Ingolstadt
"Das wird eine Katastrophe"

Ab Sommer 2019 wird der Busverkehr in der Innenstadt spürbar zunehmen - zum Unmut der Anwohner

18.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:03 Uhr
Übernächstes Jahr könnte es eng werden: Sollten ab 2019 noch mehr Busse als bisher durch die Innenstadt fahren, werden Fußgänger und Fahrradfahrer noch häufiger auf die Seiten ausweichen müssen, wenn zwei Busse in entgegengesetzter Richtung aneinander vorbeifahren müssen. Das kann Sepp Mißlbeck, Dritter Bürgermeister, aus seinem ehemaligen Büro beobachten. Eine bessere Alternative gibt es nicht. "Das sind Aufgaben, die heranreifen müssen", sagt Mißlbeck. −Foto: Cornelia Hammer

Ingolstadt (DK) Ab Sommer 2019 werden viel mehr Busse durch die Innenstadt fahren. Dass ist die derzeit wahrscheinlichste Variante, wenn die Arbeiten an der Rossmühlstraße beginnen und mehrere Buslinien Ausweichrouten wählen müssen. Die Nachricht sorgt in der Stadt nicht gerade für Freude.

"Das wird eine Katastrophe", sagt Stephan Kurzeder, Inhaber der Stadtapotheke Am Stein. Schon wenn die Busse von der Harderstraße kommend in den verengten Bereich Am Stein hereinfahren würden, werde es zu Problemen kommen, ist sich Kurzeder sicher. "Wir werden nur noch stehende Busse haben." Des Weiteren fürchte er noch mehr Feinstaub und ein größeres Gefahrenpotenzial für ältere Menschen. Trotzdem verstehe er, dass eine Lösung gefunden werden müsse.

Die Trasse zwischen Neuem Schloss und Gießereigelände soll im übernächsten Jahr umgebaut werden. Dadurch können Busse nicht mehr über die Rossmühlstraße fahren und müssen eine andere Route nehmen (wir berichteten). Die INVG erarbeitete mehrere Varianten und entschied sich letzten Endes für die Nord-Süd-Achse durch die Innenstadt. Das sei eine "politisch schwierige" Lösung, wie INVG-Geschäftsstellenleiter Hans-Jürgen Binner erklärte, aber wohl immer noch die gangbarste.

Die Umleitung ist aber nicht für jeden Gewerbetreibenden eine Hiobsbotschaft. Ein Angestellter vom Bekleidungsgeschäft Ertl sieht es eher gelassen: "Grund für einen Protest ist es jetzt nicht. Wir sehen ja eh die ganzen Busse immer fahren." Deshalb betrachte er das nicht so kritisch.

Alfons Perzl, Pächter des Schnellrestaurants Nordsee, sind die Busse hingegen schon lange ein Dorn im Auge. Lieber wäre ihm, wenn dort keine Busse fahren würden. Dann könne er im Sommer auch draußen Tische aufstellen. "Wie viele Busse dann fahren, ist fast schon egal", meint er. Wenn der Busverkehr aber tatsächlich so stark zunehmen werde, dann sei das für die Fußgänger gefährlich. "Dann können die Leute ja kaum noch die Straße wechseln."

Helmut Schmid, Betreiber der Hair&Beauty Galerie, äußert sich sehr pessimistisch über die Zeit in anderthalb Jahren, wenn deutlich mehr Busverkehr droht. Das hat aber weniger mit den Bussen, als mit den Geschäften in der City zu tun. "Bis dahin ist die Innenstadt eh tot", meint er. Ob es da jetzt 750 oder 1000 Busfahrten durch die Stadt gebe, mache da auch keinen Unterschied mehr. Wie das Verkehrskonzept tatsächlich am Ende funktionieren solle, frage er sich aber auch. Wenn noch die Zulieferer, Radlfahrer und Fußgänger auf der Straße sind, könne das durchaus zu Problemen führen. Und dann gebe es ja noch viele Ältere wegen der vielen Arztpraxen in der Innenstadt.

Die Nord-Süd-Achse für den Busverkehr wurde in Ingolstadt immer wieder heiß diskutiert. Im Jahr 2000 berichtete der DONAUKURIER: Die Busfrequenz in der Moritzstraße hatte immer mehr zugenommen, etwa 1000 INVG-Fahrzeuge quälten sich täglich durch Am Stein und die Moritzstraße zum Rathausplatz. Schon zwei Jahre vorher, im Jahr 1998, hatte die INVG die Routen mehrerer Buslinien ändern wollen, um den Verkehr in der Innenstadt zu entlasten. Dies war damals nicht möglich, da - ironischerweise - die Rossmühlstraße zur Erschließung des Gießereigeländes umgebaut werden musste. Im Millenniumsjahr kam dann die weitgehende Sperrung der Nord-Süd-Achse. Nur noch die Linien 10 und 11 durften durch die Innenstadt. Im Jahr 2010 gab es einen Stadtratsbeschluss, der festlegte, dass samstags keine Busse mehr durch die Innenstadt fahren sollten. So ist es bis heute.

Sepp Mißlbeck, Dritter Bürgermeister, sieht die aktuellen Pläne eher pragmatisch: "Es ist keine Lösung, die stadtgerecht ist. Aber es ist sicher die bequemste Lösung." Er sei aber auch noch aus seinen Zeiten bei den Unabhängigen Wählern geprägt. Die Losung damals: "Im Altstadtverkehr hat ein Bus nichts zu suchen." Doch die Nord-Süd-Achse müsse man akzeptieren. "Manche Ingolstädter haben sich mittlerweile daran gewöhnt", so Mißlbeck. Jetzt sei es abzuwarten, wie sich das Ganze verkehrstechnisch auswirkt. "Lassen wir es auf uns zukommen."