Ingolstadt
Stolperfalle Stahlkante

Die Musterfläche zur Neugestaltung am westlichen Ende der Fußgängerzone weist einige Schwächen auf

05.06.2017 | Stand 02.12.2020, 18:00 Uhr
In der Theresienstraße liegen Muster für das neue Pflaster aus, das in der Fußgängerzone verlegt werden soll. −Foto: Johannes Hauser

Ingolstadt (DK) Auf einer kleinen Musterfläche in der Theresienstraße können die Pflastervarianten für die Neugestaltung sowie die möglichen Leitsysteme für Sehbehinderte angeschaut werden. Die meisten Passanten wissen das aber nicht, weil ein Hinweis fehlt.

So wie Christian Spreng geht es vermutlich vielen Ingolstädtern, die an der abgesperrten Musterfläche am westlichen Ende der Fußgängerzone vorbeigehen. "Ich hab' da noch nie reingeschaut", räumt er freimütig ein. Nur die Absperrung hat er gesehen und an eine Baustelle gedacht. Dabei gefällt ihm - wie den meisten anderen Betrachtern - das leicht gelbliche Pflaster gar nicht schlecht. Dabei handelt es sich um Granit aus Flossenbürg, wie er auch auf der Audi-Piazza verlegt wurde. Die Alternative ist der graue Nammeringer Granit, der auch den Rathausplatz bedeckt.

Auch Josef Jaumann wagt einen kurzen Gang über die Musterfläche und stößt sofort auf eine Schwierigkeit: Er bleibt mit seinem Rollator an der rund 1,5 Zentimeter hohen Stahlkante hängen. "Der Wagen kippt und ich flieg hint' nach", sagt er: "Da muss man g'scheid aufpassen." Die Kante kann von Blinden und Sehbehinderten zum Tasten verwendet werden und dient gleichzeitig als Entwässerung. Sie wurde nach Angaben der Stadt bereits mit Vertretern von Behinderten- und Blindenverbänden getestet und sei auf durchweg positive Rückmeldungen gestoßen. Jaumann bleibt skeptisch. "Das schaut schön aus", sagt der 85-jährige Schanzer, "aber in der Praxis ist es dann doch anders." Außerdem fürchtet er, dass eh "alles für die Katz' ist", wenn die Lieferwagen darüber fahren.

Auch Thomas Mehner ist gegen die Stahlkante. "Als Radfahrer kriegt man Probleme, wenn man längs dazu fährt." Er ist passionierter Radler und kennt etliche solcher kritischen Kanten in Ingolstadt, wo man leicht stürzen kann. "Das ist mir selber schon mal passiert." Auch Fußgänger, so seine Befürchtung, könnten ins Stolpern kommen. Er plädiert daher für die andere Variante, eingefräste Linien am Boden, wie sie etwa schon am Nordbahnhof zu finden sind. Nach Angaben der Stadt ist dieses System bereits erprobt, jedoch deutlich teurer. Die Stahlkante wurde dagegen noch nirgends eingebaut.

Die stört einen Rollstuhlfahrer und seinen Begleiter dagegen nicht: "Mit den großen Rädern ist das kein Problem." Sie haben Schwierigkeiten mit dem Straßenablauf, diesem eisernen Gitter im Boden. "Mit schmalen Rädern bleibt man hängen, wenn man die Rinne überquert. Die Schlitze müssten deswegen längs in der Rinne verlaufen."

Hermann Friedrichs hat im Jahr 1999 sein letztes großes Projekt für Audi absolviert, die Piazza. Und deshalb ist er ziemlich skeptisch, was die neue Pflasterung angeht. "Die Stadt hat vermutlich nicht die Möglichkeit, das Pflaster zu pflegen", sagt er. Denn auch der härteste Stein muss immer wieder gereinigt werden. Auch auf der Audi-Piazza ist Flossenbürger Granit verlegt, und auch diese große Fläche wird stark durch Fahrzeuge belastet. Wie Friedrichs berichtet, gibt es bei Audi einen Mitarbeiter, dessen Aufgabe die Pflege des Areals ist. Er empfiehlt der Stadt, auch bei anderen Städten nachzufragen. Mehr noch als das derzeitige Pflaster stören ihn die hässlichen, mit Zeitungen zugeklebten Schaufenster leerstehender Geschäfte in der Fußgängerzone.

Die meisten Passanten vermissen ein Hinweisschild, was denn eigentlich die Musterfläche eigentlich soll und was darauf zu sehen ist. Auf überwiegende Zustimmung stieß dagegen die im Boden eingelassene, bronzefarbene Intarsie, die auf das 1698 erbaute benachbarte Professorenhaus hinweist.

Wer mit der Stadt über die Musterfläche diskutieren will, hat am Dienstag, 20. Juni, die Gelegenheit dazu. Um 19.30 Uhr werden Vertreter des Baureferats die verschiedenen Varianten erläutern. Anschließend besteht die Möglichkeit, mit OB Christian Lösel über die Neugestaltung der Fußgängerzone zu diskutieren.