Ingolstadt
Sie machten den Weg frei

Im Prozess gegen die früheren Eichstätter Volksbank-Vorstände wird die Rolle der Genossenschaftsverbände beleuchtet

09.01.2013 | Stand 03.12.2020, 0:38 Uhr

Ingolstadt/Eichstätt (DK) Mit kleinen Schritten schreitet das Ingolstädter Landgericht in dem Schadensersatzprozess gegen die früheren Eichstätter Bankvorstände Peter Knust und Achim Schulz voran. Mit eiserner Geduld nehmen sich der Vorsitzende Richter Konrad Kliegl und die Prozessbeteiligten die strittigen Fragen vor, wie genau es zur Havarie der einst eigenständigen Volksbank kommen konnte.

Daraus soll sich ergeben, ob Knust (bis 2009 im Amt) und Schulz (bis 2007) mit rund zwei Millionen Euro haften müssen. So viel will die Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte in Ingolstadt sehen, die sich 2009 in einer Fusion die kranke Eichstätter Genossenschaftsschwester einverleibte.

Den Vorwurf, der im Raum steht, benennt Kliegl aber ganz klar: „Angeblich steckt hinter der Klage die Sicherungseinrichtung des BVR.“ Das ist der Bundesverband der Deutschen Volksbanken. Die Ex-Vorstände gehen sogar noch weiter: Sie deuten an, ihre Bank sei durch ein Eingreifen des Verbandes absichtlich in die Havarie gesteuert worden, um die Fusion heraufzubeschwören, gegen die sich die stolzen Eichstätter trotz ihrer Finanznot lange gewehrt hatten. Der angebliche Plan des Verbandes: den Standort der Genossenschaftsbank in einer prosperierenden Region Ingolstadt deutlich zu stärken. Das ist mit der erfolgreichen Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte nun durchaus gelungen – ob beabsichtigt oder nur aus der Not heraus geschafft.

Von einer zweifelhaften Rolle des Genossenschaftsverbandes will ein führender Mitarbeiter, der gestern dem Gericht berichtete, aber nichts wissen. Er gehörte der verbandseigenen Sicherungseinrichtung an, die sich um Sorgenkinder wie die Eichstätter Volksbank kümmert. „Solange keine Sicherungsmittel fließen, greifen wir nicht ins operative Geschäft ein“, sagte der Mitarbeiter. „Der Vorstand arbeitet weiter autonom.“ So war das auch im Jahr 2006, als die Sicherungseinrichtung „hohes Gefährdungspotenzial“ in Eichstätt erkannt hatte und auf einen Kurswechsel drängte, bei dem sie helfen wollte. Der Vorstand antwortete mit einem Programm „1280“ und ging fest von einer Rettung aus eigener Kraft aus. Das Strategiepapier reichte aber nie aus, um eine Zukunftsfähigkeit zu garantieren“, so der Mitarbeiter. Die darin selbst gesteckten Marken seien schon zu dieser Zeit längst gerissen worden. „Es ist legitim, dass ein Vorstand ein so optimistisches Papier entwickelt. Er muss sich aber auch daran messen lassen.“ Die Schieflage wurde immer massiver.

Die Eichstätter behalfen sich Ende 2006 mit dem umstrittenen Gebäudedeal, bei dem Knust und Schulz im Nachhinein eine Million Euro Schaden vorgeworfen wird: Sie verkauften mit Genehmigung des Aufsichtsrates die Hauptgeschäftsstelle in Eichstätt und mieteten sie zurück. Damit sah die Jahresbilanz 2006 gleich besser aus. Die Sicherungseinrichtung war nicht glücklich über das Geschäft, in dem „das letzte Tafelsilber“ verkauft wurde. Dabei wird ein solches Sale-and-Lease-Back-Geschäft vom Genossenschaftsverband sogar beworben, der Käufer war die Tochter VR Leasing. Richter Kliegl hakte deshalb nach: „Warnt die linke Hand vor dem, was die rechte macht? Sind die, die es beanstanden, auch die, die es empfehlen“

20 Zeugen hört das Gericht bis Ende Januar. Doch das wird nicht das Ende des Prozesses sein. Wie Kliegl andeutete, könnten strittige Punkte noch von Gutachtern zu klären sein. Deren Expertisen dürften weitere Monate brauchen. Mit einem Urteilsspruch heuer rechnet kaum jemand. Danach wird der Streit wohl in der nächsten Instanz weitergeführt werden. Anwalt Christian Beye von der Klägerseite ließ bereits Aussagen der Zeugen extra für das nächste Gericht diktieren.