Ingolstadt
Erleichterung an der Brauereiallee

CSU-Ausschusssprecher lehnt umstrittenes Bauprojekt in Oberhaunstadt ab Vorlage zurückgezogen

02.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:42 Uhr

Das Idyll am Ortsrand von Oberhaunstadt bleibt - vorerst. Der Bau zweier Mehrfamilienhäuser an der Brauereiallee wird vermutlich scheitern. Das liegt auch daran, dass die Straße nur geschottert ist. - Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Der Stadtentwicklungsausschuss sollte sich am Dienstag mit einem Bauantrag für zwei große Mehrfamilienhäuser in Oberhaunstadt befassen. Gestern kündigte CSU-Ausschusssprecher Hans Achhammer an, dem nicht zuzustimmen. Die Stadtbaurätin zog darauf ihre Vorlage zurück.

Peter Hoffart nennt Probleme gern unverblümt beim Namen. Ganz und gar unverblümt sogar. "Ich war zwölf Jahre Betriebsrat." So erklärt der Oberhaunstädter seinen temperamentvollen Diskussionsstil. Als er von den Plänen für zwei große Mehrfamilienhäuser erfuhr, die ein Bauherr ihm und seinen sechs Nachbarn vor die Tür setzen will, geriet Hoffart aber so richtig in Wallung. Elf Wohneinheiten mit Tiefgarage sollen an der Brauereiallee entstehen, die am westlichen Ortsrand parallel zur Beilngrieser Straße verläuft. Die Allee ist allerdings nur ein Fuß- und Radweg, also nicht befestigt. "Es ist doch unglaublich, zwei Monsterhäuser über einen Schotterweg erschließen zu wollen!", klagt der Anwohner. Er hält das Projekt auch in seinen Dimensionen für völlig unangemessen, fürchtet, dass die künftigen Nachbarn in den Neubauten - "drei mal zwei Ebenen, und das Ganze elf Meter hoch" - ihm von drei Seiten aus "in den Garten gaffen". Bei allem Verständnis für Leute, die dringend Wohnraum suchen - aber das gehe zu weit. "Es wird hier keinerlei Rücksicht auf die Anwohner genommen! Das tut uns richtig weh."

Hoffart wohnt in seinem Elternhaus, 1999 hat er es gründlich saniert. "Für viel Geld, weil es eine ruhige Wohnlage ist und es eine Privatsphäre gibt. Jetzt macht die Stadt daraus einen Wohnsumpf, um ihre Probleme im Wohnungsbau auf Kosten der Anwohner aller Baugebiete zu minimieren." Er hat die Bauverwaltung angeschrieben und seine Bedenken wegen der neuen Häuser an dem Radweg vorgetragen, "aber die haben mich mit Textbausteinen abgespeist!" Er hat mehrere Stadträte gebeten, sich für ihn und seine sechs ebenfalls betroffenen Nachbarn einzusetzen. Das taten Franz Hofmaier (ÖDP, ein Oberhaunstädter) und Manfred Schuhmann (SPD) auch, erzählt Hoffart, doch am Ende sei die Erkenntnis gestanden, "dass das Bauvorhaben schon so gut wie beschlossen ist".

Ist es nicht. Hans Achhammer, der CSU-Sprecher des Stadtentwicklungsausschusses, gab gestern auf DK-Nachfrage eine überraschende Wendung in der Sache Brauereiallee bekannt: "Wir werden den Vorschlag der Verwaltung nicht unterstützen." Die Begründung des CSU-Politikers: zu viele Bedenken. Achhammer ist es ein Anliegen zu betonen, "dass die Verwaltung das Projekt sehr intensiv und gewissenhaft geprüft hat". Das Baurecht auf dem Grundstück, für das es keinen Bebauungsplan gibt ("sonst wäre die Sache einfacher", sagt Achhammer) könne "abgeleistet werden". Doch man habe die Einwände gegen die Mehrfamilienhäuser sehr ernst genommen. Auch CSU-Stadtrat Robert Schidlmeier (ein Oberhaunstädter) habe ihn gebeten, sich die Sache noch mal genau anzuschauen, erzählt der Sprecher des Stadtentwicklungsausschusses. Nach Gesprächen mit dem Bauträger und Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle kam man zu dem Entschluss: nicht bauen. "Denn ich sehe da Beschwerden und Ärger auf uns zukommen", so Achhammer.

