Ingolstadt
Nächster Halt: In einer richtigen Stadt

Ingolstadt ist offenbar zu unbedeutend, um von der neuen ICE-Trasse nach Berlin deutlich zu profitieren

15.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:12 Uhr

Er rauscht vorbei: ein ICE im Ingolstädter Hauptbahnhof. Die Sprinter auf der neuen ICE-Trasse Nürnberg-Berlin werden hier auch nicht halten. ‹ŒArch - foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Die neue ICE-Trasse zwischen Nürnberg und Berlin verkürzt die Fahrzeit erheblich, aber in Ingolstadt werden keine "Sprinter" halten. Die Stadt bekommt hier zu spüren, dass sie eben keine Metropole ist. Am Dienstag beschäftigte sich der Stadtentwicklungsausschuss mit dem ICE-Problem.

Noch müssen Hauptstadtreisende aus dem Süden über eine weite Strecke in Regionalbahngeschwindigkeit dahinzuckeln: mit Tempo 120 durch den Thüringer Wald. Das wird bald Geschichte sein. Mit der neuen ICE-Trasse zwischen Nürnberg und Berlin, die mit dem nächsten Winterfahrplan im Dezember eröffnet wird, verkürzt sich die Fahrzeit ab München - auch dank Dutzender neuer Brücken und Tunnels - von fünfeinhalb auf knapp vier Stunden. Wohlgemerkt: ab München. In Ingolstadt werden die sogenannten Sprinter nicht halten.

Was die Einwohner wohl akzeptieren müssen. Denn würde ein ICE in Städten von der Größe Ingolstadts Station machen, wäre er kein Sprinter mehr - so in etwa argumentiert die Bahn. Ingolstadt ist trotz des zweitgrößten Automobilwerks Europas keine Metropolregion wie München und Nürnberg. Das kann man im Zugfahrplan anschaulich nachlesen. Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle legte auf Antrag der SPD unverblümt eine nüchterne Erkenntnis dar: "Es ist die Politik der Bahn, die Metropolen schnell zu verbinden - und zwar in Konkurrenz zum Flugzeug. Die Bahn hat den Anspruch aufgegeben, jeden aus möglichst jedem Ort schnell an sein Ziel zu bringen. Es handelt sich um einen grundlegenden Paradigmenwechsel." Die Aktiengesellschaft im Besitz des Bundes begründe das auch mit fahrplantechnischen Zwängen, so Preßlein-Lehle. Hielten mehr ICE in Ingolstadt, würden sich die Züge in den Frankfurter Raum verlangsamen. "Es ist klar, dass damit nicht alle zufrieden sind." Die Stadt Ingolstadt (hier leben fast 140.000 Menschen plus über 100.000 in den Nachbargemeinden) werde "dranbleiben, um mehr ICE-Halte zu bekommen, die kommunalen Einflussmöglichkeiten halte ich aber für gering", sagte die Stadtbaurätin. Die Ingolstädter hätten immerhin drei Mal am Tag die Möglichkeit, mit Umsteigen in Nürnberg einen Sprinter nach Berlin zu erreichen. Abfahrt: 6.24 Uhr (Fahrzeit 3 Stunden, 24 Minuten) sowie 12.04 Uhr und 18.04 Uhr (je 3 Stunden, 47 Minuten).

Das Drängen der Stadt auf bessere Zugverbindungen laufe weitgehend "über die Bundesebene", sagte OB Christian Lösel. Die Bahn sei das große Thema des Stimmkreisabgeordneten im Deutschen Bundestag, Reinhard Brandl. Peter Springl, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, ermunterte zu mehr lokalem Selbstbewusstsein. Ingolstadt sei nämlich kein Oberzentrum mehr, sondern - so wie Würzburg und Regensburg - ein Regionalzentrum. Das gelte es ebenso hervorzuheben wie die große ökonomische Bedeutung der Automobilstadt. "Wobei wir uns statt Regionalzentrum lieber die Bezeichnung Regiopole wünschen würden", fügte Lösel an. Aber daraus sei leider noch nichts geworden. Ob in einer "Regiopole" mehr ICE halten, steht allerdings dahin.