Ingolstadt
Mißlbeck: "Wir werden natürlich beobachtet"

Mitglieder der neuen UDI-Fraktion wollen einen Verein gründen und eine Stadtratsliste aufstellen

23.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:04 Uhr

Bürgermeister Sepp Mißlbeck ist sehr zuversichtlich. - Foto: Stark

Ingolstadt (sic) An Zuspruch aus dem Volk mangelt es dem - schon etwas reiferen - Debütanten nicht. Nachdem Bürgermeister Sepp Mißlbeck (73) vor drei Wochen die Stadtratsfraktion der Freien Wähler verlassen hatte und es bekannt wurde, wie ihn seine einstigen Weggefährten zum Rücktritt bewegen wollten, fand er überall Ermutigung. "Taxifahrer haben gestoppt und mir den gezückten Daumen gezeigt", erzählte Mißlbeck am Montagabend, als er mit Gerd Werding (ebenso FW-Abtrünniger) und Dorothea Soffner (Ex-CSU) die gemeinsame neue Fraktion vorstellte.

 "Ich habe noch kein einziges negatives Wort über meinen Austritt bei den Freien Wählern gehört", obwohl er natürlich wisse, "dass einige verärgert sind." Auch Werding berichtet von viel Ermutigung und Verständnis für seine Entscheidung, die FW zu verlassen. "Mir haben sogar Alt-CSUler auf die Schulter geklopft", verriet er. Dorothea Soffner musste ebenfalls noch keine Anfeindungen ertragen - allerdings hat sie seit ihrem Rückzug aus der CSU-Fraktion nicht alle ihrer ehemaligen Parteifreundinnen und Parteifreunde wiedergesehen, so dass sie noch nicht sagen kann, wer weiter mit ihr spricht und wer nicht mehr.

Mißlbeck, Werding und Soffner nennen sich, wie berichtet, die Unabhängigen Demokraten Ingolstadts, abgekürzt UDI, Motto "aktiv - fortschrittlich - sozial". Schon in der Juni-Sitzung des Stadtrats gehen sie als Fraktion an den Start. Werding wird dann als Vorsitzender in der ersten Reihe Platz nehmen dürfen. "Ob neben Springl oder neben Lange, ist mir egal, ich habe da keinerlei Berührungsängste", sagte er. "Wir werden natürlich beobachtet", ergänzte Mißlbeck. Aber er bleibe dabei: "Unsere neue, unabhängige Fraktion ist eine große Chance!" Trotz allem, was vorgefallen ist (er trägt noch schwer daran, das ist nicht zu übersehen), versteht sich der ehrenamtliche dritte Bürgermeister "aus innerer Überzeugung weiter als Teil der Verwaltung". Die Stadtratsausschüsse, denen er vorsitzt, werde er selbstverständlich wie gewohnt (und wie es Pflicht ist) "politisch neutral leiten", da sieht Mißlbeck keinerlei Konflikte kommen.

Die drei UDI-Stadträte sind erkennbar von Aufbruchstimmung beseelt. Sie gehen den neuen, gänzlich ungeplanten Abschnitt in ihrem politischen Wirken (Werding: "Dass wir hier so zusammensitzen, war bis vor wenigen Monaten undenkbar") aber auch mit großem Respekt an. "Wir sind ja nur zu dritt", bemerkte Soffner. Das sei schon etwas ganz anderes.

Um über das Trio hinauszuwachsen, wollen die UDI einen Verein gründen; nach dem Vorbild der Freien Wähler. Die sind ein e. V., keine Partei. Das in politischen Turbulenzen entstandene UDI-Projekt soll nicht nur ein Zweckbündnis auf Zeit sein. Werding, Mißlbeck und Soffner denken auch an die Wahl 2020. "Wir wollen eine Stadtratsliste aufstellen." Interessierte gebe es schon einige. Werding will in drei Jahren, wie berichtet, nicht mehr kandidieren; er ist dann 80. Seine neue Rolle als Jung-Fraktionsvorsitzender geht er gelassen an. Mit Blick auf das Programm der UDI bemerkt er: "Wir haben kein Feld der Politik neu erfunden. Aber wir haben alle unsere Schwerpunkte und werden uns große Mühe geben, etwas zu bewegen."

Die neue Fraktion - sie wird die siebte im Stadtrat sein - hat Auswirkungen auf die Sitzverteilung in dessen Ausschüssen. Soffner wird Werdings Sitz im Kulturausschuss übernehmen. Er wechselt dafür in den Stadtentwicklungsausschuss und will zudem Mitglied des Sportausschusses werden. Im Sozialausschuss wird er bleiben. Soffner visiert den Finanz- und den Rechnungsprüfungsausschuss an - zumindest erwarten die UDI, dass es so kommt.