Ingolstadt
Streit um Fällaktion im Auwald

Vogelschützer kritisieren übermäßigen Einschlag - WAF will Donauradwanderweg sichern

06.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:06 Uhr

−Foto: Pehl, Bernhard, Ingolstadt

Ingolstadt (DK) Schwere Vorwürfe gegen den Wittelsbacher Ausgleichsfond (WAF) erheben die Vogelschützer: Durch den potenziellen Nationalpark Donauauen werde eine Schneise geschlagen. Der WAF kontert: Alle geschlagenen Eschen waren abgestorben und mussten aus Sicherheitsgründen gefällt werden.

Die Kritik ist massiv: Entlang des Donauradwanderwegs im Südwesten Ingolstadts habe der WAF einen 30 Meter breiten Streifen Auwald geschlagen, so Martin Erlwein vom Landesbund für Vogelschutz in Hilpoltstein in einer Mitteilung. Es seien alle Bäume außer dem jungen Ahorn gefällt worden, was rechtlich "gerade noch so in Ordnung" gewesen sei. Jedoch, so der Vorwurf der Vogelschützer, sei "deutlich über das Erforderliche hinaus" geschlagen worden. "Hier wird der Wald aus unserer Sicht in nicht mehr zweckmäßiger Weise mit dem Vorwand der Verkehrssicherungspflicht genutzt und potenzielle Flächen für einen künftigen Nationalpark durch die Entnahme von Funktions- und Habitatbäumen entwertet", schreibt der Landesbund.

In der Tat: Die entsprechenden Flächen sehen ziemlich verwüstet aus. Rund 200 Festmeter Holz hat der WAF entlang des Wegs abgeholzt. Für Harald Textor, Leiter der Forstdirektion Ingolstadt des WAF, ist die Sache jedoch eindeutig: "Menschenschutz geht vor Naturschutz", kontert er. Der Donauradwanderweg werde jährlich von mehr als 15 000 Radlern, Wanderern und Reitern benutzt. Daher müsse der WAF diesen hoch frequentierten Weg zu sichern. Nachdem im Sommer fast täglich Meldungen über umgestürzte Bäume und herabgefallene Äste eingegangen seien, wurde wegen der unmittelbaren Gefahr und Dringlichkeit im November mit den Fällungen begonnen.

Wie Textor betont, wurden am Donauradwanderweg ausschließlich die abgestorbenen Eschen gefällt, da diese jederzeit umfallen können. Da jedoch aufgrund der Klimaerwärmung seit einigen Jahren praktisch sämtliche Eschen im Auwald vom tödlichen Eschentriebsterben (eine Pilzerkrankung) befallen sind, fielen fast alle diese Bäume am Radwanderweg der Motorsäge zum Opfer. "Es gibt keine resistenten Eschen", betont Textor. Alle anderen Bäume dort, insbesondere der junge, nachwachsende Ahorn, wurden erhalten.

Textor wehrt sich auch gegen den Vorwurf, der WAF habe am Donauradwanderweg über das erforderliche Maß hinaus eingeschlagen. "60 oder 80 Meter wären möglich gewesen", betont er. Der Grund: Umstürzende Bäume können andere mitreißen, so dass man als Faustregel von der doppelten Baumhöhe ausgeht. Und da Eschen 30 oder gar 40 Meter hoch werden können, hätte man auf einem bis zu 80 Meter breiter Streifen am Weg Bäume fällen können. Tatsächlich lag die Breite des Einschlags bei 30 bis 40 Metern. Die geschlagene Fläche am Donauradwanderweg beträgt laut Textor weniger als 0,1 Promille der Auwaldfläche im Besitz des WAF, die zwischen Ingolstadt und Neuburg rund 1600 Hektar beträgt. Die Bäume können jetzt nur noch als Brennholz verkauft werden. Eigentlich hätten sie noch einige Jahrzehnte stehen bleiben sollen, um sie dann zu verwerten. "Wir haben Jahrzehnte investiert", sagt Textor, der den Verlust auf 30 000 bis 40 000 Euro schätzt.

Wie der Forstdirektor betont, habe er volles Verständnis dafür, dass Natur- und Vogelschützer die Rodung von Flächen kritisch sehen. Textor spricht im Zusammenhang mit der Mitteilung der Vogelschützer jedoch von "alternativen Fakten". So hat der Landesbund unter anderem kritisiert, dass eine Eiche mit einem Stammdurchmesser von 1,70 Metern und einem Alter von 250 bis 300 Jahren gefällt wurde. Laut Textor war dies die einzige Eiche am Donauradwanderweg, die umgelegt wurde. Sie hat jedoch einen Umfang von 1,70 Metern und einen Durchmesser von knapp 70 Zentimetern und ist nach ihren Jahresringen genau 132 Jahre alt. Für Verwirrung hat offenbar die Tatsache gesorgt, dass im Auwald der Wittelsbacher zwei Fällaktionen parallel stattfanden: die am Donauradwanderweg und ein weiterer, regulärer Einschlag an anderer Stelle, der alle 10 bis 15 Jahre erfolgt.

Laut Textor betreibt der WAF seit 800 Jahren nachhaltige Forstwirtschaft. Dessen Naturraummanagement wurde als vorbildlich ausgezeichnet, zertifiziert und der Auwald als FFH-Gebiet klassifiziert. Die Forstdirektion des WAF sei außerdem das älteste Mitglied im Landesbund für Vogelschutz. Und auch einen Zusammenhang mit einem eventuellen Nationalpark weist er zurück.