Ingolstadt
Lasst uns ein Auto teilen: Mit CARTHI besser ankommen

02.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:52 Uhr

Ingolstadt (sic) Anna steht vor einer Reise ins Ungewisse: Sie muss nach Gaimersheim. Die Studentin spricht den Namen der reichen Gemeinde im südlichen Landkreis Eichstätt mit leicht befremdetem Unterton aus - fast so, als läge ihr Ziel jenseits des Urals. Sie wurde zu einem Vorstellungsgespräch dorthin eingeladen, hat jedoch ungünstigerweise kein Auto. Aber ihre Kommilitonen wissen Rat. Und geben ihn lächelnd weiter. Die zweite Szene des Präsentationsvideos des THI-Studententeams erinnert daher ein wenig an einen Werbespot: Junge, optimistische Menschen stehen zusammen, der Lösung ganz nahe: "Probier es doch mal CARTHI!"

Diese Wortkombination aus englisch car (Auto) und der Abkürzung für Technische Hochschule Ingolstadt (THI) bezeichnet ein Carsharing-Modell, das die Automotive-&-Mobility-Studierenden Ramona Hasenfratz, Tim Hoffmann, Safi Saquib, Franziska Scheffold und Denise Ulrich entwickelt haben. In der Theorie, aber mit Aussicht auf Praxistauglichkeit, wie sie darlegen. Die Idee: Studenten der THI teilen sich drei Autos; per App sind sie rasch reserviert.

Nächste Szene im Video: Die Studentin loggt sich mit dem Smartphone bei CARTHI ein. Das System versifiziert zuerst ihren Führerschein. Es stehen drei Wagen zur Auswahl: ein BMW i 3, ein Renault ZOE und ein Smart fortwo. Anna sieht, welches Auto frei ist, und wie es um den Ladestand der Batterie steht. Sie liest auch Informationen zum Zustand der Autos, die der letzte Kunde vor ihr im CARTHI-System hinterlassen hat: Sauberkeit? Geruch? Schäden? Die Bezahlung läuft per Kreditkarte über die App. 15 Minuten später sitzt Anna im Auto und startet Richtung . . . Gaimersheim. Die Fahrt kommt im Video indes nicht mehr vor, was aber wohl nur Gaimersheimer bedauern.

Nach der Filmvorführung in der THI präsentieren die Studentinnen und Studenten von Prof. Harry Wagner Zahlen und Argumente, die folgende Feststellung erlauben: Ein Carsharing-Start-up für THI-Studenten könnte ein Erfolg werden.

Die jungen Leute haben alles geprüft und durchgerechnet: rechtliche Aspekte, Finanzen, Partner, Fahrzeugflotte, Zahl der Geschäftsführer, Marktvolumen, Konkurrenz. Auch die Zielgruppe haben sie analysiert. Dort sehen sie viele potenzielle Kunden: 45 Prozent der 5470 Studierenden der THI kommen aus der Region Ingolstadt, 38 Prozent aus dem übrigen Bayern, 10 Prozent aus anderen Bundesländern, 7 Prozent aus dem Ausland. Das Carsharingteam schätzt, dass 35 Prozent das Angebot nutzen könnten. Ein gutes Argument ist der Preis: Er errechnet sich aus der Zahl der gefahrenen Kilometer, dem Wagentyp (der BMW ist natürlich teurer als der Smart) und der Zeit, die man mit dem Auto unterwegs war. So kommt - wie im Präsentationsvideo - eine Fahrt im Renault von der THI nach Gaimersheim (8,1 Kilometer einfach) bei einer Mietzeit von einer Stunde auf 9,28 Euro. Mit dem Smart wäre es nur 5,46 Euro.

"Es gibt keine Grundgebühr wie im Taxi", erklären die jungen Leute. "Studenten fahren eh kaum Taxi." Carsharing sei vor allem bei kürzeren Touren deutlich von Vorteil, weil man bei konventionellen Mietwagen in der Regel einen Tagespreis bezahlen müsse.

Carsharing wird in Zukunft eine größere Rolle spielen. Sich Autos zu teilen, davon gehen die Studenten fest aus, ist eine effektive Maßnahme gegen die Verkehrsfluten in den Großstädten. Viele Projektseminare von Prof. Wagner dienen dem Ziel, Ideen für eine möglichst ressourcenschonende Fortbewegung zu entwickeln und Anreize dafür zu schaffen. Seine Studenten haben bereits 2016 ein Sharing-Konzept für Fahrräder entwickelt (bikeIN). Auch mit CARTHI wollen die angehenden Mobility-Experten ein Zeichen setzen: "Es ist eine gute Möglichkeit, die THI als Mobilitätshochschule weiter zu fördern, und dazu beizutragen, die E-Autos in den Alltag zu integrieren. Denn E-Mobilität ist die Zukunft!"