Ingolstadt
"Wir können nur gewinnen"

Leopold Stiefel fördert seit 15 Jahren den ERC Ingolstadt – Nun erfüllt sich auch für ihn ein Traum

15.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:48 Uhr

„Jedes Kind in der Stadt muss wissen, dass es auch noch die Sportart Eishockey gibt“: Der frühere Media-Saturn-Chef Leopold Stiefel war als Beiratsvorsitzender der Panther GmbH mehr als ein Jahrzehnt die treibende Kraft beim ERC - Foto: Bösl

Ingolstadt (DK) Die Spannung vor der Finalserie steigt. Wenn morgen Abend der ERC Ingolstadt zum ersten Spiel in Köln antritt, dann ist auch für Leopold Stiefel ein Traum in Erfüllung gegangen. Seit 15 Jahren ist der ehemalige Media-Saturn-Chef die treibende Kraft bei dem Eishockeyklub.

Ohne ihn wären die Panther nie so gut aufgestellt, wie sie es seit dem Aufstieg in die Deutsche Eishockey Liga (DEL) sind. Seine Kontakte haben dem Verein schon so manchen gut dotierten Werbevertrag beschert. Während dieser Saison ist der langjährige Beiratsvorsitzende der Panther GmbH von seinem Posten zurückgetreten. An seine Stelle ist sein bisheriger Stellvertreter Jürgen Arnold gerückt. Dem Eishockey bleibt Stiefel indes nach wie vor eng verbunden. Ob im Ausland oder in der Saturn-Arena. Dank Web-radio, Liveticker und E-Paper weiß der 69-jährige ehemalige Top-Manager auch fern der Heimat über den ERC bestens Bescheid. Wie unlängst bei einem Urlaub in einem Dschungelcamp am Amazonas. Dem Internet sei Dank.

Herr Stiefel, wenn Ihnen vor der Saison jemand gesagt hätte, der ERC kommt ins Finale. Was hätten Sie ihm geantwortet?

Leopold Stiefel: Das hat keiner erwartet, so ehrlich muss man sein. Das Finale war auch nie das Ziel. Unsere Vorgabe lautete: Play-offs und dann schauen wir weiter. So wie jede Saison. Intern waren wir aber ehrgeiziger. Ein Platz unter den besten vier Mannschaften wurde da mit der sportlichen Leitung schon anvisiert. Das Potenzial der Mannschaft war uns bereits vor der Saison klar. Trotzdem kommt das Finale überraschend. Es war immer ein Traum.

 

Dabei liegt hinter dem ERC eine turbulente Hauptrunde. Anfang des Jahres kassierten die Panther sechs Niederlagen in Serie. Der Geschäftsführer ging, der Sportdirektor ebenfalls.

Stiefel: Ja, es ist viel passiert. Das sportliche Tief kam unerwartet. Wir hatten viele Verletzte, einige Sperren und Pech. Dann kam der Norovirus. Jetzt ist das Glück auch mal auf unserer Seite.

 

Sind Sie nicht nervös geworden?

Stiefel: Nein. Wer mich kennt, weiß, dass ich immer ruhig bleibe. Ich sage immer: „Es ist ja nur Sport.“ Wir haben nie über einen Trainerwechsel diskutiert. Zu keinem Zeitpunkt. Wir haben uns vor der Saison bewusst für einen jungen Trainer entschieden. Da muss man auch mal Rückschläge verkraften. Im Beirat haben wir unsere Linie beschlossen, und an die haben wir uns gehalten. Die Unruhe kam nur von außen. Auch wenn wir die Play-offs verpasst hätten, hätten wir am Trainer festgehalten.

 

Also heißt der Trainer auch in der kommenden Saison Niklas Sundblad?

Stiefel: Das hängt davon ab, ob wir uns einigen. Wir wollen ihn behalten und möglichst noch viele Jahre mit ihm arbeiten. Das heißt aber nicht, dass wir ihm einen langfristigen Vertrag geben werden. Finanziell dürften wir uns einig sein. Wir schließen aber nur noch leistungsorientierte Verträge ab.

 

Ist das die Lehre aus den vergangenen Jahren? Damals bekamen die Trainer in der Regel immer mehrjährige Verträge. Erfüllt haben sie die aber nie. Vielmehr wurden sie vorzeitig entlassen und es wurden Abfindungen fällig.

