Ingolstadt
"Wir wollen Vorurteile abbauen"

06.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:07 Uhr

Fünf Mal am Tag kommen auch in Ingolstadt Muslime zum Gebet zusammen.

Ingolstadt (DK) Im Mai ist es bereits zwei Jahre her, dass in der Ingolstädter Manisastraße die größte Moschee Bayerns eröffnet worden ist. Dennoch wird an dem Gebäude noch immer gearbeitet.


Im ersten Stock ist das muslimische Gotteshaus noch ein Rohbau, auch vor dem Gebäude sind Bagger im Einsatz. Die Arbeiten wurden in den vergangenen Monaten immer wieder unterbrochen. Mittlerweile steht die Finanzierung, auch wenn sich die Türkisch-Islamische Gemeinde Ingolstadt dazu verschulden musste.

Der Bau wird allein durch Spenden und Mitgliedsbeiträge finanziert. "Reiche Scheichs aus dem Orient sind nicht unter den Spendern", sagt Kemal Cobanoglu und lacht – auch wenn er bei Führungen durch die Moschee tatsächlich immer wieder danach gefragt wird, wie er erzählt. Obwohl das Miteinander zwischen Muslimen und Nichtmuslimen in Ingolstadt gut sei, gelte es nach wie vor, Vorurteile abzubauen. In der VHS Ingolstadt hat er sich dem christlich-islamischen Dialog verschrieben.

Wie das Areal einmal aussehen soll, zeigt ein Modell, das im Vorraum des großen Gebetraums aufgebaut ist. Die Moschee ist mehr als nur ein Ort des Gebetes. Ein Kulturzentrum soll hier entstehen, mit Tagungsräumen, einer Bibliothek sowie einer Sport- und Mehrzweckhalle. Als erstes sollen aber zunächst die Parkplätze fertig werden, später wird es auch eine Tiefgarage geben.  

Vor allem an den Freitagen, dem wöchentlichen Feiertag der Muslime, kommen viele der rund 600 Gemeindemitglieder in die Moschee, um zu beten. Im Erdgeschoss gibt es ein Restaurant, das auch von vielen Deutschen und nichtmuslimischen Gästen besucht wird. "Auch die sollen möglichst bald richtige Parkplätze haben", sagt Cobanoglu.

Regelmäßig führt er Gruppen durch die Moschee, in erster Linie Schulklassen. "Unsere Absicht ist es, Vorurteile abzubauen", betont er. Bei den meisten Schülern hielten sich die Ressentiments allerdings in Grenzen. "Ich habe den Eindruck, dass die meisten sehr offen sind. Sie stellen viele Fragen, die wir auch alle beantworten, ohne etwas zu verheimlichen."

 
 Der Höhepunkt jeder Führung ist freilich der große Gebetsraum – die eigentliche Moschee – im zweiten Stock. Fünf Mal am Tag lädt Saban Senocak hierher zum Gebet. Der Ingolstädter Imam ist erst seit zwei Monaten in Deutschland, deswegen muss Cobanoglu übersetzen, wenn Senocak beschreibt, wie wohl er sich in Ingolstadt fühlt. Es herrsche hier "eine sehr schöne Atmosphäre zwischen Christen und Muslimen". Außerdem betont er, dass sich im Koran auch biblische Figuren wie Jesus, Abraham und Maria fänden – andere Religionen würden vom Islam nicht abgelehnt, wie immer wieder unterstellt werde.

Auch wenn die meisten Muslime in Ingolstadt deutsch sprechen, ist während des Gebetes in erster Linie arabisch zu hören. Die rituellen Verse und Koranzitate müssen im Original rezitiert werden, "da jede Übersetzung eine Interpretation wäre", wie Oguz Tasdelen erklärt. Er ist Beauftragter für internationalen und interkulturellen Dialog und stellvertretender Vorsitzender des Wolnzacher Ortsvereins der Ditib, der Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion. Er erklärt bei Führungen in Ingolstadt unter anderem den muslimischen Gebetsritus.

Natürlich sei die deutsche Sprache für eine erfolgreiche Integration unverzichtbar, betont Senocak. "Ich werde deswegen so schnell wie möglich Deutsch lernen", übersetzt Cobanoglu den neuen Ingolstädter Vorbeter. Schon jetzt ist der Imam bei den Führungen dabei. Allerdings freut er sich darauf, wenn die Sprachbarrieren überwunden sein werden und er direkt mit seinen Gästen diskutieren kann.