Ingolstadt
Mit Messerstich in den Rücken getötet

11.01.2010 | Stand 03.12.2020, 4:21 Uhr

Tatverdächtig: Ein 20-jähriger Ingolstädter ist gestern Nachmittag dem Ermittlungsrichter am Amtsgericht vorgeführt worden. Er soll tags zuvor einen Bekannten hinterrücks erstochen haben. - Foto: Richter

Ingolstadt (DK) Die Staatsanwaltschaft geht von Mord aus: Nach dem gewaltsamen Tod eines 22-Jährigen in dessen Wohnung im Nordwestviertel ist gestern Haftbefehl gegen einen zwei Jahre jüngeren Ingolstädter ergangen. Er soll das Opfer mit einem Messerstich in den Rücken umgebracht haben.

Die Ermittlungsbehörden gaben sich gestern bedeckt, was den Tatablauf betrifft. Das liegt teilweise an taktischen Überlegungen, um den Fortgang der Untersuchungen nicht zu beeinflussen: Der Beschuldigte soll Details, die nur der Täter wissen kann, nicht aus der Zeitung erfahren. Nur so bleiben seine Aussagen später vor Gericht verwertbar.

Tabletten geschluckt

Es gibt aber noch einen anderen Grund: "Wir wissen dazu selber noch nicht allzu viel", sagte Ulrich Pöpsel, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord an der Esplanade. "Der Tatverdächtige hat in Selbstmordabsicht Schlaftabletten genommen, so dass wir ihn nicht vernehmen konnten." Der 20-Jährige sei deshalb nach seiner Festnahme am frühen Sonntagabend nicht haftfähig gewesen und nach ärztlicher Untersuchung in die geschlossene Psychiatrie am Klinikum eingewiesen worden.

Das Szenario, das die Ermittler nach derzeitiger Lage annehmen, geht davon aus, dass das spätere Opfer am Samstagabend in seiner Wohnung im Nordwestviertel Besuch von dem 20-Jährigen erhielt. Die befreundeten Männer sollen in den Stunden danach Alkohol miteinander getrunken haben und schließlich aus bislang ungeklärter Ursache in Streit geraten sein. Ob es um Geld ging, um eine Frau oder um Alkohol oder gar Drogen – Möglichkeiten gibt es viele, aber "wir wissen es nicht", erklärte Polizeisprecher Pöpsel. Der Beschuldigte machte dazu bisher keine Angaben. Er berief sich bei den gestrigen Vernehmungen auf Erinnerungslücken.


 

Fakt ist, dass der Wohnungsinhaber die Nacht nicht überlebte. "Er ist an einem Stich in den Rücken gestorben", sagte Helmut Walter, Leiter der Staatsanwaltschaft Ingolstadt, gestern gegenüber unserer Zeitung. Dies sei durch die Obduktion bestätigt worden. Der genaue Todeszeitpunkt ist offen, lag aber – vom Zustand der Leiche ausgehend – irgendwann in den Nachtstunden.

Ob der Beschuldigte tatsächlich nicht mehr weiß, was sich in der fraglichen Zeit in der Wohnung des 22-Jährigen abgespielt hat, müssen die weiteren Ermittlungen zeigen. Zumindest einem Bekannten gegenüber soll der junge Mann sich am Sonntag sinngemäß dahin gehend geäußert haben, dass er jemanden umgebracht habe. Der Zeuge war es, der daraufhin vorgestern Nachmittag die Polizei einschaltete und auf ein mögliches Verbrechen hinwies. Als Streifenbeamte nach diesem Anruf an der Wohnungstür des arbeitslosen 22-Jährigen klingelten und niemand öffnete, verschafften sie sich gewaltsam Zutritt zu den Räumen. Dort entdeckten sie den Toten.

Festnahme am Parkplatz

Mit der Entdeckung der Leiche lief die Fahndung nach dem Tatverdächtigen an. Sie endete – wie bereits gestern auf der Titelseite berichtet – um 17.45 Uhr mit der Festnahme des 20-Jährigen auf dem Parkplatz eines Gartencenters an der Degenhartstraße. Dort hatte sich der Beschuldigte nach der Einnahme von Schlaftabletten verkrochen. Nachdem der junge Mann, der zuletzt als Sicherheitskraft gearbeitet hatte, gestern vernehmungsfähig war, musste er sich den Fragen der Kripo Ingolstadt und des Ermittlungsrichters am Amtsgericht stellen. Dem reichte die momentane Beweislage aus, um Haftbefehl wegen Mordes gegen ihn zu erlassen. Ob mit einem Geständnis des 20-Jährigen zu rechnen ist, blieb gestern fraglich. "Ich möchte jetzt erst einmal Akteneinsicht beantragen", sagte seine Rechtsanwältin Andrea Kremer nach der Haftbefehlseröffnung.

Es ist das zweite Tötungsdelikt in Ingolstadt innerhalb von sieben Wochen. Erst am 22. November war ein 34 Jahre alter Ingolstädter in seinem Auto verblutet. Ein Messerstich in die Brust hatte seine Lunge und eine Schlagader getroffen. Auch in diesem Fall soll es sich um eine Beziehungstat handeln. Als Beschuldigter sitzt ein 28-jähriger Freund des Opfers in U-Haft. Auch er will sich an nichts mehr erinnern.