Ingolstadt
Zeuge korrigiert Aussage: Angeklagter verurteilt

Amtsgericht verhängt im Fahrradprozess siebenmonatige Freiheitsstrafe für 26-Jährigen

23.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:47 Uhr

Ingolstadt (DK) Was eine Festnahme im Gerichtssaal so alles bewirken kann: Der 16-Jährige, der in einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Ingolstadt wegen des Verdachts der Falschaussage in Handschellen abgeführt worden war (wir berichteten gestern), hat jetzt erneut eine Aussage gemacht. Damit belastete er seinen 26-jährigen Freund, der wegen Hehlerei angeklagt war und schließlich zu sieben Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt wurde.

Der 16-Jährige hatte im vergangenen Juli am Eichstätter Bahnhof ein Fahrrad mitgehen lassen (wofür er schon eine Strafe verbüßt hat) und war damit in seinen Wohnort im Landkreis Eichstätt gefahren. Am ersten Verhandlungstag hatte er noch behauptet, er habe das Rad dann seinem Freund angeboten, und zwar mit dem Hinweis: „Das habe ich am Bahnhof mitgenommen, das ist meines“, was aus Sicht von Staatsanwalt Ingo Christ und Richterin Sandra von Dahl in der Kombination keinen Sinn ergeben hätte. „Die Aussage hat so nicht gestimmt. Das war doof“, sagte der Jugendliche gestern bei der Fortsetzung der Verhandlung. „Ich habe ihm gesagt, dass es gestohlen ist.“ Zwar nicht ausdrücklich, aber der andere habe durch seine Erklärung, woher er das Rad habe, sicher gewusst, dass es nicht sein Eigentum sei. So hatte es der Jugendliche auch bei der ersten Befragung der Polizei erklärt.

Wieso er gelogen habe, wollte die Richterin wissen. „Ich wollte ihn halt raushalten“, antwortete der 16-Jährige. „Habt ihr euch vorher abgesprochen“, fragte Sandra von Dahl weiter. Bei einem zufälligen Treffen habe der Angeklagte ihn schon gebeten, ihn nicht zu belasten, sagte der Jugendliche. „Aber gedroht hat er mir nicht. Er hat gesagt, dass bei ihm viel auf dem Spiel steht.“

In der Tat: Neun Einträge stehen im Strafregister des Angeklagten – Diebstähle, Fahren ohne Fahrerlaubnis, betrunken am Steuer, Unfallflucht. Neun Monate Freiheitsstrafe verbüßte der 26-Jährige zuletzt, erst am 5. Juli vergangenen Jahres war er aus der Haft entlassen worden.

Die Rückfallgeschwindigkeit sei schon enorm, sagte Staatsanwalt Christ. Und erneut sei der Angeklagte in ein Eigentumsdelikt verwickelt. Insofern könne er auch von keiner günstigen Sozialprognose ausgehen, selbst wenn der junge Mann inzwischen eine unbefristete Stelle habe. Besonders perfide sei gewesen, dass der Angeklagte einen 16-Jährigen mit der Anstiftung zu einer Falschaussage in eine Straftat getrieben habe. „Man sollte nicht versuchen, die Justiz für dumm zu verkaufen“, sagte Christ. Er forderte eine mehrmonatige Freiheitsstrafe für den 26-Jährigen.

Verteidiger Udo Reissner erklärte hingegen, selbst wenn es relativ wahrscheinlich sei, dass alles so passiert sei, wie letztendlich vom 16-jährigen Zeugen geschildert, bestünden doch noch Restzweifel. Außerdem sei es doch der Vater des Angeklagten gewesen, der das Rad, nach Rücksprache mit seinem Sohn, zur Polizei gebracht habe, wodurch es erst zum Verfahren gekommen sei.

Das sah Sandra von Dahl anders: „Das Gericht hat keinen nachvollziehbaren Zweifel.“ Und so verurteilte sie den 26-Jährigen zu sieben Monaten Freiheitsstrafe. „Das wäre nicht nötig gewesen, wenn er das alles von Anfang an eingeräumt hätte“, sagte sie.