Ingolstadt
Der hinreißende Traum von einer schöneren Stadt

25.01.2010 | Stand 03.12.2020, 4:18 Uhr

Architekt Peter Bachschuster vor dem Modell eines ganzen Stadtviertels, das in China entstehen soll. - Foto: M. Schmatloch

Ingolstadt (DK) Wenn er von seinem Großvater Ewald Kluge, dem Rennfahrer, erzählt, tut er das mit Begeisterung. Nicht minder engagiert hört es sich an, wenn Peter Bachschuster über Ingolstadt philosophiert. Nicht unbedingt so, wie es ist, sondern über ein Ingolstadt, wie es sein könnte, irgendwann einmal vielleicht.

Der 46-jährige Peter Bachschuster ist Architekt, ein gebürtiger Ingolstädter, ein überzeugter zudem. Nach seinem Studium in München, Coburg und Berlin und einigen Jahren in der Fremde zog es ihn wieder in seine Heimatstadt. Zunächst in ein Architekturbüro, das er zusammen mit einem Partner auf dem Weinzierlgelände betrieb. Seit 1995 leitet er am Brodmühlweg seine zwei Architektur- und Planungsfirmen alleine. Und Peter Bachschuster entwirft nicht nur Wohnungen, Büros oder Firmengebäude, so wie man es von einem Architekten erwartet. Mit seiner "Arch + GmbH" widmet er sich vor allem den langfristigen Planungen. Er hat gelernt, in die Zukunft zu schauen. Deshalb steht bei ihm vor der konkreten Bauplanung erst einmal eine Wirtschaftsplanung, eine Analyse des Flächenbedarfs, eine Projektion, wie sich die eine oder andere Firma seiner Auftraggeber entwickeln könnte. Erst dann lässt sich entscheiden, was das für die Grundstücksgröße und die Gebäudekonzeption bedeutet.

Mittlerweile hat Bachschuster Kunden in aller Welt, sucht geeignete Grundstücke in Südafrika ebenso wie in Brasilien oder Indien. Und er betreibt ein eigenes Büro in China, wo er mitunter ganze Stadtviertel konzipiert.

"Weil ich Ingolstädter bin und mir die Stadt am Herzen liegt", lautet die Antwort, die wie aus der Pistole geschossen auf die Frage kommt, warum um alles in der Welt er dann ausgerechnet hier am Brodmühlweg residiert. Und das erklärt auch, warum Peter Bachschuster Wochen und Monate in architektonische und städtebauliche Visionen investierte, als ihn eine Bekannte fragte, ob er sich nicht einmal Gedanken über die Ingolstädter Fußgängerzone machen könnte. Sehr schnell hat der geübte Strukturplaner festgestellt: "Da sind ja Zusammenhänge da." Er konnte nicht einfach ein paar hübsche Animationen und Zeichnungen zur Fußgängerzone machen, ohne nicht auch andere Stadtteile in seine Überlegungen mit einzubeziehen. "Man muss die Stadt, den Stadtkern vor allem im Ganzen sehen", wusste der Architekt und machte sich an eine ausufernde städtebauliche Vision, die sich dem Rietergelände ebenso widmet wie dem Nordbahnhof, der Donaulände ebenso wie dem Flughafen Manching.

Wenn man Peter Bachschusters visualisierte Gedankenspiele zum ersten Mal sieht, wenn man spürt, mit welcher Emotion er seine Visionen erläutert, dann glaubt man spontan zu verstehen, was diese Stadt dringend bräuchte, um wirklich irgendwann die Bezeichnung Großstadt auch mit Recht zu tragen: Visionen, und seien sie heute noch so unvorstellbar.

Peter Bachschuster hat sich bei seinem architektonischen Generalstabsplan keine Gedanken gemacht um rechtliche Hürden, um Finanzierbarkeit. Seine Visionen zeigen Ingolstadt eben nicht, wie es ist, sondern wie es sein könnte. Er setzt der kurzsichtigen Gegenwartsbetrachtung schrankenlose Fantasie gegenüber, der schnelllebigen Lückenfüller-Architektur die große visionäre Geste, den Traum von einer schöneren Stadt.

"Man rennt damit natürlich nicht immer offene Türen ein", weiß Peter Bachschuster aus leidvoller Erfahrung. Unabhängig von der Wahrscheinlichkeit ihrer Verwirklichung indes hält er alle seine Planungen für machbar. "Man braucht solche Pläne, damit man endlich mal eine Diskussionsgrundlage hat", schildert Bachschuster sein Engagement in diese Visionen. Hätte man früher derart puzzleartig und auf Einzelobjekte bezogen gebaut, vieles, was wir an architektonischen Wunderwerken in aller Welt kennen, würde nicht existieren.

Am Anfang ist der Traum. Und den ist man schnell bereit mitzuträumen, wenn man Peter Bachschusters Animationen von einer Ingolstädter Mauthstraße sieht, die – ähnlich der "Galleria Vittorio Emanuele" in Mailand – mit Glas überdacht zur noblen Stube der Stadt geworden ist, wenn man in Gedanken auf einer untertunnelten Donaulände flaniert, den Blick hat auf die Klenzebauten ebenso wie auf einen Bootshafen im Bereich zwischen Regensburger Straße und dem Fluss, der in Ingolstadt eine so unverdient kleine Rolle spielt.

Seine visionären Animationen hat der Architekt Bachschuster in einem Vortrag zusammengefasst, den er erst einmal in einem kleineren Kreis präsentiert hat. Zur nächsten Quartalsabrechnung am Donnerstag, 28. Januar, um 19 Uhr im Ingolstädter Altstadttheater, bei der es um Bauen und Stadtentwicklung geht, wird er diesen Vortrag noch einmal halten, um einem größeren Zuhörerkreis zu demonstrieren, wie seine Visionen eines fernen Tages vielleicht das Bild jener Stadt verändern könnten, die ihm so ans Herz gewachsen ist.

Doch Ingolstadt ist sicherlich nicht die Stadt der Visionen. Und in diesem einen Punkt hält es die Verwaltung einmal nicht mit einem großen Christsozialen wie Helmut Kohl, der einmal gesagt hat, die Visionäre von heute seien die Realisten von morgen. Eher noch gibt man ausnahmsweise einem Sozialdemokraten recht. Helmut Schmidt meinte nämlich: "Wer Visionen hat, sollte zum Augenarzt gehen."