Man habe an der Brauereiallee eine besondere Situation. Achhammer teilt die Bedenken der Anlieger. "Sie ist ein unbefestigter Geh- und Radweg, über den die neuen Häuser erschlossen werden sollen, das bedeutet eine Mehrung des Verkehrs. Das können wir so nicht mittragen. Da haben wir große Bedenken." Geplant ist auch eine Tiefgarage mit mindestens 14 Stellplätzen. Das drohe wegen der Verdrängung des Grundwassers problematisch zu werden, so Achhammer. "Das trifft dann die Nachbarn." Und nicht zuletzt: Die geplanten Häuser seien mit elf Metern zu hoch.

Achhammer geht davon aus, "dass da eines Tages schon gebaut wird, das können wir nicht verhindern". Er hält es für sinnvoll, die Erschließung der Häuser über die Beilngrieser Straße ins Auge zu fassen. Aber so weit ist man noch nicht.

Gestern Nachmittag teilte Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle in einer an Peter Hoffart gerichteten E-Mail mit, dass sie ihre Sitzungsvorlage in der Sache Brauereiallee zurückziehe.

Die Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses beginnt am Diensatag, 7. Februar, um 14 Uhr im Großen Sitzungssaal des Neuen Rathauses. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem das neue Baugebiet südlich von Haunwöhr, der Bebauungsplan für den IN-Campus, der Bebauungsplan für das Gewerbegebiet Lenting Ost II, die Sanierung des Stadttheaters/Bau der Kammerspiele und der Bau einer Kita an der Gerhart-Hauptmann-Straße.

 

Äcker werden zu Grünflächen


Ingolstadt (sic) Der Streit um das Baugebiet im Grünring zwischen Haunwöhr und Hundszell geht in die nächste Runde – so wie es ausschaut, ist es die letzte. Am Dienstag befasst sich der Stadtentwicklungsausschuss mit dem Bebauung- und Grünordnungsplan. Der ist – wie berichtet – stark überarbeitet worden. Die Stadt hat weitere Flächen erworben und den Umgriff des Baugebiets (geplant sind 65 bis 85 Wohneinheiten und eine Kindertagesstätte) vergrößert. Die Bürgerinitiative für den Erhalt des zweiten Grünrings beharrt dennoch auf ihrer Ablehnung. „Wir sind nach wie vor der Meinung, dass das Baugebiet aus den bekannten ökologischen Gründen an der falschen Stelle geplant wird“, sagt die Sprecherin der Initiative, Dagmar Schreiber-Hiltl. Sie verweist auf das Gutachten des Büros Ökoplan. „Des Weiteren sind wir der Meinung, dass der zweite Grünring um die Stadt auch aus historischen Gründen erhalten bleiben soll.“

Dagmar Schreiber-Hiltl erzählt, zweimal von Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle zu einem Gespräch eingeladen worden zu sein, einmal sei Ulrike Brand, die Leiterin des Stadtplanungsamts dabei gewesen. In der Sache kam man sich jedoch nicht näher. „Es ist für uns nach wie vor nicht nachvollziehbar, warum gerade an dieser Stelle gebaut werden soll“, teilte Schreiber-Hiltl gestern in einer Erklärung mit. „Dies auch vor dem Hintergrund, dass uns noch 2013 per Mail von OB Alfred Lehmann mitgeteilt wurde, dass für diesen Bereich kein formelles Bauleitplanverfahren in Gang gesetzt werden soll, und auch keine Voruntersuchungen stattfinden.“
Es erstaune sie bis heute, dass solche Voruntersuchungen für Unsernherrn und Rothenturm beschlossen wurden und Haunwöhr zuerst aus den Planungen der Stadt herausgenommen wurde – aber dann sei ausgerechnet das Gebiet im zweiten Grünring als Erstes als Bauland ausgewiesen worden. „Und das, obwohl es in Haunwöhr seit der Bürgerversammlung in Unsernherrn zu massiven Protesten kam und immerhin im Spätherbst 2015 in kürzester Zeit über 1200 Unterschriften gesammelt wurden“, kritisiert Dagmar Schreiber-Hiltl.

Hans Achhammer, der Sprecher des Stadtentwicklungsausschusses, hat das Projekt immer entschlossen verteidigt, und das tut er um so mehr, seit der Bebauungsplan stark erweitert wurde. Die Stadt habe dafür kostbare Flächen dazugekauft. „Wir bekommen hier Ausgleichsflächen vor Ort! Das ist wirklich keine Selbstverständlichkeit“, sagt der CSU-Stadtrat. „Äcker werden zu öffentlich zugänglichen Grünflächen. Und zwar auf 1,14 Hektar.“ Achhammer hat es ausgerechnet: „Das sind 30 Prozent des Baugebiets.“ Bei allem Verständnis für die Anlieger: „Wir brauchen Bauland. Unbedingt!“, sagt Achhammer. „Denn wir Politiker stehen in der Gesamtverantwortung für unsere Stadt.“