Ingolstadt
Wie bringt man seinen Pfleger um?

Mörderisches Altersheim: Generationenspielgruppe des Stadttheaters steht wieder auf der Bühne

29.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:03 Uhr

Tödlicher Frust im Altersheim: Noch ohne ihre Kostüme proben die Darsteller von der Generationenspielgruppe auf der Bühne. Am Freitag wird „Mensch ärgere dich nicht“ im kleinen Haus des Stadttheaters aufgeführt - Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) Max ist das, was man umgangssprachlich einen Kotzbrocken nennt: Im Kasernenton scheucht der frustrierte Pfleger die Bewohner der Seniorenresidenz Sonnenblick zum Mittagessen, serviert zur Kaffeestunde immer denselben faden Kuchen, drangsaliert eine altersverwirrte Frau und klaut ihr obendrein die Pralinen. Als er dann auch noch der Enkelin des borstigen Ex-Offiziers August von Rottow an die Wäsche will, ist das Maß voll.

Genug ist genug, denken sich vier der greisen Heimbewohner und schmieden, mithilfe ihrer Erkenntnisse aus der klassischen Kriminalliteratur, einen mörderischen Plan, in dem Max nichts Gutes blüht.

So nimmt das Stück „Mensch ärgere dich nicht“ von Florian Battermann seinen Lauf, eine Produktion des Ingolstädter Generationenspielkclubs mit der Theaterpädagogik des Stadttheaters Ingolstadt unter der Regie von Sascha Römisch. Das Besondere an dem bunten Ensemble aus meist bühnenerfahrenen Laiendarstellern: Es ist eine generationsübergreifende Truppe, die da Theaterluft schnuppert. Denn zwei der Rollen sind auch mit jüngeren Hobbyschauspielern besetzt. Zu den älteren Darstellern gehört Wilhelm Pittroff aus Wettstetten, der den pensionierten preußischen Offizier spielt. „Zum Komödiantentum hat es mich schon immer hingezogen“, erzählt der 73-Jährige über seine Leidenschaft zur Schauspielerei, die er schon als Kind verspürte. Bei der Generationenspielgruppe ist er deshalb auch seit Anbeginn an dabei. „Die Leute sollen sehen, welche Folgen die Überforderung von Pflegepersonal in Altersheimen haben kann“, sagt er zur Botschaft des Stückes. Doch auch er selbst mache sich Gedanken darüber, wie es ihm ergehen könnte, sollte er pflegebedürftig werden. „Man muss sich wohl damit abfinden, dass man dann im Heim lebt“, meint er. Einen Pfleger wie Max wünscht er sich dann allerdings nicht.

„Das Theaterspielen ist interessant, weil ich so in verschiedene Rollen schlüpfen kann, die ich im Leben sonst nicht spielen würde. Allein der Versuch ist wunderbar“, sagt Gisela Bewig, die die verwirrte, stets singende Heimbewohnerin darstellt. Die 70-Jährige ist seit sieben Jahren bei der Gruppe und arbeitete früher unter anderem 15 Jahre in der Altenpflege, ist also vorgeprägt, was die Thematik angeht. Sollte sie selbst einmal in ein Seniorenheim kommen, würde sie versuchen, die lustige Seite daran zu sehen. Auch, weil sie erlebt hat, wie die Menschen dort abstumpfen können. „Das möchte ich für mich nicht in Anspruch nehmen“, sagt sie.

Grundvoraussetzung für die Wahl des Stückes sei gewesen, dass Inhalt und Thematik mit den Darstellern zu tun habe, sagt Spielleiter Sascha Römisch zur Entscheidung für „Mensch ärgere dich nicht“. „Ich würde nicht auf die Idee kommen, mit Jugendlichen Wallenstein zu machen“, so Römisch weiter. Man habe deshalb nach einem Stück gesucht, in dem auch Rollen für betagtere Akteure vorhanden sind. „Und es gibt nicht viele Stücke, in denen fünf ältere Herrschaften die tragenden Rollen verkörpern.“ Für den erfahrenen Theatermimen ist indes klar: Wenn das Thema die Lebenssituation der Darsteller reflektiere, dann seien Laien auf der Bühne in Phasen besser, als ein Schauspieler es je sein könne, so seine Erfahrung.

Nachdem die schwarz angehauchte Komödie bereits in der letzten Spielzeit erfolgreich vom Publikum angenommen wurde, kommt es nun zu seiner Wiederaufnahme. Das Stück wird am morgigen Freitag, 31. Oktober, und am kommenden Sonntag, 2. November, jeweils um 20 Uhr noch einmal im kleinen Haus am Turm Baur gezeigt.