Ingolstadt
Verantwortung für eine ganze Region

Mit Roland Heß hat die Integrierte Leitstelle ein erfahrenes Eigengewächs als neuen Chef bekommen

29.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:22 Uhr

Im Notfall die 1 12: In der Integrierten Leitstelle gehen täglich Hilferufe und Feuermeldungen aus einem Gebiet mit rund einer halben Million Menschen ein. Roland Heß, hier am zentralen Leitstand, ist seit dem 1. Juli für den reibungslosen Betrieb der ILS zuständig. - Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) 100 Tage auf dem neuen Posten sind zwar noch nicht verflossen, doch die braucht Roland Heß sicher nicht, um sich einzuarbeiten: Der neue Leiter der Integrierten Leitstelle (ILS) des Rettungsdienstes kennt seinen Wirkungskreis seit vielen Jahren, war zuvor Schichtführer und Ausbildungsleiter im Hause.

Im obersten Stockwerk der Ingolstädter Hauptfeuerwache an der Dreizehnerstraße laufen die Fäden für Rettungseinsätze und Brandbekämpfung in der gesamten Region 10 zusammen. Die Disponenten, die hier an großen Kontrollpulten sitzen, zeichnen dafür verantwortlich, dass jeder Notruf aus einem Gebiet mit rund einer halben Million Einwohner, der nicht mit polizeilicher Gefahrenabwehr zu tun hat, angenommen, eingeordnet und mit der passenden Reaktion abgearbeitet wird.

Wer in Ingolstadt oder den drei umliegenden Landkreisen die 112 wählt, schlägt hier auf und löst je nach Lage einzelne oder ein ganzes Bündel von Rettungsmaßnahmen aus. Und Roland Heß muss mit seinem Stab und seinen Schichtleitern dafür sorgen, dass das zwangsläufig begrenzte Reservoir an Rettungsmitteln und Einsatzkräften einer ganzen Region möglichst effizient eingesetzt wird und dabei auch die Zusammenarbeit von Profis und Ehrenamtlichen stets funktioniert. Denn in der ILS wird nicht nur zu den hauptamtlichen Rettungskräften von BRK und Ingolstädter Berufsfeuerwehr enger Kontakt gehalten, sondern auch zu Dutzenden Freiwilligen Feuerwehren in den Kommunen, zum THW und anderen Hilfsdiensten und zu den Verwaltungskräften, die für den Zivil- und Katastrophenschutz verantwortlich sind.

Bei diesem großen Aktionsfeld und angesichts des sensiblen Themas, das schnell für jeden Menschen in einer weiten Region lebenswichtig werden kann, werden vom Chef einer Rettungsleitstelle nicht nur lange Erfahrung im Rettungswesen, sondern auch viel soziale Kompetenz und natürlich Führungsqualitäten gefordert. Wenn ein Bewerber außerdem noch fundierte Kenntnisse über seine Einsatzregion mitbringt, kommt man an ihm kaum vorbei. So gesehen ist die Besetzung der ILS-Spitze mit dem gebürtigen Ingolstädter Roland Heß zum 1. Juli wohl nur als Glücksfall zu bezeichnen.

Der 47-jährige Schanzer, aufgewachsen in Etting und heute mit der Familie (verheiratet, zwei Kinder) in Gerolfing zu Hause, kennt das Ingolstädter Rettungswesen seit seinem Eintritt in die Freiwillige Feuerwehr in frühen Jugendjahren. Die Strukturen in der Region (und natürlich auch darüber hinaus) kennt er spätestens seit 2008, als er mit dem Start der ILS dort als Mitglied der Berufsfeuerwehr einrückte. Denn die hauptamtlichen städtischen Feuerwehrkräfte sind stets über einen eigenen Disponenten in der Leitstelle mit dem gesamten Rettungsdienst verzahnt.

Erfahrungen als Rettungssanitäter hatte Heß schon früh im Zivildienst beim Roten Kreuz gesammelt. Später, nach seinem Eintritt in die Berufswehr, baute er dort den integrierten Rettungsdienst auf. Als Rettungsassistent war er 15 Jahre lang für die diesbezügliche Aus- und Weiterbildung seiner Kollegen verantwortlich, bevor er zur ILS wechselte. Dort war er vor dem jetzigen Wechsel auf den Chefsessel bereits zum Schichtleiter aufgestiegen und ebenfalls für die Ausbildung zuständig.

Dass der regionale Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung jetzt bei der Nachfolgesuche für den vormaligen ILS-Leiter Jörg Pfeifer (er hatte sich bereits im vorigen Herbst beruflich in seine Heimatregion am Bodensee verändert) unter mehreren Bewerbern auf ein Eigengewächs zurückgegriffen hat, ist auch für das gesamte Team der Leitstelle von Vorteil: Man kennt sich seit vielen Jahren und ist im Umgang eingespielt - auch wenn der Sprung aus der Mitte der Disponenten an die Spitze der gesamten Einrichtung für den neuen Chef natürlich einen deutlichen Perspektivwechsel bringt: "Bisher", sagt er, "waren meine Gedankengänge im Dienst immer darauf fixiert, wie ich einen Einsatz organisiere. Jetzt kommt eben viel Administratives hinzu."

Und: Wer führt und Entscheidungen zu treffen hat, kann es nicht mehr jedem recht machen. Roland Heß weiß, dass er auf dem neuen Posten mehr denn je im Spannungsfeld zwischen den Erfordernissen eines durch den Zweckverband politisch gezogenen Rahmens mit Budget und Personalgerüst einerseits und den Erwartungen seiner gut 30 Mitarbeiter andererseits steht.

Aus eigener Anschauung ist dem ILS-Chef klar, dass seine Leute für ihre Arbeit eher über kurz als über lang mehr Platz benötigen werden. Vor allem fehlt es an Lehrsälen für die Aus- und Weiterbildung. Dass die ILS seinerzeit in der Ingolstädter Feuerwehrzentrale untergekommen ist, hat zwar etliche organisatorische Vorteile, hat von vornherein aber auch eine gewisse Raumnot mit sich gebracht. Gut möglich, sagt Heß, dass sich die Kommunalpolitiker beizeiten wieder mit einer Erweiterung der Wache beschäftigen müssen - vielleicht ja durch eine schon einmal erwogene Aufstockung der hinteren Fahrzeughalle.