Ingolstadt
Unterstützung, die jeden erreicht

Lehrer des Katharinen-Gymnasiums entwickeln neue Methoden für stärkere individuelle Förderung

28.11.2016 | Stand 02.12.2020, 18:59 Uhr

Jahrgangsübergreifende Intensivierung am Katharinen-Gymnasium: In den Plus-Kursen (hier im Fach Deutsch) übt jeder Schüler mit Lehrerunterstützung individuell das, was für ihn gerade wichtig ist. Das Ziel: Keiner soll im Unterricht über- oder unterfordert werden. - Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Schüler stärker individuell zu fördern, ist das Ziel einer groß angelegten Fortbildungsinitiative, die jetzt anläuft. Das Katharinen-Gymnasium wurde zu einem der drei "Regionalzentren für individuelle Förderung" ernannt. Die Lehrer eignen sich engagiert neue Unterrichtsmethoden an.

Eine gesellschaftliche Bedingung, die den Lebensweg maßgeblich bestimmt, wird sich nie ändern: "Das Elternhaus entscheidet, welche Chancen ein Kind bekommt", sagt Alexander Schöner, Lehrer für Englisch und Geschichte am Katharinen-Gymnasium. Wie Väter und Mütter ihre Kinder zu Hause fördern, auf welche Schulart sie sie schicken, welche Unterstützung sie ihnen gewähren können und gewähren wollen - all das trägt erheblich zum Bildungserfolg bei; es sei denn, die elterliche Hilfe reicht nicht aus oder fehlt. "Auch deshalb ist es die Aufgabe der Schule, dass es gerechter wird", sagt Rudolf Schweiger, der Direktor des Katharinen-Gymnasiums. Schüler müssen - den Willen und Fleiß vorausgesetzt - auch dann mithalten können, wenn ihnen die Eltern in Latein oder Physik nicht mehr helfen können und Nachhilfestunden für sie zu teuer sind. Doch der Einsatz der Schulen für Chancengleichheit stößt auf problematische Entwicklungen, etwa die an den Gymnasien gestiegene Zahl von Kindern aus Migrantenfamilien mit defizitären Deutschkenntnissen. "Die Gesellschaft wird immer heterogener, und damit muss man umgehen", sagt Schweiger. Seine Schule hilft jetzt dabei, Unterrichtsstrategien zu entwickeln, um Schüler besser individuell zu fördern.

Schweiger und Schöner erklären den Hintergrund der Initiative: "Begabte Schüler können auf der Strecke bleiben, weil sie unterfordert sind und sich langweilen, aber weniger begabte Schüler langweilen sich oft genauso, weil sie frustriert sind, nicht mitkommen und abschalten." Mit neuen Lehr- und Lernmethoden sollen vor allem in Mathematik, Physik, Deutsch und den Fremdsprachen starke sowie schwächere Schüler gleichzeitig gefördert werden, ohne jemanden zu über- oder unterfordern. Diesem Ziel dient die jetzt angelaufene Bildungsinitiative. Es beteiligen sich 13 bayerische Gymnasien. Das Katharinen-Gymnasium ist eines der drei Regionalzentren für individuelle Förderung in Oberbayern-West.

Einen Weg bietet die Differenzierung nach den Interessen der Schüler. Daran kann sich die Aufgabenstellung orientieren. Schüler erhalten etwa mehr Gelegenheiten, Referate über Lieblingsthemen zu halten. Das motiviere immens. "Ich habe mal eine Stunde besucht, da hat einer auf Spanisch über Real Madrid referiert, das war richtig gut!", erzählt Schweiger. Schon jetzt können die Schüler in jahrgangsübergreifendem Wahlunterricht, sogenannten Plus-Kursen (davon gibt es am Katherl viele), den Stoff vertiefen. "Der Mathe-King geht dann zum Beispiel in einen Englischkurs, wenn er in dem Fach Bedarf hat", erklärt Schweiger.

Auch eine Differenzierung über unterschiedliche Schwierigkeitsgrade hilft der individuellen Förderung auf die Sprünge. "Da gibt es in Mathe etwa blaue Kärtchen mit eher einfachen Aufgaben, dann rote und schwarze mit schwierigeren." Die besseren Schüler steigen gleich höher ein. Je nach Leistungsstand. Die Möglichkeiten des online-basierten E-Learnings werden ebenfalls eine große Rolle spielen: "Während der eine noch Input erhält, kann der andere das Gelernte schon üben." Bei Gruppenarbeit gibt es - online - individuelles Feedback vom Lehrer. Zudem sollen Schüler die Gelegenheit erhalten, selbst Inhalte den Klassenkameraden zu erklären. Motto: "Lernen durch Lehren." Schweiger und Schöner sind vom hohen pädagogischen Nutzen gerade dieses Prinzips fest überzeugt.

Den Ansatz, gemeinsam mit Kollegen anderer Gymnasien Strategien zu erproben, hält Schöner für sehr hilfreich. "Da schaut viel mehr raus. Und es ermöglicht es, die Ergebnisse schnell in die Fläche zu multiplizieren." Bisher sei ein Lehrer, der eine Fortbildung besucht hat, sozusagen "ein Einzelkämpfer" mit seinen neuen Erkenntnissen. Jetzt werden pro Schule immer mehrere Kollegen in den neuen Unterrichtsmethoden geschult, am Katherl sind es etwa zehn.

Alexander Schöner tritt zugleich etwaigen Befürchtungen entgegen: "Der Unterricht wird nicht völlig umgekrempelt, vielmehr werden die Ressourcen anders genutzt." Vieles von dem, was den Schülern bisher frontal vermittelt werde, fächere man nun individuell auf. So entstünden Lern- und Lehrmethoden, von denen Schüler aller Leistungs- und Begabungsniveaus profitieren werden. Von drohender einseitiger Elitenförderung, versichern Schweiger und Schöner, könne also keine Rede sein.