Ingolstadt
"Todesstoß" hinter dem Rücken

Wie Ressortchef Engert mitgeholfen hat, einen Kulturmanager aus Regensburg zu verhindern

05.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:14 Uhr

Kulturelles Leben in der Halle 9: Auch für den Betrieb des vor zwei Jahren eröffneten Zentrums am Hauptbahnhof wird die neue Veranstaltungs-GmbH verantwortlich sein, deren Chef Tobias Klein werden soll. Zudem ist sie für das Georgische Kammerorchester zuständig. - Fotos: Hauser, Eberl

Ingolstadt (DK) Die umstrittene Stellenbesetzung in der neuen Veranstaltungs-GmbH der Stadt schlägt weiter hohe Wellen. Wie aus dem Aufsichtsrat zu erfahren war, hat sich Kulturreferent Gabriel Engert bei den internen Beratungen massiv eingeschaltet, um den Gegenkandidaten von Tobias Klein zu verhindern.

Wie am Freitag berichtet, hatte das Aufsichtsgremium in seiner ersten Sitzung nach fast vierstündiger Beratung hinter verschlossenen Türen den von der CSU favorisierten Kandidaten Klein mit acht zu fünf Stimmen zum Geschäftsführer bestimmt. Er ist der Ehemann von Stadträtin Patricia Klein, die künftig CSU-Fraktionsvorsitzende werden soll. Offiziell muss zwar noch der Stadtrat die Berufung Tobias Kleins bestätigen, aber daran wird nach der Entscheidung vom Donnerstag nicht mehr gezweifelt.

Für Klein hatten die Stadträte der CSU, FW-Fraktionschef Peter Springl und Barbara Leininger (Grüne) gestimmt, für seinen Mitbewerber aus Regensburg zwei Stadträte der SPD sowie Gerd Werding (FW), Georg Niedermeier (BGI) und Simone Vosswinkel (ÖDP). Dem Vernehmen nach hatte CSU-Fraktionschef Joachim Genosko, dem das ganze Prozedere wohl auch nicht ganz geheuer war, noch versucht, eine goldene Brücke zu bauen und die Entscheidung zu vertagen oder in die Fraktionen zu geben. Doch damit scheiterte er bei OB Christian Lösel und Bürgermeister Albert Wittmann. Am Freitag äußerte sich Genosko auf Anfrage zurückhaltend und doch eindeutig. "Man hätte sicher diese ganze Bewerbung klüger anfangen können", sagte der Politiker.

Grünen-Stadträtin Leininger betonte, dass ihre Entscheidung für Klein "nicht parteipolitisch" motiviert sei, sondern ausschließlich "nach Ansehen und Qualifikation" des Bewerbers. "Dazu stehe ich." Ihr Votum sei nicht zuletzt "durch zusätzliche Informationen" beeinflusst worden, "die mir vorher nicht bekannt waren".

Die Grüne kann damit nur die Wortmeldung des Kulturreferenten gemeint haben, der sich kurz vor der Abstimmung über den Kandidaten aus Regensburg geäußert hatte. Der langjährige kaufmännische Direktor der Theaters Regensburg hatte dort vor einem halben Jahr den Dienst quittiert. Über die näheren Umstände der Trennung wurde viel spekuliert. Engert jedenfalls brachte zum Ausdruck, dass er sich eine Zusammenarbeit mit diesem Kandidaten kaum vorstellen könne. Damit habe der Referent dem Gegenkandidaten Kleins "den Todesstoß" versetzt, so empfand es ein Teilnehmer der Sitzung.

Petra Volkwein (SPD) bemängelte am Freitag ebenfalls, dass wichtige Informationen über die Bewerber erst so spät nachgereicht worden seien. Sie blieb aber dabei: Der Kandidat aus Regensburg habe "kraft Ausbildung und Berufserfahrung eindeutig die besseren Werte" zu bieten gehabt.

Noch deutlicher wird Georg Niedermeier (BGI). "Ich war schon sehr enttäuscht, dass es so ausgegangen ist", bekennt er. Der Mann aus Regensburg sei "eindeutig der beste Kandidat" und habe einen "sehr guten Eindruck" gemacht. "Er ist genau der Mensch, der der Ausschreibung entspricht."

Für ein Mitglied des Stadtrates, das mit Fraktionsdisziplin noch nie viel anzufangen wusste, war die Diskussion im Aufsichtsrat am Donnerstagabend offenbar ein besonders frustrierendes Erlebnis. "Ich habe nach der Sitzung sofort den Tatort verlassen", berichtete Gerd Werding am Freitag dem DK. "Heute Nacht hab' ich schlecht geschlafen."

Der FW-Stadtrat stimmte - anders als sein Fraktionsvorsitzender Springl und die CSU - für den Kandidaten aus Regensburg. "Von der Qualifikation her war die Sache eindeutig." Für Werding ist die Stellenbesetzung ein "abgekartetes Spiel" gewesen. "Ingolstadt wird in solchen Dingen immer mittelmäßiger. Ich überlege mir, welche Konsequenzen ich aus dieser Sache ziehen soll."