Ingolstadt
Zeichen setzen durch Hungerstreik

Luigi Spangenberg und andere kämpfen für den Einsatz von Cannabis in der Medizin – auch mithilfe einer Petition

04.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:16 Uhr

Er hat eine Ausnahmegenehmigung für kontrollierten Cannabiskonsum. Doch sie hilft Luigi Spangenberg nicht wirklich. Arch - foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Rund 13 800 Menschen haben sich bis gestern Abend in einer Online-Petition an den Deutschen Bundestag für den Einsatz von Cannabis in der Medizin ausgesprochen. Einer von ihnen ist Luigi Spangenberg.

Er geht sogar noch weiter: Mit fünf anderen chronisch Kranken ist der Ingolstädter aus Protest gegen die Berufung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte gegen das Kölner Cannabis-Urteil in Hungerstreik getreten. Das Urteil hatte drei Schwerkranken den Eigenanbau der Hanfpflanze erlaubt. Es soll jetzt überprüft werden.

Viele Menschen schöpften nach der Gerichtsentscheidung Hoffnung. Menschen wie der Ingolstädter Luigi Spangenberg, der seit seinem 16. Lebensjahr an einem Magen-Darm-Reizsyndrom und an Epilepsie leidet. Herkömmliche Medikamente zeigen bei ihm keine Wirkung, mit ihnen geht es dem 29-Jährigen höchstens noch schlechter. Für Spangenberg und die anderen chronisch Kranken, die jetzt mit ihrem Hungerstreik ein Zeichen setzen wollen, gibt es laut Franjo Grotenhermen aus Rüthen (Nordrhein-Westfalen), der als Arzt und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) die Petition initiiert hat, zu Cannabis „keine Alternative“. Sie haben eine Ausnahmegenehmigung der Bundesopiumstelle für kontrollierten Cannabiskonsum. Doch die Therapie wird von den Kassen nicht bezahlt. Die Kosten für die verordnete Dosis an Cannabisblüten in der Apotheke lägen im Fall Spangenberg bei monatlich über 1000 Euro.

In einer holländischen Apotheke ist ein Gramm Cannabis für sieben bis acht Euro zu haben, betont Grotenhermen. Dass es in deutschen Apotheken so viel teurer ist, läge an den vielen Stellen, die alle mitverdienen: der Exporteur aus Holland, der Importeur aus Deutschland, die Apotheke. Doch nur für diese Vorgehensweise gilt die Genehmigung. Besorgt sich ein Patient Cannabis in Holland oder auf andere Weise, macht er sich strafbar.

Den Hungerstreik einiger Kranker aus Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Thüringen sieht Grotenhermen mit gemischten Gefühlen. „Ich habe gesagt, Leute, bringt euch nicht zusätzlich in gesundheitliche Nöte.“ Spangenberg etwa, der ohnehin sehr schwach sei, habe er dringend davon abgeraten.

Doch der will für die Sache kämpfen, betont aber zumindest, er wolle kalorienreiche Getränke zu sich nehmen. „Ich will mich ja nicht selbst ins Jenseits befördern.“ Viele chronisch Kranke bauen jetzt auf die Wirkung der Petition. Kommen 50 000 Stimmen zusammen, muss der Petitionsausschuss des Bundestags laut ACM darüber öffentlich beraten. Doch auch, wenn die Zahl darunter liege, könne sie behandelt werden. Grotenhermen: „Entscheidend ist immer der Inhalt.“

Neben den gegebenen Onlinestimmen (www.cannabis-medizin-petition.de) zählen auch die in Listen eingetragenen, mit denen derzeit Betroffene wie Spangenberg oder eine Schülerin, die am Tourettesyndrom leidet, auch in Ingolstadt unterwegs sind. Die Petition fordert im Wesentlichen, der Bundestag möge beschließen, dass die Regierung Maßnahmen ergreift, damit die Kosten einer Behandlung mit Medikamenten auf Cannabisbasis übernommen werden.

Wer sich eintragen möchte, muss sich beeilen. Die Petition läuft noch bis 10. September.