Ingolstadt
Servus, Herr Ehrendirigent

Bob Ross und die Mailinger Blaskapelle legen in der Fußgängerzone einen umjubelten Auftritt hin

27.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:25 Uhr

Die Mailinger Musiker und ihr stürmischer Maestro: Bob Ross, Ehrendirigent der Kapelle, gab am Samstag in der Fußgängerzone wie immer alles. Der Hornist aus Kirkcaldy, Mitglied der Münchner Philharmoniker, pflegt die Städtepartnerschaft mit den Ingolstädtern seit 1972. Daher kamen auch viele alte Freunde zu dem bejubelten Gastspiel. - Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Er pflegt die Partnerschaft zwischen Ingolstadt und seiner Heimatstadt Kirkcaldy mit Hingabe und in schöner Harmonie: Bob Ross, Hornist der Münchner Philharmoniker und Ehrendirigent der Mailinger Kapelle. Mit ihr trat er am Samstag in der Fußgängerzone auf – wie gewohnt furios.

Die Musiker sind umzingelt. Die Menge rings um die Blaskapelle wird von Stück zu Stück dichter. Jubel und Zugabe-Rufe. Die Zuhörer wollen die Mailinger gar nicht mehr fortlassen. Und den Gastdirigenten schon zweimal nicht. Der hüpft, tanzt oder marschiert zwischen dem Publikum und der Kapelle umher, schwingt seinen Taktstock mal wie einen Tambourstab, mal, als wäre es ein Hackl. Der Maestro der Mailinger schwitzt vor Leidenschaft und haut in jeder Ansage die Pointen nur so raus. Ab und zu dirigiert er mehr die Zuhörer, die heiter mitschwingen. Aber die Musikanten spielen dermaßen gut, dass sie auch führungslos souverän den Takt halten. Große Gaudi im morgendlichen Einkaufstrubel, oder wie es junge Menschen formulieren würden: Bob Ross und die Mailinger Blaskapelle rocken die Fußgängerzone.

Ross ist einer der bekanntesten Schotten Bayerns: Hornist bei den Münchner Philharmonikern, Gründer des Ensembles „Blechschaden“ und jetzt auch noch Ehrendirigent des Musikfördervereins Mailing-Feldkirchen. Ross wurde vor 60 Jahren in der Ingolstädter Partnerstadt Kirkcaldy geboren und ist ein großer Fan der Schanz, seit er vor 42 Jahren als Austauschschüler das erste Mal hier gewesen ist. Und er kehrt regelmäßig mit Freude zurück.

Zwischen den Stücken deutet Ross auf einen offenen Instrumentenkoffer für gute Gaben. Die Mailinger fliegen in drei Wochen nach Kirkcaldy, und das Geld dient als Reisekostenzuschuss für die jüngsten Mitglieder der Kapelle. „Bitte spenden Sie!“, ruft Ross. „Denken Sie nicht so schottisch!“

Die Musiker lassen sich vom Elan ihres Ehrendirigenten mitreißen. „Der Bob bringt dermaßen viel Schwung rein, das ist einfach großartig!“, schwärmt Petra Gottschall, Posaunistin und Frau des Kapellenleiters Klaus Gottschall. Ihr Sohn Felix (11) spielt in der Kapelle das Schlagzeug. Was unterscheidet den Gastdirigenten vom Vater? Erst antwortet der Bub diplomatisch: „Der Bob ist kleiner.“ Nach einem prüfenden Blick auf den Papa fügt er verschmitzt an: „Und lustiger!“ „Aha“, sagt Klaus Gottschall und lächelt dabei.

Unter den Zuhörern sind einige alte Freunde, die sich freuen, ihren Bob wiederzusehen. Etwa Konrad Braun. Der junge Schotte sei ihm anno 72 sofort aufgefallen, erzählt er. „Der Bob war klein und hilflos.“ Aber schon damals unglaublich lustig. Also nahmen sich Braun und seine Freunde des Gasts aus der Partnerstadt an. „Wir sind fast jeden Abend im Mo gehockt und einmal auch mit meinem Käfer zum Zelten in die Schweiz gefahren.“ Schöne Erinnerungen.

Nach dem bejubelten Auftritt genießt es Ross, sich mit seinen Bekannten und den Zuhörern zu unterhalten, die fröhlich auf ihn zukommen. Jaja, die guten, alten Zeiten. „1972 war Ingolstadt noch Ingolstadt“, erzählt der Schotte. „Keine Fußgängerzone. Wild!“ Er jobbte bei einer Holzbaufirma, die pfeilgrad drei Tage später pleite ging – eine seiner Lieblingsanekdoten. Also marschierte der Schüler aus Schottland ins Rathaus und bat um eine Anschlussverwendung. „Die haben mir sofort einen Job bei der Sparkasse vermittelt. Auch da denke ich gern dran zurück.“

Seine erste bayerische Blaskapelle habe er „irgendwann in den Siebzigern auf einem Bierfest im Altmühltal dirigiert“, erzählt Ross. Aus einer Laune heraus. „Aber so schwer war das nicht, denn Dirigent ist der einzige Beruf, den man an einem Nachmittag lernen kann.“

Eines benötige man für ein gelungenes Blaskapellendirigat allerdings unbedingt, sagt Ross. „Eine Seele!“ Egal, ob eine schottische oder eine bayerische. „Aber das ist ja eh das Gleiche.“