Ingolstadt
Teller statt Tonne

Mit Liedern und Plakaten: 80 Jugendliche demonstrieren fröhlich gegen die Lebensmittelverschwendung

23.08.2012 | Stand 03.12.2020, 1:08 Uhr

Kreativer Protest: Gestern demonstrierten knapp 80 Jugendliche gegen die Lebensmittelverschwendung. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Von Weitem wirkt das Treiben auf dem Rathausplatz wie ein Jahrmarkt. Jugendliche in grünen T-Shirts und Hippiehosen werfen bunte Spielgeräte in die Luft, schwenken Plakate mit der mahnenden Aufschrift „Geboren in der Sonne, gestorben in der Tonne“ oder bilden hüpfend und lachend eine Karawane. „Heeeyo, leistet Widerstand“, rufen sie, „gegen die Verschwendung hier im Land!“

Etwa 60 Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren sowie 20 Gruppenleiter demonstrieren unter dem Motto „Teller oder Tonne“ auf dem Rathausplatz gegen die Lebensmittelverschwendung. Der Protest ist Teil eines Projektes der Naturschutzjugend, die zum Landesbund für Vogelschutz gehört. Wie sie die Demonstration umsetzen wollen, haben sich die jungen Aktivisten während eines einwöchigen Zeltlagers am Baggersee überlegt. „Die Teilnehmer haben debattiert, regionale Produkte gekocht und Ideen ausgearbeitet“, berichtet die Jugendbildungsreferentin Kerstin Kutzner. Das Thema habe sie festgelegt, „um die Leute einmal auf die Verschwendung aufmerksam zu machen“.

Zum Beispiel Silvia Bertino, die das Geschehen am Rathausplatz neugierig macht. Sie studiert eine selbst gebastelte Stoffweltkarte. Auf jedem Kontinent stehen braune Miniaturtonnen und eine Zahl. „Es ist unglaublich, wie viel Lebensmittel auf der Welt weggeworfen werden“, findet Bertino, die in Italien ehrenamtlich in einem Fair-Trade-Laden arbeitete. „Das bedeutet, dass zum Beispiel in Indien pro Kopf elf Kilo Lebensmittel im Jahr weggeworfen werden“, erklärt Maike Wilhelms, die sich das Projekt ausgedacht hat.

In Ingolstadt haben die Bürger laut Ingolstädter Kommunalbetriebe im vergangenen Jahr 16 000 Tonnen Restmüll und 13 000 Tonnen Biomüll entsorgt. Abfallberater Dieter Plöckl bei der Müllverbrennungsanlage in Mailing erklärt, dass im Restmüll sehr wenig Lebensmittel landen. „Diese werden vor allem in der Biotonne entsorgt.“ Beim Ingolstädter Kompostwerk Büchl liegen zum Anteil der Lebensmittel im Biomüll keine Analysen vor.

Jenny und Marie stellen sich einem alten Mann mit Dreitagebart und weißer Kappe in den Weg. Freundlich, aber bestimmt machen sie ihn auf die Lebensmittelverschwendung aufmerksam. Der winkt ab: „Das Problem ist, in den Supermärkten gibt es halt einfach zu viele Produkte, außerdem sind die Preise zu hoch“, klagt er. Die 16-jährige Jenny aus Schwabach widerspricht: „Sie können zum Beispiel die faule Stelle am Obst wegschneiden, statt es zu entsorgen, oder nur so viel kaufen, wie sie auch essen.“ Der Mann schaut skeptisch, doch dann spendet er zwei Euro. Jenny ist zufrieden. „Ich habe selbst viel bei dem Projekt gelernt“, sagt sie. „Zum Beispiel kaufe ich jetzt im Supermarkt auch Produkte, die das Mindesthaltbarkeitsdatum bald überschreiten.“