Ingolstadt
Wieder Disco ohne Paten

Das Flüchtlingsprojekt des Amadeus-Wirts läuft so gut, dass sich inzwischen alles wieder normalisiert hat

28.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:52 Uhr

Unbeirrt hat Amadeus-Wirt Martin Tomiak (hier bei einer Diskussionsrunde im Mai) nach einer Lösung für die Probleme, die es in seiner Diskothek gegeben hatte, gesucht - und kam aufs Projekt Discopaten. Arch - foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Drei Monate sind seit dem Startschuss für das Ingolstädter Discopaten-Projekt vergangen – laut Initiator Martin Tomiak hat sich seitdem viel getan. „Es läuft völlig problemlos“, sagt der Wirt der Diskothek Amadeus.

Inzwischen kommen Asylbewerber auch wieder ohne Paten in die Disco. Ein harter Kern von sechs Ingolstädtern begleite regelmäßig Asylbewerber durchs Nachtleben, dazu kämen einige, die nur sporadisch dabei seien. „Insgesamt sind es immer um die 20 Leute. Die sind gerne mit unterwegs.“ Als normaler Bürger komme man mit Flüchtlingen ja selten ins Gespräch. Das Discopaten-Projekt biete nun die Möglichkeit, in ungezwungener Atmosphäre Kontakt herzustellen. Auch für die Asylbewerber sei das Projekt hilfreich: „Die haben eine Wahnsinnsfreude“, sagt Tomiak. „Die kommen ja sonst kaum aus ihren Häusern raus.“ Auch an diesem Wochenende werden die Discopaten wieder mit Flüchtlingen unterwegs sein, ebenso wie beim Open-Flair-Festival im Klenzepark am Wochenende darauf.

Inzwischen kommen ins Amadeus auch wieder Flüchtlinge hinein, die nicht mit den Discopaten unterwegs sind. „Es hat ja keinerlei Vorfälle mehr gegeben“, sagt Tomiak. Im Frühjahr war bekanntgeworden, dass Asylbewerber nicht mehr ins Amadeus gelassen werden – weil zuvor häufiger weibliche Gäste belästigt worden waren, einmal war es sogar zu einem sexuellen Übergriff gekommen. Tomiak hatte damals beteuert, kurzfristig einfach keine andere Lösung als das Einlassverbot zu sehen. Er sah sich in sozialen Netzwerken und bundesweiten Medien zu Unrecht an den Pranger gestellt, da seine Disco eigentlich als die liberalste im ganzen Stadtgebiet gilt. Andere Diskotheken sollen Flüchtlinge von vorneherein nicht hineingelassen haben. Doch Tomiak war der Einzige, der sich zu dem Problem auch offen geäußert hatte.

Insgesamt kämen heute weniger Flüchtlinge als noch vor Monaten, sagt der Wirt. Gerade einmal zwischen 20 und 30 Asylbewerber seien an einem normalen Abend in der Disco, schätzt er.

Das könnte durchaus auch an der Umwandlung der Erstaufnahmeeinrichtungen in der Max-Immelmann-Kaserne in Oberstimm und dem Parkplatz P 3 am Audi-Sportpark in spezielle Lager für Balkan-Flüchtlinge liegen: Während die bisher dort untergebrachten Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern überwiegend junge Männer sind, dürfte es sich bei den Asylsuchenden aus dem Balkan eher um Familien handeln. Am 1. September soll die Max-Immelmann-Kaserne komplett umfunktioniert sein.

Was für Konsequenzen dieser Wechsel für die Stadt hat, sei völlig unklar, sagt der städtische Sozialreferent Wolfgang Scheuer. „Das muss sich ja alles erst einspielen.“ Sicher ist, dass auch P 3 und ein drittes geplantes Lager in der Nähe des Ingolstadt-Village in den kommenden Wochen fertig werden sollen. Zuständig für die drei Einrichtungen, die bis zu 1500 Balkan-Flüchtlinge beherbergen sollen, ist die Regierung von Oberbayern.

Doch die Stadt inklusive der von ihr koordinierten 200 ehrenamtlichen Helfer, sowie die Caritas dürften weiter gefragt sein, wenn es um die Integration der Flüchtlinge geht. Derzeit gibt es zwei Kurse, in denen Asylbewerber lernen, was hier kulturell angemessen ist. Dazu hat die Stadt einen umfangreichen Flyer herausgegeben, der auch ohne Sprachkenntnisse wichtige Informationen vermitteln soll. „Da haben wir deutschlandweit positives Feedback bekommen“, sagt Scheuer. Demnächst werde man den Flyer auch der Regierung von Oberbayern vorstellen.