Ingolstadt
Sie wollen die Kurve kriegen

20.05.2011 | Stand 03.12.2020, 2:48 Uhr

Hier draußen geht’s rund: Der neue Hochkreisel über der Gaimersheimer Straße ist nicht nur für Ingolstadt ein Bauwerk ohne Beispiel. Ende des Jahres soll er fertig sein. Dann ist in der ersten Etage viel Platz für den Kreisverkehr. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Der Verkehr bewegt die Menschen – im wörtlichen und im übertragenen Sinn. Wo das industrielle Herz der Stadt Ingolstadt schlägt, da häufen sich aber die Probleme, wie die DK-Serie gezeigt hat. Damit es nicht zum Verkehrsinfarkt rund um Audi kommt, ist jetzt vor allem die Stadt gefordert.

Dass dieses Thema ganz oben in der Politik angekommen ist, zeigt schon eine Tatsache: Wenn sich die CSU-Rathausfraktion in Kürze zu ihrer Klausur an den Gardasee zurückzieht, geht es schwerpunktmäßig um den Verkehr. "Jeder soll über die Probleme in seinem Stadtteil berichten", kündigt Bürgermeister Albert Wittmann an. Der Ettinger Politiker war es auch, der vor einigen Tagen in seinem Heimatort die Diskussion über die Audi-Parkplätze und die Pkw-Lawine neu angefacht hatte.

"Wir machen den Weg frei" – dieser Werbeslogan einer Bank beschreibt ganz gut Wittmanns Haltung: Er selber sagt, der Verkehr sei ein "möglichst flexibler Prozess, der sich an die Entwicklung von Audi anzupassen" habe. Von langfristigen Planungen hält er nicht so viel. "Man muss sich bloß vorstellen, wir hätten vor zehn Jahren ein Verkehrskonzept gemacht. Das wäre heute unbrauchbar, so eine Dynamik haben wir." Als vor zehn Jahren die Ettinger Umgehung freigegeben wurde, so der Bürgermeister, "da haben wir gedacht, jetzt haben wir die Probleme gelöst". Heute fordert Wittmann zumindest abschnittsweise den drei- bis vierspurigen Ausbau.

Auch die Brücke der Ettinger Straße über die Bahnlinie ist für ihn ein "Flaschenhals". Zu den Stoßzeiten könne der Verkehr wegen der Linksabbieger nicht abfließen, "deswegen muss die Brücke auf vier Spuren ertüchtigt werden", das steht für den Politiker fest.

So schnell wie der Finanzbürgermeister ist Renate Preßlein-Lehle mit Ausbauprojekten nicht bei der Hand. Die Stadtbaurätin plädiert eher für Besonnenheit. "Bei Audi und im GVZ arbeiten fast 40.000 Menschen, dort ist alles sehr konzentriert. Da muss ich sagen, dass es so schlecht auch nicht läuft." Die Frage sei doch: "Welchen Verkehrsfluss erwarte ich? Welche Wartezeiten sind zumutbar? Wir müssen uns doch bewusst machen, welche Verkehrsleistung wir bringen." Die Planungsreferentin ist überzeugt, dass die "höhenfreie Anbindung der Audi-Parkplätze eine erste Entlastung bringen" wird. Gemeint sind die Rampen an den zwei großen Parkhäusern, über die der Mitarbeiterverkehr künftig ohne Ampel in die Umgehung Etting einmünden kann.

Preßlein-Lehle hat sich erst vor wenigen Tagen vom Finanzausschuss die Genehmigung für eine Auftragsvergabe geholt. Der städtische Verkehrsentwicklungsplan aus dem Jahr 1994 wird auf den neuesten Stand gebracht. Die Referentin war damals schon bei der Stadt und erinnert sich: Optimistische Prognosen gingen zu der Zeit von 25.000 Audi-Mitarbeitern aus. Tatsächlich sind es heute 32.500.

Während Preßlein-Lehle die Gesamtplanung im Auge hat, muss Wolfgang Scherer ein konkretes Straßenprojekt umsetzen, das viele Ingolstädter berühren wird: Der künftige Baureferent hat dafür zu sorgen, dass der Verkehr von Audi und der Ostumgehung Etting in Zukunft auch über die Schillerstraße abfließen kann. Stichwort: Schneller Weg. Es gab dafür bereits eine Planfeststellung, die nie realisiert wurde. Doch inzwischen ist die Belastung an der Marktkaufkreuzung so gestiegen, dass ein neues Verfahren gestartet wird.

"Wir haben das Ganze schon mal durchgekaut", erklärt der Tiefbauer, "die Beteiligten sind wieder die Gleichen." Eine Sache könnte aber ganz heikel werden: Der Umbau des Knotenpunktes am Marktkauf (Theodor-Heuss-Straße), bei dem es wohl auf einen Tunnel oder eine Brücke hinausläuft – ein gewaltiger Eingriff, weil gleich daneben ein großes Hotel und mehrere Wohnblocks stehen. Nach der Sommerpause will Scherer dem Stadtrat eine Lösung vorschlagen. Und ab 2012 nimmt das Verfahren für den Schneller Weg seinen Lauf – mit offenem Ausgang.