Dezember in der Haushaltssitzung des Stadtrats geeignete Flächen vorstellen.“

Damit die angestrengte Immobiliensuche keine Befürchtungen auslöst, versicherte Lösel noch einmal: „Es wird mit mir keinerlei Zwangsrequirierungen von Wohnraum, keinerlei Eingriffe in Privateigentum geben. Das gehört sich nicht, ist indiskutabel und deshalb völlig ausgeschlossen!“