Ingolstadt
Sie kriegen den ganzen Ärger ab

In der Diskussion um die hohen Spritpreise sehen sich die Pächter kleiner Tankstellen ungerecht behandelt

06.04.2012 | Stand 03.12.2020, 1:38 Uhr

Selbstkosten: Maria Weigl (20) wohnt in Ernsgaden. Sie pendelt jeden Tag 40 Kilometer zu ihrem Arbeitsplatz – der Tankstelle ihrer Eltern in der Haunwöhrer Straße. Auch für sie derzeit nicht ganz billig.

Ingolstadt (DK) Unmut an der Tankstelle. Autofahrern, denen angesichts der hohen Spritpreise die Zornesröte ins Gesicht steigt, machen sich immer wieder an der Tankstellenkasse Luft und schimpfen auf Betreiber und Pächter. Die fühlen sich zu unrecht kritisiert.

Wenn Vasile Turcas derzeit auf die Preistafeln der Tankstellen schaut, schüttelt er einfach nur den Kopf. Jeden Tag muss er beruflich über 100 Kilometer kreuz und quer durch Ingolstadt fahren. Bei den aktuellen Spritpreisen kein Spaß. „Ich zahle gewaltig“, sagt er. „Da kommt am Ende des Monats ganz schön was zusammen.“ „Selber schuld“, mag sich da so mancher denken, schließlich ist Turcas selbst Tankstellenpächter. „Aber auf die Preise habe ich selbst keinen Einfluss“, beteuert er.

Turcas’ Tankstelle gehört zu einer kleinen Kette. Das Unternehmen gibt die Preise vor. Täglich fährt er die Tankstellen der Konkurrenz ab, kontrolliert deren Preise. „Ich kann dann eine Preissenkung beantragen“, sagt er. Eine halbe bis zu zwei Stunden später reagiert die Zentrale und gleicht die Preise an Turcas Anlage an. Das kann mitunter schnell gehen. Vor ein, zwei Monaten gab es deswegen Ärger. Ein Autofahrer bog in die Tankstelle ein. Bis er die Zapfsäule erreicht hatte, war der Spritpreis bereits gestiegen. Ferngesteuert aus Bochum. Der Schanzer Autofahrer sah sich geprellt, wurde laut, drohte mit den Behörden.
 

 

Tankstellenbetreiber und ihre Angestellten müssen derzeit ein ziemlich dickes Fell haben. „Über die Preise schimpfen die Kunden immer, aber derzeit ist es besonders schlimm“, berichtet die Kassiererin einer anderen Ingolstädter Tankstelle. „Aber ich weiß, wie ich das nehmen muss. Die, die auf uns schimpfen, kennen sich einfach nicht aus.“

Schuld an den hohen Spritpreisen seien Spekulanten und die Mineralölgesellschaften sagt Günter Friedl, Vorsitzender des Tankstellengewerbes Bayern. Allein die Großkonzerne seien „Verursacher und Nutznießer von Preisspiralen nach oben.“ Ein Gefühl, das auch so manchen Betreiber freier Tankstellen beschleicht. Sie dürfen ihre Preise selbst festlegen, müssen das Benzin allerdings bei Raffinerien, Großhändlern und Mineralölkonzernen kaufen. „Es hat Tage gegeben, da haben wir morgens Benzin gekauft und mittags sank der Preis um acht Cent“, berichtet eine Pächterin. „Ich habe manchmal das Gefühl, dass die großen Konzerne uns freie Tankstellen kaputtmachen wollen.“ So weit will Manfred Weigl von der freien Tankstelle an der Haunwöhrer Straße nicht gehen. „Ich kann nur bis zu meinem Großhändler sehen“, sagt er. Allerdings kann auch Weigl sich an Monate erinnern, in denen er am Verkauf von Sprit keinen Cent verdient hat. Im Jahr 2000 sei das so gewesen, als es einen „unglaublichen Preiskampf“ gegeben habe.

Derzeit liefen die Geschäfte in seinem Familienbetrieb „mittelmäßig\" sagt er. Auch er vermutet, dass die heftigen Schwankungen der Preise an den Zapfsäulen in erster Linie Taktik der Ölmultis seien. „Der Einkaufspreis von Benzin bleibt wesentlich konstanter“, sagt er. Die Rundreise zu den benachbarten Betrieben gehört auch zu Weigls Tagesgeschäft, sinken dort die Preise, muss auch er reagieren. Vor allem die großen Ketten verdienten das meiste Geld in den Tankstellenläden und nicht mehr mit Benzin und Diesel.

Katharina Schaubt in Friedrichshofen macht das Spiel nicht mehr mit. „Man kann gar nicht so schnell reagieren, wie man müsste“, ist sie überzeugt. In ihrer freien Tankstelle gibt es keinen Shop, nur Sprit. Sie hat hauptsächlich Stammkunden, Geschäftsleute, die am Ende des Monats ihre Spritrechnung begleichen. Einen Gewinn macht die Rentnerin mit ihrer Tankstelle nicht. „Ich leiste mir das, weil es einfach Spaß macht.“