Ingolstadt
"Wir haben einen großen Kämpfer verloren"

Audi-Gesamtbetriebsratsvorsitzender Peter Mosch und andere Weggefährten zum Tod von Fritz Böhm

10.01.2013 | Stand 03.12.2020, 0:37 Uhr

Herzliche Freude: Werner Pößl (links) und Fritz Böhm beglückwünschen den „politischen Ziehsohn“ Achim Werner zur Nominierung als OB-Kandidat der Sozialdemokraten für die Kommunalwahlen 2002 - Foto: kx

Ingolstadt (DK) Das letzte Mal hat Achim Werner Fritz Böhm an Weihnachten gesehen. „In den vergangenen 20 Jahren habe ich ihn immer an Heiligabend getroffen. Wir haben kleine Geschenke und große Erinnerungen ausgetauscht“, sagt Werner.


Die traurige Nachricht erreichte den Ingolstädter Landtagsabgeordneten gestern auf der Klausurtagung der SPD-Fraktion in Kloster Irrsee. „Er war mein politischer Ziehvater und väterlicher Freund“, sagt Werner. Bis zuletzt habe Böhm „messerscharf analysieren“ können. Dazu käme ein untrüglicher politischer Instinkt. „Er konnte politische Entwicklungen hervorragend vorhersagen“, erinnert sich Werner. In solchen Situationen habe Böhm die Angewohnheit gehabt, sich mit dem rechten Zeigefinger an die Nase zu tippen. „Er hat den Braten halt immer gleich gerochen.“ Die Bedeutung, die Böhm für Ingolstadt hatte, ist laut Werner gar nicht zu überschätzen. „Audi wäre ohne Böhm nicht das, was es heute ist. Und Ingolstadt auch nicht.“

Das weiß keiner besser als Alt-OB Peter Schnell, der tief erschüttert war, als er von der traurigen Nachricht erfuhr. „Fritz Böhm hatte einen langen Leidensweg, den er mit Format bewältigt hat. Im Kopf war er klar wie eh und je.“ Zu Beginn, so räumt Schnell ein, sei das Verhältnis zu Böhm sehr distanziert gewesen. Der habe seinerzeit eine SPD-Ära einleiten wollen. „Böhm war tief enttäuscht, als Otto Stinglwagner von Bord ging.“ Noch gut erinnert sich der Alt-OB an eine Auseinandersetzung im Stadtrat in späteren Jahren. „Böhm hat es genossen, ab und zu den Elder Statesman zu geben. Er wollte mal wieder Zunder in die Debatte bringen, aber ich fuhr ihm über den Mund. Ich dachte sofort, mich dafür entschuldigen zu müssen, denn er war der Ältere. Aber da meldete er sich plötzlich zu Wort und entschuldigte sich bei mir. Das war eine Lehrstunde für den Stadtrat. Man kann sich mal verletzen und aggressiv sein, aber man muss sich dann auch entschuldigen können.“

Als großes Vorbild betrachtet Audi-Gesamtbetriebsratsvorsitzender Peter Mosch seinen Vorgänger. „Fritz Böhm hat den Grundstein gelegt für die Stärke des Audi-Betriebsrats. Wir sind sehr bestürzt über seinen Tod. Wir haben einen großen Kämpfer verloren.“ Mosch war Böhm freundschaftlich verbunden. „Er kam manchmal in mein Büro, und dann haben wir debattiert über Tarifpolitik. Er hat immer gesprüht vor Ideen, wo wir in Zukunft noch was für die Belegschaft herausholen können. Das war immer sehr bereichernd für mich.“ Fritz Böhm sei auch ein humorvoller Mensch gewesen. „Es stimmt mich traurig, dass ich ihn nicht mehr an meiner Seite habe.“

Auch Ingolstadts Oberbürgermeister Alfred Lehmann trifft die Nachricht vom Tod des Ehrenbürgers völlig unvorbereitet. „Ich habe ihn sehr gemocht“, sagt Lehmann. „Er war eine wirklich außergewöhnliche Persönlichkeit.“ Man habe gut mit ihm diskutieren können, sagt Lehmann. Böhm habe eine klare Aussprache geschätzt und dabei stets eine direkte, ehrliche, pfiffige Art gehabt. „Er war ein Besonderer.“ Lehmann hatte fest damit gerechnet, Böhm auf dem Neujahrsempfang der Stadt am kommenden Montag zu sehen. Sein Kommen hatte Fritz Böhm bereits zugesagt.