Ingolstadt
Traue keinem Internetgiganten

Die Mittelschüler von der Schanz lernten die Risiken der modernen Medienwelt kennen

02.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:35 Uhr

Ingolstadt (DK) Sie prägen den Alltag der jungen Menschen wie wohl nie zuvor: neue Medien. Internet, Soziale Netzwerke, Spiele, online sein rund um die Uhr – überall lauern Risiken, mitunter auch Abgründe. Deshalb organisierte die Mittelschule Auf der Schanz ein zweitägiges Projekt zum Thema Medienkompetenz.

Die vierte Unterrichtsstunde ist noch nicht vorüber, da tut sich schon ein Abgrund auf. Die Lektion zum Thema Facebook konfrontiert die Siebtklässler mit ungeahnten Erkenntnissen. Der 14-jährige Cihan sieht das Netzwerkimperium des Amerikaners Mark Zuckerberg jetzt viel kritischer. „Ich hätte nicht gedacht, dass Facebook so geldgeil ist und die Daten der User weiterverkauft. Deshalb haben die so viel Kohle!“ Er hat auch mit Schrecken erfahren, dass Fotos, die man auf Facebook stellt, in den Besitz der Firma eingehen. „Das steht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die speichern echt alles.“ Unheimliche neue Medienwelt.

Die zwölfjährige Romina hat an diesem Vormittag gelernt, „dass mein Konto bei Facebook bestehen bleibt, selbst wenn ich es lösche. Man kann seinen Account also gar nicht löschen! Auch die Fotos bleiben immer im Internet. Das war mir neu.“ Sie ärgert es, „dass ich von Facebook kontrolliert werde, weil die auf alle Daten zugreifen“. Tia (14) sieht das entspannter: „Ich bin nicht bei Facebook und glaube auch nicht, dass ich beitrete.“ Nach dieser Lehrstunde wohl erst recht nicht mehr.

Das Soziale Netzwerk ist eines von elf Themen des zweitägigen Projekts „Medienkompetenz“ an der Mittelschule Auf der Schanz. Mitarbeiter des Gesundheitsamts, zwei Richter und mehrere Lehrer des Hauses analysieren und beleuchten die Medien unserer Zeit mit Schülern aller Jahrgangsstufen, klären über Risiken auf, geben Ratschläge, wie man sich etwa vor Cybermobbing schützen kann, und spüren der manipulativen Macht der Bilder nach. Casting-Shows im Fernsehen („Coole Superstars“), die fragwürdige Vorbilder geben, Medienmissbrauch, Spiele- und Internetsucht, Onlinehandel – die Referenten arbeiten eine lange Liste zentraler Fragen ab.

„Das Thema Medienkompetenz ist sehr wichtig“, sagt Reinhard Beck, der Rektor der Mittelschule. Wegen der „dominanten Rolle der Medien im Alltag“ bestehe hoher Bildungsbedarf – und zwar bei Schülern und Eltern gleichermaßen. Eine paradox anmutende Situation. „Die Kinder brauchen die Begleitung der Eltern – sind ihnen aber oft voraus.“ Mütter und Väter müssten lernen, wo im Internet die Abgründe lauern, bevor sie ihre Kinder davor schützen können. Deshalb wurde das Projekt mit einem Themenabend für die Eltern gekrönt.

Schulamtsdirektor Hermann Haas hat in den Klassen zugeschaut. „Es ist beeindruckend, mit welchem Engagement sich die Schüler beteiligen!“ Die Medienkompetenz müsse „permanent geschult werden“. Haas freut es auch, dass die Experten von auswärts besonders große Resonanz finden. „Da lebt das, was wir in der Schule tun!“

Was bleibt an Erkenntnis? Der 14-jährige Cihan will Facebook zwar die Treue halten („Denn wenn ich meinen Account lösche, nützt es ja eh nichts, wie wir gelernt haben“), aber künftig viel vorsichtiger kommunizieren. „Ich werde mich über Facebook sicher nicht mehr mit Freunden über persönliche Sachen unterhalten.“ Er hofft sehr, dass Facebook „jetzt nicht auch noch Youtube kauft!“ Youtube gehört zu Google; das wussten die Schüler noch nicht. Sie ahnen: Die Vernetzung schreitet energisch voran, wird immer dichter. „Viele sind sich gar nicht bewusst, was Facebook alles tut“, sagt Tia. Nur gut, dass sie in der Schule mal ausführlich darüber gesprochen haben.