Ingolstadt
Und dann zankten auch noch die Grünen

Umstrittene Personalie Klein entzweite Fraktion und Kreisvorstand jetzt stehen die Signale wieder auf Harmonie

04.03.2016 | Stand 02.12.2020, 20:07 Uhr

Ingolstadt (DK) Der 23. Februar nimmt einfach kein Ende. Die dreieinhalbstündige nichtöffentliche Stadtratssitzung. Die Wahl des CSU-Mitglieds Tobias Klein zum Geschäftsführer der neuen städtischen Veranstaltungs gGmbH. Der unerbittliche Streit, das giftige Klima - all das wirkt nach und hat auch bei den Grünen zu heftigen Erschütterungen geführt. Denn alle fünf Stadträte der Partei haben mit der CSU für Klein gestimmt. Das konnten viele Mitglieder des Kreisvorstands nicht fassen. Auch an der Grünen-Basis ist Verdruss festzustellen. Es wird von zwei Parteiaustritten berichtet. Und dem resignierten Ausspruch: "Da kannst des nächste Mal ja gleich die Schwarzen wählen."

Kein Wunder, dass Jutta Materna und Joachim Siebler - sie führen gemeinsam den Kreisverband - sehr meinungsfreudige Tage hinter sich haben. "Ja, das Abstimmungsverhalten unserer Fraktion ist für uns nicht nachvollziehbar. Es wäre logisch gewesen, dass sie gegen Klein stimmt, und das haben wir deutlich zum Ausdruck gebracht", sagt Siebler. Er gehört dem Oberbayerischen Bezirkstag an, nicht aber dem Stadtrat und wartete am 23. Februar auf dem Rathausflur stundenlang das Ende der nichtöffentlichen Sitzung ab. "Es ist viel Ärger zum Ausdruck gekommen. Es gibt unterschiedliche Meinungen, aber das ist jetzt erledigt. Die Entscheidung kann man nicht mehr ändern. Was bringt es da zu lamentieren? Es ist ja auch alles halb so wild." Für ihn steht aber fest: "Mehr Opposition ist dringend notwendig!"

Eine Koalition mit der CSU? Das ist für Jutta Materna unvorstellbar. "Lösels Politikstil ist mit unserem nicht kompatibel. Sein Machtanspruch entspricht nicht meinem Demokratieverständnis. Alle Entscheidungen auf sechs Stadtratssitzungen im Jahr zusammenzupressen, erweckt den Eindruck, dass vieles schon vorab feststeht." Zu Klein bemerkt die Kreisvorsitzende der Grünen: "Ich kann die Aufregung in der Fraktion nicht ganz verstehen. Besser verstehen kann ich die Aufregung bei den kulturnahen Mitgliedern, die sich bei Kleins Wahl durch die grünen Stadträtinnen und Stadträte nicht vertreten fühlten." Es sei aber völlig in Ordnung, "auch mal unterschiedliche Positionen zu haben". Doch egal, was gewesen ist, für Jutta Materna steht fest: "Die Stadtratsfraktion der Grünen leistet hervorragende Arbeit!"

Grünen-Stadtrat Christian Höbusch rechtfertigt seine Entscheidung für Tobias Klein. "Wir haben beantragt, die Stelle neu auszuschreiben. Rechtsreferent Helmut Chase hat aber darauf hingewiesen, dass Klein dann Schadensersatz fordern könnte." Das habe ihn überzeugt. Ebenso der "gute Auftritt des Kandidaten". Höbusch, selbst Jurist von Beruf, betont: "Es war eine Sachentscheidung, die wir aus der Gesamtverantwortung für die Stadt getroffen haben." Hätte es ein Mitgliedervotum gegeben, das die Position der Grünen-Fraktion gegenüber Klein festlegt, "dann hätten wir uns selbstverständlich daran gehalten, aber es gab keines."

Dem Vorwurf, die Stadträte der Grünen würden sich an die CSU anbiedern, hält Höbusch entschieden entgegen: "Es gibt keine informelle Koalition!"

"Wir wissen, dass unsere Zustimmung zu Klein eine politische Gratwanderung war", sagt Petra Kleine, die Fraktionschefin. "Doch wir Grünen sind angetreten, um immer in der Sache zu entscheiden und nicht danach, wer einen Vorschlag gemacht hat." Das Votum für Klein "ist absolut zu verantworten", aber - das ist ihr klar - "nach außen nur schwer zu vermitteln". Ja, es gab deutliche Kritik im Kreisvorstand ihrer Partei, erzählt Petra Kleine. Sie hat seither in vielen langen Gesprächen erklärt, warum sich alle Fraktionsmitglieder - "und zwar jeder für sich" - in der nichtöffentlichen Sitzung dann doch für den CSU-Mann entschieden hätten. "Der Oberbürgermeister hat die gesamte informelle Kommunikation im Bewerbungsverfahren offengelegt. Das ging bis hin zu der Frage, wer zu welcher Uhrzeit welche E-Mail bekommen hat. Der OB hat nachgewiesen, dass alles korrekt abgelaufen ist", sagt Kleine. Was jedoch bleibe, "ist dieses Geschmäckle wegen des Vorwurfs der Mauschelei unter Parteifreunden". Christian Lösels "Verkündungspolitik" habe dazu beigetragen. "Doch dann haben wir gesagt: Im Zweifel für den Bewerber."

Petra Kleine glaubt aber, dass die Personalie Klein kontrovers fortwirken könnte: in der Kulturszene. "Da kulminiert die kritische Stimmung, die sich mit vielen Enttäuschungen wie der erneut verschobenen Theatersanierung und der mangelnden Wertschätzung gegenüber Kulturschaffenden angehäuft hat." Dass mit Klein "ein Mann der Wirtschaft die Kultur managen soll, hat das Fass zum Überlaufen gebracht". Sie berichtet von einem "Schulterschluss" in der Szene und kündigt an: "Das Klima in der kulturellen Landschaft der Stadt wird ein großes Thema dieses Jahres sein."