Ingolstadt
Rund 200 Beschäftigte von Conti Temic treten in den Warnstreik

„Schritt zurück in frühere Zeiten“ - vor Beginn der neuen Tarifrunde

11.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:58 Uhr
Warnstreik: Vor rund 200 Beschäftigten von Conti Temic sprach gestern Claudia Mrosek (rechts) von der IG Metall. Am Montag beginnt die dritte Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie. −Foto: Michael Brandl

Ingolstadt (DK) In der bayerischen Metall- und Elektroindustrie wird am Montag wieder über mehr Gehalt verhandelt. Dann beginnt die dritte Tarifrunde. Zwei Prozent mehr Lohn und eine Einmalzahlung von 200 Euro hatten die Arbeitgeber zuletzt geboten.

Der IG Metall ist das zu wenig. Sie fordert sechs Prozent und einen individuellen Anspruch auf Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf bis zu 28 Stunden. Um diese Ziele zu untermauern, traten gestern rund 200 Beschäftigte von Conti Temic in den Warnstreik.

„Der Wirtschaft geht es so gut wie lange nicht“, sagte Claudia Mrosek, Betriebsbetreuerin der IG Metall, zu den Kollegen. „Wann gäbe es also sonst einen Grund für eine ordentliche Erhöhung“, fragte sie. Die Arbeitgeber jedoch hielten diese für „überzogen“ – für Mrosek nicht mehr als das „übliche Tarifrunden-Gejammere“. Die Unternehmen würden das Geld für die Digitalisierung und den industriellen Fortschritt benötigen, bekäme sie von Arbeitsgeberseite zu hören. „In Wirklichkeit werfen sie das Geld ihren Aktionären in den Rachen“, sagte sie und erntete dafür kräftigen Zuspruch aus den zuvor ausgegebenen Trillerpfeifen. Das vorliegende Angebot finde sie erbärmlich und unverschämt, so Mrosek.

Auch in Manching streikten Beschäftigte von Airbus in Manching - Sie fordern sechs Prozent mehr Lohn.  

Sie trat statt dessen entschieden für eine Verkürzung der Arbeitszeit – bei vollem Rückkehrrecht – von bis zu einem Tag in der Woche ein, wenn die Lebenssituation der Arbeitnehmer diese erfordere. Dem Argument aus der Wirtschaft, dies würde nicht in eine moderne Arbeitswelt passen und den Fachkräftemangel fördern, erteilte sie eine Absage. „Verträge mit bis zu 42 Arbeitsstunden sind ein Schritt zurück in frühere Zeiten und nicht in eine moderne Arbeitswelt“, sagte sie. Dabei erlebten die Beschäftigen ohnehin „seit Jahren eine Arbeitsverdichtung mit unbezahlten Überstunden und Wochenendarbeit“, so die Gewerkschafterin. Mrosek appellierte an die Conti Temic-Geschäftsleitung: „Wer Fachkräfte will, muss etwas dafür tun. Eine Erhöhung der Arbeitszeit ist sicher nicht das richtige Mittel.“ Stattdessen schlug sie mehr Ausbildung und Weiterbildung vor.

Zuvor sagte Sepp Bäuml, VK-Leiter bei Conti Temic, dass laut einer Umfrage viele Kollegen die Arbeitszeit gerne verkürzen würden. Er kritisierte die einseitige Auslegung von Arbeitszeitflexibilität zu Gunsten der Unternehmen und warf ihnen vor, sie wollten sich aus ihrer „gesellschaftlichen Verantwortung heraus schleichen“. Oft müssten beide Elternteile arbeiten, aber von beiden würde Flexibilität nur im Sinne der Unternehmen verlangt. Es könne nicht sein, dass darüber nur die Arbeitgeber entscheiden, so Bäuml.