Ingolstadt
Keime auf dem Rückzug

Zwei der sieben im Klinikum betroffenen Patienten sind bereits entlassen – niemand hat sich infiziert

26.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:43 Uhr
Stefan Borgmann (rechts) ist der leitende Hygienearzt am Ingolstädter Klinikum. −Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Es scheint, als wäre das Ingolstädter Klinikum, was den Ausbruch multiresistenter Keime anbelangt, mit einem blauen Auge davongekommen. Zwei von mittlerweile sieben besiedelten Patienten wurden bereits entlassen. Keiner, bei dem der gefährliche Darmkeim nachgewiesen wurde, hat sich infiziert.

Wie ernst die Verantwortlichen des Klinikums die Häufung von Besiedelungen mit multiresistenten Klebsiella pneumoniae Bakterien (KPC) auf der Frührehabilitationsstation 85 nehmen, zeigt die Art und Weise, mit der das Krankenhaus in dieser Angelegenheit auf Anfragen des DONAUKURIER reagiert. Mittels Telefonkonferenz steht die komplette Führungsebene unserer Zeitung Rede und Antwort – federführend der leitende Hygienearzt Stefan Borgmann. Zur Verstärkung agieren im Hintergrund Klinikum-Geschäftsführer Heribert Fastenmeier, der Ärztliche Direktor Professor Günter Ochs, Pflegedirektor Erich Göllner sowie die Chefärztin und die Oberärztin der betroffenen Rehabilitationsstation.

Das Klinikum begegnet dem Vorfall mit größtmöglicher Transparenz. Und das nicht erst seit Bekanntwerden mehrerer Todesfälle am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, die in Zusammenhang mit dem Ausbruch multiresistenter Keime stehen. Der Vorfall in Kiel hat mittlerweile eine Debatte über Hygiene in Krankenhäusern ausgelöst.

Das in Kiel nachgewiesene Bakterium Acinetobacter baumannii hat mit den Klebsiella-Bakterien in Ingolstadt eine gefährliche Eigenschaft gemeinsam: In beiden Fällen handelt es sich um multiresistente Keime. Das heißt: Nur wenige Antibiotika können im Fall einer Erkrankung eingesetzt werden. Während der in der Kieler Klinik nachgewiesene Keim im Wasser und in der Erde vorkommt, finden sich Klebsiella-Bakterien in der natürlichen Darmflora. Beide Keime sind für gesunde Menschen ungefährlich. In Intensivstationen, wie jetzt in Kiel geschehen, werde Acinetobacter baumannii, der normalerweise völlig harmlos sei, „zum Killer“, sagt Hygienearzt Borgmann. Welche Folgen eine Klebsiella-Infektion auf einer Intensivstation habe, konnte Borgmann nicht sagen. „Ich fürchte aber, dass das nicht gut ausgehen würde.“ Damit infiziert, können multiresistente Keime Erkrankungen wie Wundinfektionen, Lungenentzündungen oder Sepsis auslösen.

Zu den zunächst sechs Menschen, bei denen am Klinikum eine KPC-Besiedelung nachgewiesen wurde, kam noch eine weitere Patientin dazu. Die, wie Borgmann sagt, „schon lange besiedelt sein muss“. Die Frau lag mit zwei der besiedelten Patienten in einem Zimmer und wurde deshalb untersucht. Zwei der ursprünglich sechs betroffenen Patienten wurden bereits entlassen. In einem Fall war die Tochter in der Klinik mit im Zimmer. Die Angehörige wurde täglich getestet. Borgmann: „Es gab keinen einzigen positiven Abstrich.“ Die besiedelten Patienten befinden sich mittlerweile auf der Infektionsstation. Am heutigen Dienstag wird die Station 85 desinfiziert.

Der jüngste betroffene Patient ist laut Borgmann 60 Jahre alt. Nach einem Bericht der Barmer GEK aus dem Jahre 2011 zum Thema Krankenhausinfektionen und multiresistente Erreger liegt die größte Altersgruppe, bei der multiresistente Keime festgestellt werden, zwischen 80 und 84 Jahren. Klinikum-Chef Heribert Fastenmeier ist sicher: Die Tatsache, dass es immer mehr ältere Patienten gibt, lasse auch im Klinikum – und in Pflegeheimen – die Probleme mit multiresistenten Keimen ansteigen. „Das gehört dazu. Wir müssen lernen, damit umzugehen.“