Ingolstadt
"Das wird unser Tag"

Audi-Metaller legen am Freitag ab 6 Uhr beim Warnstreik für 24 Stunden das Werk lahm

31.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:52 Uhr

Aktionsplan: Die vier eingekreisten Tore des Audi-Stammwerks sowie das Bildungszentrum (größerer Kreis) sind die Treffpunkte für die Streikenden am Freitag.

Ingolstadt (DK) Es hatte sich nach dem Abbruch der Tarifverhandlungen seit dem Wochenende angedeutet, seit Mittwoch ist es nun Fakt: Die IG Metall legt bei einem Warnstreik am Freitag einen ganz Tag lang das Stammwerk von Autobauer Audi lahm. Einige Teilnehmer wollten gar nicht mehr so lange warten.

Auch ein Arbeitskampf ist streng formalen Kriterien unterworfen. Dazu gehört die gewerkschaftliche Mitgliederbefragung, ob es erstmals einen ganztägigen Ausstand geben sollte. Das Ergebnis, das am Mittwoch gegen 13 Uhr aus dem Audi-Gelände drang, war dann keine Überraschung: große Zustimmung! "Tolles Votum! Tolles Ergebnis!", sagt Streikleiter Jörg Schlagbauer zwei Stunden später, als sich um 15 Uhr das Gremium der Streikleitung in den Räumen des Audi-Betriebsrats trifft. Um ihn herum sitzen mehr als ein Dutzend Vertrauensleute der Gewerkschaft beim Autobauer, die von den Abstimmungen aus ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich berichten. Ob in Presswerk, Montage, Rohbau, bei den Angestellten oder auch in der Technischen Entwicklung: gewaltige Mehrheiten für den 24-Stunden-Warnstreik, der ab morgen um 6 Uhr laufen wird. Es habe zwar auch einige kritische Botschaften oder Enthaltungen gegeben. "Aber die konnten wir im Gespräch klären", hieß es in der Runde.

Viele Räume seien bei den Abstimmungen bis zur Belastungsgrenze gefüllt gewesen. "Die Kollegen sind heiß!", heißt es aus der Montage, dem größten Bereich. Aus der Produktionsstätte Münchsmünster, die auch zum Ingolstädter Werk gezählt wird, berichtet der Vertrauensmann: "Ich kenne bis auf den Leiter keine, der dort am Freitag arbeiten möchte!" Die Audianer dort sagten: "Das wird unser Tag!" Im "Karobau" ist die Begeisterung mindestens genauso groß: "Ich musste die Leute fast zurückhalten, dass die nicht gleich nach draußen ans Tor rumpeln."

Am Freitag ab 6 Uhr dürfen und sollen sie aus Gewerkschaftssicht. Mehr als 30 000 Audianer erwartet die Streikleitung über den Tag verteilt. "Wir werden jedes Tor und jedes Drehkreuz besetzen!", kündigt Schlagbauer an. Und die Metaller bei Audi werden nicht alleine stehen. Die Solidarität sei gewaltig, ergänzt Johann Horn, der Erste Bevollmächtigte der Ingolstädter IGM: Es gebe Unterstützungsgrüße aus Györ und aus Italien. Aus der Region sowieso. Metaller von Airbus, Conti Temic, Schaeffler und anderen hätten sich angemeldet. Zudem gehen im GVZ die Beschäftigten von Imperial und Scherm (Horn: "gigantische Zustimmung dort") in den 24-stündigen Ausstand, riegeln den Betrieb ab und schließen sich der Audi-Kundgebung an. "Die IG Metall steht! Da haben sich die Arbeitgeber verschätzt!", so der Bevollmächtigte.

Ab 6 Uhr werden Hauptstreikposten an vier großen Toren (2, 7, 9 und 10) an allen Enden des Werks eingerichtet. Um 11 Uhr ist die Hauptkundgebung in einem großen Zelt an der Ettinger Straße geplant. Redner sind neben Schlagbauer, Horn, dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Peter Mosch, auch von der IGM der Bezirkschef Jürgen Wechsel sowie Bundesvorstandsmitglied Jürgen Kerner.

Der logistische Aufwand ist groß, die Vorbereitung läuft tatsächlich schon seit dem Wochenende. In ihrer Freizeit entwarfen und gestalteten zum Beispiel die rund 150 Auszubildenden- und Jugendvertreter bei Audi "für alle Bereiche sehr kreative Transparente", berichtet der Vorsitzende Marco Kunz. Da gingen mehrere Abende dafür drauf. "Die Jugend ist heiß auf die Themen und die Unterstützung des Streiks", sagt Kunz. Man werde auch "die gute Seele" des Ausstands sein und sich um das leibliche Wohl kümmern. Die Jugend verteilt Glühwein an die Streikposten.

Denn es soll ein kalter Tag werden. Das ist auch Johann Froschmeier bewusst, der in der Streikleitung den Posten des technischen Hauptverantwortlichen hat. Er ist prädestiniert für den Job: Der Manchinger Marktgemeinderat ist seit einem Jahrzehnt ein Mitorganisator des Barthelmarkts. "Ich besorge alles, damit die Leute glücklich sind." Feuertonnen, Heizpilze, Toiletten, Catering, Lichtmasten, Stromaggregate und Hunderte Meter Kabel sind nur einige von Froschmeiers Aufgaben für den Streik. "Es werden bei Weitem mehr kommen, als wir uns zu hoffen getraut haben", sagt er. Wie für ihn gilt auch für viele anderen: Sie stempeln heute Nachmittag aus der Arbeit aus. Und dann geht die Arbeit erst richtig los.