Ingolstadt
"Viele fühlen sich alleingelassen"

Heute wird der Verein "Autismushilfe Region 10" gegründet – Vernetzung und Aufklärung im Mittelpunkt

23.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:31 Uhr

Viel Handlungsbedarf sieht Silvia Dirsch für die Autismushilfe in der Region - Foto: Stephan

Ingolstadt (DK) Bis zu 7 von 1000 Menschen leiden an Autismus – auch in der Region. Nach der Diagnose wissen Betroffene und Angehörige oft nicht, welche Anlaufstellen ihnen zur Verfügung stehen. Heute soll der Verein „Autismushilfe Region 10“ gegründet werden, um diese Lücke zu schließen.

Der Name der Autismusspektrumsstörung (ASS) – einer genetisch bedingten Entwicklungsstörung – sagt es eigentlich schon: „Es gibt so ein großes Spektrum, so eine große Bandbreite der Behinderung“, erklärt Silvia Dirsch, eine der Initiatorinnen des Vereins. „Von denjenigen mit dem Aspergersyndrom, die einen hohen IQ, aber Probleme im sozialen Leben haben, bis hin zu denjenigen, die nicht einmal sprechen oder laufen können.“ Viele Menschen seien zu wenig über die Krankheit aufgeklärt, und so komme es oft zu unangenehmen Situationen für die Betroffenen. „Wir sind doch nicht für Autisten ausgelegt“, heiße es immer wieder, wenn es beispielsweise um die Aufnahme am Kindergarten oder an der Schule geht.

Problematisch, da es in und um Ingolstadt laut Dirsch viel zu wenige Anlaufstellen für Autisten gibt. „In Hannover ist die Autismushilfe sehr ausgebaut, da geht die Betreuung von der Schule bis hin zur eigenen Wohnung“, erzählt Dirsch, die selbst ein autistisches Kind hat. Hier dagegen gebe es noch viel Handlungsbedarf. Das beginne bereits bei der Diagnostik, für die viele Eltern mit ihren Kindern in eine andere Stadt fahren müssten. „Und wenn das schon so schlecht mit der Diagnostik ist, wie sieht das dann erst mit der Therapie aus“, stellt Dirsch in den Raum. Zwar gebe es bereits viele Menschen, die sich engagieren – beispielsweise bei Caritas oder bei Regens Wagner in Hohenwart –, aber nicht immer unbedingt auf Autisten spezialisiert sind. Es fehle beispielsweise an Logopäden und Trainingsmöglichkeiten für Psychomotorik oder Sozialkompetenz.

Diese Probleme sind in den vergangenen Jahren in den beiden Autismus-Selbsthilfegruppen in Ingolstadt und Neuburg zusammengetragen worden. „Wir haben eben festgestellt, dass viele sich ziemlich alleingelassen fühlen nach der Diagose“, fasst Dirsch zusammen. So wurde die Idee geboren, einen Verein zu gründen. „Die Selbsthilfegruppen sind anonym, und das soll auch so bleiben“, sagte Dirsch. Im Verein werde es eher darum gehen, die Lücke zwischen Betroffenen und denjenigen, die Autismushilfe bereits anbieten, zu schließen, zu vernetzen, über die Behinderung aufzuklären und die Hilfsangebote zu erweitern. „Als Verein kann man nämlich ganz anders auftreten“, erklärt Dirsch. Die Leistungsfähigkeit dieser Gruppe sei schon allein davon abhängig, wie viel Geld ihr zur Verfügung stehe – und über einen Verein dürfen beispielsweise Spenden und Zuschüsse gesammelt werden.

Silvia Dirsch und ihre Mitstreiterinnen – Teresa Bergmoser, Tanja Habermaier und Bärbel Heiland – haben bereits einige Pläne. Sie wollen unter anderem Möglichkeiten zum Sozialtraining ausbauen, Vorträge organisieren, Wochenenden für Geschwisterkinder organisieren und Aufklärungsarbeit an den Schulen leisten. „Ich träume von einer Praktikumsbörse für Autisten“, sagt Dirsch. „Das Wichtigste ist es aber ganz einfach, die bestehenden Grenzen und Schranken abzubauen.“

Die Gründung des Vereins „Autismushilfe Region 10“ ist am heutigen Dienstag um 18.30 Uhr im Diagonal, Kreuzstraße 12, in Ingolstadt. OB Christian Lösel wird einige einführende Worte sprechen.