Ingolstadt
Mutter und Sohn dealen mit Drogen

Die Inhaberin eines Internetcafés in der Altstadt stiftete den eigenen Nachwuchs an

30.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:26 Uhr

Ingolstadt (reh) Ihre Tränen kullerten bereits, da hatte der Landgerichtsprozess gestern noch nicht einmal begonnen. Die zierliche Frau mit den langen Haaren glich aber auch so einem Nervenbündel. Minuten verstrichen, bis sie sich für die Verhandlung der 1. Jugendkammer fasste.

Es nahm sie offenbar stark mit, was sie gerade von ihrem Anwalt Alexander Schmidtgall gehört hatte: Unter dreieinhalb Jahre Gefängnis wird sie nicht wegkommen. Und das auch nur für den Fall, dass sie der Landgerichtspräsidentin Sibylle Dworazik jetzt alles gestehen würde den ganzen Drogenhandel in ihrem inzwischen geschlossenen Internetcafé in der Ingolstädter Altstadt. Sie bringen ein Paket mit. Die Menge ist erheblich, sagte Dworazik über die Vorstrafen der 43-Jährigen. Das ist ein faires Angebot!

So hatte es das Gericht mit Staatsanwältin Astrid Lindinger und Verteidiger Norbert Feldmeier auch für den Sohn der 43-Jährigen verabredet: Für ein Geständnis sollte er sich noch einmal eine große Chance verdienen. Zwei Jahre Gefängnis, die aber zur Bewährung ausgesetzt, bot die Kammer für den 21-Jährigen an. Doch der zögerte lange. „Ich habe mit den Geschäften meiner Mutter nichts zu tun. Ich habe schon davon gewusst, aber mich nur um das Internetcafé gekümmert“, behauptete er weiter und schien völlig unbeeindruckt von seiner schluchzenden Mama neben sich.

„Ich bin zwar nicht auf dem Basar“, startete die Landgerichtspräsidentin einen letzten Versuch, „aber das ist ein sehr gutes Angebot.“ Dworazik war erfolgreich. „Na gut“, sagte der Sohn dann, „ich gebe es zu!“ Die Präsidentin fand dies „echte Größe. Nur so kann man abschließen – und das wollen Sie ja.“

Die Unternehmung von Mutter und Sohn ist bereits seit einem halben Jahr geschlossen. Sie wanderten Mitte Dezember in Untersuchungshaft, als die Handschellen der Ingolstädter Polizei klickten. In dem Internetcafé unweit der Konrad-Adenauer-Brücke hatte der Familienbetrieb zwischen Juli und Dezember 2011 einen florierenden Drogenhandel am laufen. Rund drei Kilogramm Marihuana, ein halbes Kilo Amphetamine („Pep“) und etwa 70 Gramm Kokain kaufte die Mutter an. Einiges davon zum Eigenkonsum. Doch den Großteil, um die Kasse aufzubessern. Es habe sich bei der Laufkundschaft der Computernutzer schnell herumgesprochen, „bei der gibt es was“, fasste Dworazik zusammen.

Was die Landgerichtspräsidentin in dem Fall bewegte, war die besondere Familienkonstellation. Die alleinerziehende Mutter wurde bereits 2003 in München zu einer Strafe von zwei Jahren Gefängnis wegen eines Drogendelikts verurteilt, musste aber nicht in Haft, da sie die Bewährungszeit durchstand. Jetzt aber zog sie ihren bisher völlig unbescholtenen Sohn in die Geschichte hinein. „Ich wusste, was sich da im Hinterzimmer abspielt“, erzählte der 21-Jährige über den Alltag im Internetcafé, „aber wenn sie nicht da war, dann ruhte das Drogengeschäft.“

Am 11. Juni wird das Gericht sein Urteil verkünden.