Ingolstadt
Überfall war frei erfunden

Messerstecherei mit zwei Schwerverletzten: Polizei nimmt Manchinger fest

03.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:35 Uhr

Erfundener Tatort: Die Messerstecherei hat sich nicht, wie von den Opfern zunächst behauptet, am Weg entlang der Forstwiesener Badeweiher, sondern in einer Wohnung in Manching zugetragen. Dunkelhäutige Männer waren ebenfalls nicht beteiligt - auch das war gelogen - Foto: Kraus

Ingolstadt/Manching (DK) Im Fall der dubiosen Messerstecherei, bei der Donnerstagnacht zwei Geisenfelder schwer verletzt wurden, kommt Licht ins Dunkel. Fest steht seit gestern: Es hat nie einen Überfall dunkelhäutiger Räuber gegeben. Stattdessen wurde nun ein anderer Tatverdächtiger festgenommen.

Die Geschichte vom Raubüberfall auf zwei 31 und 33 Jahre alte Geisenfelder, die von zwei dunkelhäutigen Männern beim Joggen niedergestochen worden sein wollen, hat sich als Räuberpistole herausgestellt. Allem Anschein nach war sie frei erfunden von einem der Opfer, die wie berichtet in der Nacht zum Freitag mit schweren Stichverletzungen ins Ingolstädter Klinikum gebracht worden waren. Der Tatort war nicht der Weg entlang der Forstwiesener Badeweiher, sondern eine Privatwohnung in Manching. Die Opfer waren überhaupt nicht joggen. Und mittlerweile richten sich die Ermittlungen der Polizei auch gegen sie.

„Die ursprüngliche Tatschilderung der mutmaßlichen Opfer konnte durch die Ermittlungen der Kriminalpolizeiinspektion Ingolstadt widerlegt werden“, bestätigt das Polizeipräsidium Oberbayern Nord in Ingolstadt gestern. „Ein versuchter Raub durch zwei dunkelhäutige Männer im öffentlichen Raum fand zu keinem Zeitpunkt statt.“ Auch die unbekannte Person, die die beiden Verletzten ins Klinikum gebracht hatte, konnte inzwischen ermittelt und vernommen werden. „Der Sachverhalt stellt sich heute anders als zuerst angenommen dar“, teilt die Polizei mit. Wobei – wie berichtet – schon am Morgen nach dem Vorfall erhebliche Zweifel am angeblichen Tathergang im Raum standen, den einer der Niedergestochenen der Polizei erzählt hatte. Dennoch hatten sich sofort Gerüchte wie ein Lauffeuer verbreitet, bei den Tätern handle es sich um Flüchtlinge, die erst tags zuvor in einer nahen Gemeinschaftsunterkunft bei Geisenfeld einquartiert worden waren – was sich nun endgültig als haltlos herausgestellt hat.

Stattdessen zeichnet sich ein ganz anderes Bild, wie ein Polizeisprecher über den derzeitigen Ermittlungsstand berichtet: Am Donnerstagabend ließen sich demnach die beiden Männer gegen 20 Uhr von einem Bekannten, der ebenfalls aus Geisenfeld stammt, nach Manching fahren. Dort trafen sie sich mit einem Mann in dessen Wohnung nahe der Paar. Es soll zum Streit gekommen sein, der angeblich eskalierte: Der Manchinger, bei dem es sich um einen deutschen Staatsbürger handeln soll, soll mit einem langen Messer auf seine Kontrahenten eingestochen haben. Der dritte Geisenfelder, der die beiden zuvor nach Manching gefahren hatte, soll die Schwerverletzten anschließend ins Klinikum nach Ingolstadt gebracht haben. Er war damit laut Polizei offenbar auch der unbekannte Dritte, den die Kripo in den vergangenen Tagen gesucht und gefunden hatte.

Zu den Hintergründen des blutigen Streits wollte die Polizei gestern keine konkreten Angaben machen. Dem Vernehmen nach könnte es aber um eine Art „Geschäft“ gegangen sein. Anscheinend steht eine Straftat im Raum, die hinter dem Besuch stecken könnte – weshalb sich die Opfer nun selbst im Visier der Ermittler wiederfinden.

Der Manchinger wurde mittlerweile wegen eines versuchten Tötungsdeliktes festgenommen. Die Staatsanwaltschaft hat Haftbefehl beantragt, über den ein Ermittlungsrichter entscheidet. Laut Polizei steht die Aufklärung des Falls damit kurz bevor.

Trotz dieses Ermittlungserfolgs der Kripo blieben gestern viele Fragen offen: Was ist in der Manchinger Wohnung vorgefallen? Warum hat eines der Opfer die Geschichte vom Überfall erfunden? Und wie schildert das zweite Opfer den blutigen Vorfall? Denn während der eine Niedergestochene, der den Ermittlern die Geschichte vom Überfall aufgetischt hatte, nach Polizeiangaben schon wieder auf dem Weg der Besserung ist, konnte der andere immer noch nicht vernommen werden. Er schwebte nach der Messerattacke in Lebensgefahr und musste gestern wegen seiner Stichverletzungen noch einmal operiert werden.