Ingolstadt
Stationen eines Lebens

Im Morio-Verlag Heidelberg ist eine neue Biografie über Ingolstadts bekannteste Schriftstellerin Marieluise Fleißer erschienen

23.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:23 Uhr

In ihrer Berliner Zeit sah Marieluise Fleißer so aus. Das Foto ist auch auf dem Titel der Biografie zu sehen. - Foto: oh

Ingolstadt (DK) Zugegeben: Kenner von Leben und Werk der Marieluise Fleißer (1901 bis 1974) werden in dieser vor Kurzem erschienenen Biografie in der Reihe "Stationen" wohl nur wenig Neues über die bekannteste Ingolstädter Schriftstellerin entdecken. Wer sich jedoch nur einen Überblick verschaffen will, ist mit den 72 reich illustrierten Seiten sehr gut bedient.

Denn der Autorin Lena Panzer-Selz ist es gelungen, sogar in einer "Biografie im Westentaschenformat" weit mehr als nur das Nötigste unterzubringen.

Man merkt es an vielen Stellen, dass sich die Verfasserin intensiv mit Leben und Werk der Fleißer beschäftigt hat. Sie listet nicht nur die Werke samt kurzer Inhaltsangabe auf, sondern geht auch auf die Schwierigkeiten ein, die Marieluise Fleißer bisweilen damit hatte, ihre Texte unterzubringen. Sehr interessant sind auch die Passagen über die Beziehungen zu Franz Xaver Kroetz, Alfred Kerr, Robert Musil, Gottfried Benn und anderen Schriftstellern. Immer wieder kommt die Sprache natürlich auf Bert Brecht, der ihre Stücke auf die Bühne brachte und sie nach dem Zweiten Weltkrieg sogar einlud, in die DDR überzusiedeln, sie auf der anderen Seite aber nach seinen Vorstellungen zu formen versuchte.

Lena Panzer-Selz zeichnet auch das Bild einer unsicheren Persönlichkeit, die immer wieder an ihren schriftstellerischen Fähigkeiten zweifelte, ihr eigenes frühes Werk ablehnte und sich dagegen sträubte, durch verschiedenste Lesarten ihrer Stücke beispielsweise als Feministin vereinnahmt zu werden. Marieluise Fleißer war aber auch eine zutiefst unglückliche Frau, von materiellen Nöten beherrscht, in einer unglücklichen Ehe mit Bepp Haindl gefangen, in ihrer Heimatstadt angefeindet und später auch vom schriftstellerischen Leben im Nachkriegsdeutschland zeitweise isoliert. Nur schwer verständlich bleibt ihre komplizierte Beziehung zu Hellmut Draws-Tychsen, der in der politisch rechten Ecke angesiedelt war und einen unguten Einfluss auf die Fleißer hatte. Erst spät, in den 60er- und 70er-Jahren, erlangte sie schließlich allgemeine Anerkennung und Auszeichnungen.

 

Lena Panzer-Selz: Marieluise Fleißer in Ingolstadt; Morio Verlag Heidelberg 2016; ISBN 978-3-945424-34-6; 7.95 Euro.