Ingolstadt
Tag des Deutschen Einkaufs

Nach der gestrigen Stadtratsentscheidung dürfen Innenstadtläden am 3. Oktober nachmittags öffnen

22.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:05 Uhr

Volle Einkaufstaschen sind gern gesehen: Zumindest in den nächsten beiden Jahren haben die Geschäfte in der Innenstadt vom Stadtrat die Erlaubnis bekommen, am Nationalfeiertag ihr Angebot den Kunden zu präsentieren - Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Stadtratsneuling und IN-City-Chef Thomas Deiser musste sich zwar gestern einigen Spott und manche Kritik gefallen lassen. Am Ende aber brachte er im Plenum die Mehrheit auf seine Seite: Im nächsten Jahr dürfen die Innenstadtgeschäfte erstmals am Tag der Deutschen Einheit öffnen.

Immer wenn im Ingolstädter Stadtrat die Ladenöffnungszeiten zur Debatte stehen, geht es hoch her. Gestern war es nicht anders. Nachdem Deiser im Sommer mit seinem Vorstoß für einen verkaufsoffenen Sonntag gescheitert war, startete er gestern den nächsten Versuch. „Das ist eine kleine Maßnahme der Innenstadtförderung“, setzte er zu seinem Plädoyer an. Allein in Bayern, so hatte der CSU-Mann ermittelt, gebe es 1300 verkaufsoffene Sonn- und Feiertage, im Bundesgebiet seien es sogar 15 000. Das könnten wohl nicht alles „Sklaventreiber, Gottlose und Vaterlandsverräter“ sein. „Es geht nicht um den Untergang des Abendlandes.“

Die Wortwahl des IN-City-Sprechers rief sogleich Thomas Thöne (SPD) auf den Plan. „Was Sie machen, ist Populismus pur.“ Deiser sollte sich wenigstens bemühen, die Einwände von Kirchen, Sozialverbänden und Gewerkschaften ernst zu nehmen, forderte der Sozialdemokrat, dessen Fraktionskollege Robert Bechstädt sich wunderte, dass ausgerechnet die CSU den Todestag von Franz Josef Strauß für das Einkaufen freigeben will.

Die beiden Stadträte der Bürgergemeinschaft unterstützten die Deiser-Initiative ebenso wie Karl Ettinger (FDP) und die Geschäftsfrau Brigitte Mader, die seit Kurzem für die CSU im Stadtrat sitzt. „Ich möchte dem 3. Oktober nicht die Wertschätzung nehmen“, schickte sie voraus. Aber die Innenstadthändler bräuchten eine neue Chance. Mader regte an, die Geschäftsöffnung am Feiertag (13 bis 18 Uhr) auf zwei Jahre zu befristen, um danach den Erfolg zu beurteilen.

Anders die Grünen, die – abgesehen von Henry Okorafor – nichts von der Deiser-Aktion halten. „Den Franzosen würde so etwas nicht einfallen“, führte Barbara Leininger den hohen Stellenwert eines Nationalfeiertages ins Feld. Dem Antrag des „findigen Herrn Deiser“ setzte sie den Begriff „staatstragend“ entgegen: „Der Tag ist es uns wert, ein unangetasteter Feiertag zu bleiben.“

Unterdessen sammelte Oberbürgermeister Christian Lösel per Smartphone Argumentationshilfen dafür, dass viele Länder weitaus liberaler mit ihren Feiertagen umgehen würden als die Deutschen.

Einige Kritiker nahmen genüsslich Deisers Antragsbegründung aufs Korn. Der hatte für die Geschäftsöffnung unter anderem mit dem Argument geworben, dass am 3. Oktober zehntausende Menschen nicht nur beim Herbstvolksfest zu Gast, sondern auch in Scharen in der Altstadt unterwegs seien. Doch wegen des Ladenschlussgesetzes sei die „ausreichende Versorgung der Innenstadtbesucher nicht gewährleistet“. FW-Fraktionschef Peter Springl spottete über diesen „immensen Versorgungsengpass“ mit „dürstenden und hungernden“ Volksfestbesuchern im Stadtzentrum. Franz Hofmaier (ÖDP) schloss sich mit der Bemerkung an: „Eigentlich ist das ein Ruf nach einer städtischen Suppenküche!“

Einen deutlich ernsteren Ton bekam die Debatte, nachdem sich Jürgen Siebicke (Linke) zu Wort gemeldet hatte. Der Stadtrat erinnerte an die Aussagen der Parteien vor der Kommunalwahl und an die „Allianz für den freien Sonntag“. Mit dem jetzigen Antrag würde die CSU ein Wahlversprechen brechen. Im Zusammenhang mit dem Nationalfeiertag sagte Siebicke, besonders die Union habe die deutsche Einheit immer wie eine Monstranz vor sich her getragen. Damit provozierte er den energischen Widerspruch Lösels. „Gerade Ihre Partei sollte da ganz vorsichtig sein“, attackierte er den Linken. „Ihre Vorgängerpartei war verantwortlich für die Teilung Deutschlands!“ Es sei schon ein „ganz starkes Stück“, was Siebicke von sich gegeben habe. Auch Alt-Oberbürgermeister Alfred Lehmann wurde, was sonst überhaupt nicht seine Art ist, nach dem Wortbeitrag des Linken-Stadtrats fuchsteufelswild: „Sie verwalten heute noch das Vermögen der SED!“