Stiefel: Ja, das ist sicher eine Erfahrung, die wir gemacht haben. Bei den meisten Vereinen gibt es zurzeit nur noch kurzfristige Verträge. Das ist auch gerechter. Wir haben eine Leistungsgesellschaft, in der man Leistung bringen muss, um Sicherheit zu haben. Wenn der Trainer die bringt, kann er von uns aus zehn Jahre bleiben. Das wäre mir auch am liebsten.

 

Sportdirektor Jim Boni hat während der Saison den Verein verlassen. Ein Abgang, der Fragen aufgeworfen hat.

Stiefel: Jim wollte ja schon nach der letzten Saison gehen. Wir haben uns aber geeinigt, dass er noch ein Jahr weitermacht. Eigentlich wäre Ende April Schluss gewesen. Aber der Krankheitsfall in seiner Familie und ein paar andere Dinge in seinem privaten Umfeld haben ihn zum Umdenken bewegt. Deshalb hat Jim uns früher verlassen. Sein Ausscheiden hat definitiv nichts mit Streit oder Misserfolg zu tun. Zum Zeitpunkt seiner Entscheidung, das war im Oktober 2013, lagen wir sportlich gar nicht schlecht. Sein Abschied hatte also nichts mit dem Trainer, der Mannschaft oder dem Beirat zu tun.

 

Haben Sie noch Kontakt zu Boni?

Stiefel: Wir waren befreundet, aber der Kontakt war nicht sehr eng. Wenn er mal nach Ingolstadt kommen sollte, gehen wir gemeinsam zum Essen. Wir haben kein Problem miteinander.

 

Aufstieg in die DEL, Pokalsieg und nun der Einzug ins Finale. Was ist der größte Erfolg?

Stiefel: Der Einzug ins Finale ist für mich der größte Erfolg. Berlin geschlagen, Krefeld besiegt und nun Hamburg ausgeschaltet. Diese Saison überstrahlt alles.

 

Eigentlich wollten Sie mit 65 Jahren beim ERC kürzertreten. Nun sind Sie 69 Jahre und haben während der Saison den Vorsitz im Beirat an Jürgen Arnold übergeben. Beginnt nun endgültig der Rückzug vom Eishockey?

Stiefel: Die Übergabe war schon seit zwei, drei Jahren geplant. Ich bin in meiner Freizeit öfters im Ausland. Das heißt, dass ich mich nicht, wie bisher, so intensiv um die Belange des Klubs kümmern kann. Nach vielen Gesprächen hat sich Jürgen Arnold bereit erklärt, den Vorsitz zu übernehmen. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Ich werde dem ERC aber immer treu bleiben und mich weiter für den Klub im Beirat engagieren. Mehr als 15 Jahre habe ich als Beiratsvorsitzender mitgeholfen, dass der ERC sich so gut entwickelt. Dass wir nun im Finale stehen, macht mich auch ein wenig stolz. Aber mit 69 Jahren muss man auch mal ruhiger werden.

 

Der Verein feiert im 50. Jahr seines Bestehens den größten Erfolg. Wie kann der ERC davon profitieren?

Stiefel: Sollten wir wirklich Meister werden, dann muss die Begeisterung genutzt werden, keine Frage. Jedes Kind in der Stadt muss wissen, dass es auch noch die Sportart Eishockey gibt. Wir machen bei unseren Nachwuchsteams wichtige Schritte nach vorne, jetzt ziehen die Profis ins Endspiel ein. Das ist doch eine tolle Basis, um Nachwuchs für den Verein zu gewinnen und neue Sponsoren zu mobilisieren.

 

Zurück zum Finale: Wie geht es aus?

Stiefel: Ich bin als ERC-Fan immer optimistisch. Wir haben eine echte Chance. Wir sind top drauf und können nur gewinnen. Unsere Mannschaft kann locker aufspielen, sie hat nichts zu verlieren. Das ist doch eine gute Voraussetzung. Die Chancen stehen nach meiner Ansicht 60:40 für uns.

 

Und wenn der ERC Meister wird, kann er auch die Titelprämie ohne Probleme zahlen und muss nicht wie einst Krefeld oder Hannover im nächsten Jahr ums finanzielle Überleben kämpfen?

Stiefel: Nein. Gehen Sie davon aus, dass wir immer genau wissen, was wir tun. Wir mussten noch nie mit finanziellen Ängsten kämpfen. Nicht weil wir so viel Geld haben, sondern weil wir immer vorausschauend planen.

 

Das Interview führte

Stefan König.