Ingolstadt
Verkehr und kein Ende

Der Stadtrat befasste sich erneut mit vielen großen Fragen – lieferte aber keine Antworten

24.02.2015 | Stand 02.12.2020, 21:37 Uhr
Ein gefürchtetes Nadelöhr: Wer von der Glacisbrücke kommend auf die Kreuzung Südliche Ringstraße/Münchener Straße zusteuert, muss sich beim Abbiegen besonders konzentrieren. Auswärtige verlieren hier schnell die Orientierung. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Fahrzeugfluten in Friedrichshofen, Marktkaufkreuzung und diverse Tunnelwünsche: Der Stadtrat befasste sich gestern mit Dauerbrennern des Verkehrsdiskurses. Neues oder gar Entscheidungen gab es aber kaum. Auch für andere Themen galt: Schön, dass wir mal wieder drüber geredet haben.

Die wirklich wichtigen Fragen darf man gern auch mal öfter aufwerfen; vor allem wenn das Fernsehen dabei ist. Bürger, die gestern dank der Internetübertragung einen ersten Eindruck vom Ingolstädter Stadtrat gewannen, erhielten immerhin eine lebendige, wenn auch mitunter arg ausführliche Zusammenfassung dessen, was auf den Ingolstädter Straßen so alles im Argen liegt. Wer sich jedoch schon länger am Verkehrsdiskurs beteiligt, bekam viel Altbekanntes geboten. Der Stadtrat bog – diskussionsphilosophisch betrachtet – in den großen Kreisverkehr ein.

Beispiel Marktkaufkreuzung. Zweifellos eine Chaoszone, „an der dringend gehandelt werden muss, weil es nicht sein kann, dass man da eine halbe Stunde steht“, wie Christoph Lauer von den Grünen betonte. Die SPD wiederholte ihren Antrag, die Kreuzung zu untertunneln, und zwar von Norden nach Süden, also nicht, wie von der Bürgergemeinschaft beantragt, in West-Ost-Richtung. SPD-Fraktionschef Achim Werner ergänzte den Antrag um die Idee, den neuen Anschluss Schneller Weg unter den dort verlaufenden Bahngleisen hindurchzuführen. „Das ist ein Plädoyer für die ganz große Lösung!“

Oberbürgermeister Christian Lösel (CSU) warf an der Stelle jedoch ein, „dass es merkwürdig ist, nach zwei Monaten noch mal in die gleiche Kerbe zu hauen“. Denn man habe doch erst vor Weihnachten über das Thema Marktkaufkreuzung diskutiert, und der Auftrag, das Projekt zu prüfen, laufe längst. „Wir diskutieren heute doch nur über das, was wir eh schon machen“, sagte Lösel. „Aber das mit den Bahngleisen ist neu!“, erwiderte Werner. Der SPD-Fraktionschef appellierte einmal mehr an die Kollegen, die Brisanz zu erkennen: „Die Zeit drängt! Wenn wir nicht bald handeln, stehen wir in fünf Jahren an der Marktkaufkreuzung wieder vor der Frage, ob wir da in den Untergrund gehen sollen.“

Zum Thema Untergrund hatte auch Anton Böhm (SPD) wieder viel beizutragen. Es ist sein großes Ziel, die Verkehrslast, die Friedrichshofen jeden Tag ertragen muss, zu reduzieren. Sein Lösungsansatz fällt allerdings in die Kategorie „sehr unkonventionell“ (diverse Kollegen konkurrierender Parteien formulierten es im Flüsterton unverblümter). Böhm schlägt vor, den Kreisverkehr, der den Verkehr von der B 13 her auf Friedrichshofen zuführt, zu entlasten und einen langen Tunnel unter den beiden Kreiseln Richtung Gaimersheim zu graben, der rechtzeitig vor dem nahen Wasserschutzgebiet an die Oberfläche führt. Als Böhm auch noch die Aufrüstung des ÖPNV mit einer Seilbahn anregte, brummte jemand aus der zweiten Reihe der CSU: „Damit wären wir dann bei zweieinhalb Milliarden Euro.“ Er wisse natürlich, „dass der Antrag nicht frei von Problematik ist“, sagte Böhm. Aber es müsse dringend etwas geschehen. Die Situation in Friedrichshofen sei unerträglich. „Wer hat eine bessere Lösung“

Die großen Dilemmata der Ingolstädter Verkehrspolitik waren an diesem langen Tag im Stadtrat einmal mehr von allen Seiten zu betrachten. Als Christoph Lauer auch noch den Grünen-Klassiker einer Stadtbahn brachte, bat Lösel mit Blick auf die Uhr inständig darum, „bei den Anträgen zu bleiben, bevor wieder alles noch einmal aufgekocht wird“. Zu diesem Zeitpunkt lief die Sitzung seit zweieinhalb Stunden, und es war der Tagesordnungspunkt 7.8 erreicht; von 30.

Bei Punkt 9 – Antrag der Freien Wähler, Voraussetzungen für eine kommunale Geschwindigkeitsüberwachung zu schaffen – streckte Fraktionschef Peter Springl gleich die Waffen, obwohl der Antrag nicht zur Abstimmung stand. „Wir müssen leider feststellen, dass es dafür keine Mehrheit gibt.“ „Leider“ deshalb, weil die FW aus vielen Bezirksausschüssen die Bitte der Bürger mitgenommen hätten, selbst festlegen zu dürfen, wo in ihrem Viertel Raser geblitzt werden, berichtete Springl. Die FW halten das für sinnvoll. Immerhin gibt es bald Hinweisschilder zur – zumindest temporären – Bekehrung von Rasern, die ganz nach dem Bürgerwillen aufgestellt werden können. „Ich bin froh, dass keine kommunale Verkehrsüberwachung kommt“, sagte Hans Süßbauer (CSU). „Denn ich habe volles Vertrauen zu unserer Verkehrspolizei, die regelmäßig die 30er-Zonen kontrolliert.“

Nach drei Stunden wurde es dann aber Zeit für Punkt 10.