Ingolstadt
Wir basteln uns eine Badebombe

Wie man Interesse für Naturwissenschaften weckt: Drei Ingolstädter Schulen bekamen MINT-Prädikat

20.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:02 Uhr

So macht Chemie Spaß: Die Arbeitsgemeinschaft "Schüler experimentieren" des Apian-Gymnasiums fabriziert hier einen lustig sprudelnden Badezusatz. Die 15 Fünft- und Sechstklässler treffen sich alle zwei Wochen, um mit ihrer Lehrerin Sabine Koulo die Welt der Naturwissenschaft zu erkunden - eines von mehreren MINT-Angeboten, für die das Gymnasium erneut ein begehrtes Prädikat erhalten hat. - Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Das Apian-Gymnasium, die Tilly-Realschule und die Wirtschaftsschule sind jetzt mit dem Prädikat "MINT-freundlich" ausgezeichnet worden. Die AG "Schüler experimentieren" am Apian führt voller Euphorie vor, wie die Förderung junger naturwissenschaftlicher Talente in der Schule gelingen kann.

Wer noch auf der Suche nach einer netten Weihnachtsüberraschung ist, kann im Apian-Gymnasium Inspiration finden. Wie wäre es zum Beispiel mit einer selbst gebastelten Badebombe zum Fest? Diese Kreationen auf der Basis einer Ionenverbindung blubbern lustig, wenn man sie in die Wanne wirft. Die Kinder der Arbeitsgruppe "Schüler experimentieren" des Apian-Gymnasiums haben jetzt mit der Chemie- und Biologielehrerin Sabine Koulo fröhlich ein ganzes Arsenal an Badebomben fabriziert (siehe die Versuchsanleitung im Kasten). Man darf annehmen, dass es über Weihnachten in diversen Ingolstädter Badewannen kräftig sprudeln wird.

Die Teilnehmer dieses Wahlkurses - 15 Fünft- und Sechstklässler, davon die Hälfte Mädchen - treffen sich alle zwei Wochen für zwei Stunden, um mit Sabine Koulo die Naturwissenschaften zu erkunden - spielerisch und mit gymnasialem Anspruch zugleich. Ganz im Sinne der von den deutschen Kultusministerien und vielen Wirtschaftsverbänden geforderten Stärkung junger Talente in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, abgekürzt mit dem erfrischenden Namen MINT; dass Industrievertreter und Politiker diese Bildungsoffensive gern zu einer Art vaterländischen Aufgabe für die Ingenieursnation Deutschland stilisieren, trübt die Entdeckerfreude der Schüler zum Glück nicht.

Es ist die Intention der MINT-Förderer, Interesse für die wunderbare (manchmal auch wundersame) Welt der Natur zu wecken und dabei hartnäckige Geschlechterklischees zu überwinden. Die Behauptung, dass Mädchen für technische Berufe weniger geeignet seien als Jungen, ist - auch ganz sachlich betrachtet - ein Blödsinn.

In der AG "Schüler experimentieren" des Apians spielt derlei eh keine Rolle. "Es wird schon in den Grundschulen viel im MINT-Bereich gemacht. Die Kinder bringen große Neugierde zu uns mit. Die greifen wir auf", erzählt Sabine Koulo. Sie sieht jedes Mal mit Freude, wie begeistert und in welch "toller Teamarbeit" die Jugend forscht. "Es ist sicher ein Bonus unserer AG, dass sie freiwillig ist." Es handle sich auch nicht um eine MINT-Klasse, wie sie einige andere Schulen eingeführt haben.

Das Apian-Gymnasium darf sich seit 2014 mit dem Prädikat "MINT-freundliche Schule" schmücken. Die von den Kultusministern geförderte Initiative "Zukunft schaffen" vergibt es alle drei Jahre neu, "wenn zehn von 14 Kriterien erfüllt sind", erklärt die Lehrerin. Das Apian ist auch heuer wieder unter den Prämierten. Kein Wunder: "Es gibt bei uns sehr viele MINT-Aktivitäten." Man denke auch an die Robotics-Gruppe, den Erfinderclub, die MINT-Kurse für die siebten bis zehnten Klassen und das von ihrem Kollegen Markus Zeller betreute Vivarium, in dem Reptilien wohnen - fast ein Wahrzeichen des Apian-Gymnasiums.

Vor zwei Wochen sind bei einem Festakt in München 76 bayerische Schulen als "MINT-freundlich" ausgezeichnet worden, davon erhielten 35 das Gütesiegel zum ersten Mal. Darüber hinaus wurden (eine Premiere) 20 Schulen zusätzlich als "Digitale Schule" zertifiziert, unter ihnen die Tilly-Realschule und die Wirtschaftsschule (siehe den eigenen Artikel).

Die AG von Sabine Kuolo verfolgt wie viele MINT-Projekte auch einen pädagogischen Ansatz. Nach einer kleinen Gerätekunde (hier lernen die Kinder Pipetten, Trichter, Reagenzgläser und andere Werkzeuge des Chemikers kennen), üben sie den Umgang mit Substanzen samt deren korrekter Entsorgung. "Schwermetalle wie in einer Kupferlösung darf man natürlich nicht ins Waschbecken schütten." In Experimenten mit zuckerhaltigen Kaugummis und Hefe erklärt die Lehrerin anschaulich das Phänomen der alkoholischen Gärung. Sie führt damit auch in aller Deutlichkeit vor, "dass Alkohol ein Zellgift ist". Diese Erkenntnis sollte man Kindern "so früh wie möglich vermitteln", betont sie.

Eines ist noch zu erwähnen: Sprudelnde Badezusätze gibt es auch im Handel. Dort heißen sie offiziell Badebomben. Oder etwas friedlicher Badekugeln. Die kleinen Laboranten im Apian müssen also nicht befürchten, dass während ihrer Experimente mal die Polizei vor dem Chemiesaal steht.

Versuchsanleitung

Hier die Anleitung zur Herstellung von Badebomben (Badekugeln), aufgeschrieben von Sabine Koulo, Chemie- und Biologielehrerin am Apian-Gymnasium: „Man vermischt 20 g Zitronensäure mit 40 g Natron, gibt einige Tropfen Aromastoff wie zum Beispiel Lavendelöl und etwas Lebensmittelfarbstoff in Pulverform hinzu, mischt gut durch, dann rührt man noch 10 g Speisestärke und einen halben Teelöffel Milchpulver in die Mischung. Anschließend gibt man so viel Olivenöl oder Kokosöl/-fett hinzu, bis man eine stabile Badekugel formen kann, die nicht auseinanderfällt. Man kann die Masse auch in eine Herzform zum Plätzchenbacken füllen und andrücken. Immer darauf achten, dass kein Wasser in die Mischung kommt, denn sonst beginnt die chemische Reaktion schon vorzeitig! Die Kugeln kühl und trocken lagern, in eine Vorratsdose geben oder in Frischhaltefolie einwickeln, so sind sie mindestens zwei Monate haltbar.“ Die Kugeln werden auf dem Weihnachtsbasar des Apian-Gymnasiums am heutigen Donnerstag (9.30 bis 12 Uhr) verkauft. Der Erlös geht an die Kinderhilfe Afghanistan und die offene Behindertenarbeit in St. Vinzenz.