Ingolstadt
Waffenschau am Richtertisch

Im Samuraischwert-Prozess geht es nun um die Tatwerkzeuge und die erlittenen Verletzungen

12.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:12 Uhr

Lediglich als Muster dienen dem Gericht bei seinen Ermittlungen diese über den Prozessakten gelagerten Baseballschläger. Die beim Überfall angeblich verwendeten Schläger sind nämlich verschwunden.

Ingolstadt (DK) Wie ist der Kampf zwischen drei Männern mit Samuraischwert und Baseballschlägern in der Wohnung eines Manchinger Dealers im Februar 2015 abgelaufen? Im großen Verhandlungssaal des Landgerichts wurde zur Klärung dieser Frage am Freitag nochmals eine kleine Waffenschau geboten.

Um es vorwegzunehmen: Auch der Biomechaniker Jiri Adamec vom Institut für Rechtsmedizin an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), häufig am Landgericht gesehener Sachverständiger, kann aufgrund der Spurenlage am Tatort keinen eindeutigen Hergang jenes Überfalls mehr nachzeichnen, der die 5. Strafkammer nun schon seit Wochen beschäftigt.

Das damalige Opfer, das die beiden Räuber mit dem Schwert verletzt und so in die Flucht geschlagen hatte, war bei der Spurenbeseitigung nämlich recht eifrig gewesen. Schließlich hatte der junge Mann ja auch fünf Tage Zeit gehabt, bis ihm die Polizei aufgrund ihrer nur allmählich errungenen Ermittlungsfortschritte auf den Pelz gerückt war.

Bis dahin hatte er die offenbar von den Tätern mitgebrachten Baseballschläger und auch sein Schwert bereits entsorgt. Die Schläger sind im Gegensatz zu der Dekorationswaffe bis heute nicht wieder aufgetaucht. Blutflecke in der Wohnung wurden entweder weggewischt oder mit Wandfarbe übermalt. Dennoch wurden einige DNA-Spuren gesichert, die aber eben nur ein ausschnittartiges Bild ergeben, sodass die Strafkammer im Wesentlichen auf die teils widersprüchlichen Aussagen der Beteiligten angewiesen ist.

Woran der Sachverständige keinen Zweifel ließ, ist die Gefährlichkeit des Schwertes. Auch wenn es sich nur um eine Nachbildung zu Dekorationszwecken handelt, so ist es doch durchaus schwer und mit einer relativ scharfen Klinge versehen. Er habe damit bei einem Versuch auf Anhieb einen Papierstoß von 30 Blatt durchstoßen, erklärte der LMU-Experte und machte damit klar, dass die Waffe am und im Körper eines Gegners sehr schnell böse Verletzungen hervorrufen kann. Die beiden Räuber hatten dass schmerzlich erfahren müssen: Einer hatte unter anderem einen im Prinzip lebensgefährlichen Stich in die Leber erhalten. Durch die Verletzung und bei der anschließenden Notoperation im Ingolstädter Klinikum hatte er rund drei Liter Blut verloren und deshalb auch einen schweren Schock erlitten, der ihn mehrere Tage ins Koma zwang.

Die LMU-Rechtsmedizinerin Christina Grove schilderte der Kammer am Freitag im Detail die Stich- und Schnittverletzungen der beiden Männer, die jetzt mit zwei mutmaßlichen Komplizen auf der Anklagebank sitzen. Der zweite Räuber war demnach mit einer (grundsätzlich auch heftigen) Schnittverletzung an einer Hand und einem nur leichten Stich in den Bauch etwas glimpflicher davongekommen.

Die von den beiden mutmaßlichen Haupttätern mitgebrachten Baseballschläger sollen Gutachter Ademec zufolge aber auch nicht "ohne" gewesen sein: Solche Sportgeräte seien prinzipiell für massive Schläge ausgelegt und könnten deshalb ebenfalls gefährliche Verletzungen hervorrufen, hieß es nicht völlig überraschend. Dass der überfallene Dealer nach einem angeblichen Schlag auf den Kopf nur eine Beule davongetragen hatte (dafür gibt es mehrere Zeugenaussagen), war also womöglich nur glücklichen Umständen zuzuschreiben gewesen.

Die Strafkammer hatte sich am Freitagmorgen zunächst nochmals sehr ausführlich mit einem Zeugen aus der Geisenfelder Drogenszene beschäftigt, der bereits an zwei vorausgegangenen Verhandlungstagen vernommen worden war. Seine Aussagen waren aber zunächst so spärlich und widersprüchlich gewesen, dass ihn Staatsanwalt Jürgen Staudt in der Nacht zum Freitag kurzerhand vorübergehend festnehmen ließ.

Nach den Besinnungsstunden in der Arrestzelle wirkte der 30-Jährige dann morgens im Zeugenstuhl regelrecht geläutert. Bereitwillig erzählte er von einem Treffen mit zwei der Angeklagten rund eine Woche vor dem Manchinger Überfall, bei dem er angeblich von den beiden anderen Geisenfeldern für die Aktion angeworben werden sollte. Er habe aber sofort abgelehnt. Als Rädelsführer hatte der Zeuge seinerzeit jenen 32-jährigen Angeklagten gesehen, der später dann so schwer verletzt worden war. - Der Prozess soll am nächsten Freitag fortgesetzt werden.