Ingolstadt
Schock in der Asylunterkunft

Polizei geht bei Brand im ehemaligem Hotel Europa aber nicht von fremdenfeindlichem Hintergrund aus

08.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:42 Uhr

Die Ermittlungen laufen in viele Richtungen: Derzeit wird nach dem Brand in einem Zimmer der Asylunterkunft in der Haenlinstraße nur eine fremdenfeindliche Tat ausgeschlossen. Wieso beispielsweise vor dem Brand ein Fenster oberhalb des ausgebrannten Apartments eingeschlagen wurde, ist noch unklar - Foto: Reiß

Ingolstadt (DK) Gestern früh ist in einer Asylunterkunft im Nordosten Ingolstadts ein Feuer ausgebrochen, zwei Frauen und zwei Kinder erlitten dabei eine Rauchvergiftung. Wie die Kriminalpolizei mitteilte, kann ein fremdenfeindlicher Hintergrund wohl ausgeschlossen werden. Ermittelt wird gegen mehrere Bewohner.

Um 5.50 Uhr schlug die Brandmeldeanlage der Flüchtlingsunterkunft an der Haenlinstraße, in der 104 Asylbewerber untergebracht sind, Alarm. Kurze Zeit später war das Gebäude schon evakuiert. Viele der jäh aus dem Schlaf gerissenen Bewohner verfolgten draußen, wie die Berufsfeuerwehr den Brand im kleineren Gebäudeteil des ehemaligen Hotels Europa löschte. Andere, deren Apartments in der Nähe des Brandherds im Souterrain lagen, mussten mit Verdacht auf Rauchvergiftung vom Rettungsdienst ins Klinikum gebracht werden. Am Ende sollten vier tatsächlich davon betroffen sein – zwei erwachsene Frauen sowie zwei Kinder, ein und sechs Jahre alt. Die anderen Flüchtlinge, die aus Afghanistan, Pakistan, Syrien und afrikanischen Ländern kommen, fuhr die Stadt mit Bussen vorübergehend in eine Ersatzunterkunft.

Das Feuer war in einem Apartment im Souterrain der Unterkunft ausgebrochen, das Zimmer brannte komplett aus, auch die Außenfassade wurde zum Teil in Mitleidenschaft gezogen. Die Berufsfeuerwehr löschte den Brand so schnell, dass sich das Feuer nicht weiter ausbreiten konnte, sodass die meisten Zimmer auch wieder bezogen werden konnten. Nach ersten Schätzungen der Behörden liegt der Schaden bei etwa 50 000 Euro. Für einige Zeit waren die Haenlinstraße und die nahe Goethestraße stadtauswärts für den Verkehr gesperrt.

Löschschaum lag auch noch Stunden nach dem Brand vor dem ehemaligen Hotel, das inzwischen ringsherum mit Absperrband versehen war. Dahinter sicherten Polizeibeamte, beobachtet von den inzwischen zurückgekehrten Bewohnern, Spuren. Unter anderem untersuchten sie einen parkenden Porsche Panamera, dessen Heckscheibe eingeschlagen war, ebenso wie ein Fenster des Gebäudeteils, in dem es zuvor gebrannt hatte.

 

Es gebe die „vage Verdachtslage“ für einen Zusammenhang zwischen diesen Sachbeschädigungen und dem Brand, sagte Kripochef Alfred Grob, der mit einem Brandermittlerteam vor Ort war. Mehr aber auch nicht. Derzeit gehe man davon aus, dass es vor dem Brand auf dem Parkplatz zu einer Auseinandersetzung gekommen sei, in deren Verlauf der Bewohner des später ausgebrannten Zimmers die Scheibe des Autos, das wohl dem Verwalter der Unterkunft gehört, eingeschlagen habe, sagte Grob. Inzwischen weiß die Polizei, dass es sich um einen 22-Jährigen aus Syrien handelt, der die Scheibe um 2.20 Uhr eingeschmissen und dabei auch einen Besucher mit einem Messer bedroht haben soll. Laut Bericht des Polizeipräsidiums wurde der Syrer später in der Nähe des Viehmarktplatzes (beim TÜV) in Gewahrsam genommen und – offenbar wegen „psychischer Auffälligkeit“, so ein Polizeisprecher – in ein Krankenhaus gebracht.

Am Nachmittag war es für die Ermittler erstmals möglich, das völlig verräucherte Zimmer zu betreten, auch ein Gutachter des Landeskriminalamtes wurde hinzugezogen. Doch es blieb zunächst weiter unklar, wie es zu dem Brand gekommen war. „Ob fahrlässig oder vorsätzlich, das wissen wir noch nicht“, sagte Kripochef Grob am Abend. Jedenfalls gebe es keinerlei Indizien, dass es sich um eine fremdenfeindliche Aktion gehandelt habe. Das Brandbild zeige auch, dass sich das Feuer vom Zimmer aus entwickelt habe. Gegen den Syrer werde momentan nur wegen der anderen Vergehen ermittelt, nicht wegen des Brandes. „Aber er war auf jeden Fall in der Nähe“, sagte Grob. Wie offenbar mehrere Bewohner, die zu der Zeit noch wach waren.

Die anderen Bewohner der (dezentralen) Asylunterkunft, die die Stadt seit November 2013 im Auftrag der Regierung von Oberbayern betreibt, verfolgten die Ermittlungen mit Interesse, helfen konnten die meisten nicht. Er habe jemanden in der Nacht schreien gehört, sagte einer. Und dann sei offenbar eine Scheibe zerschlagen worden. Mehr habe er aber nicht wahrgenommen. Das zerbrochene Fensterglas habe er erst gesehen, als sie wegen des Feuers hinaus mussten. Auch Bicisse Lamin sagte, er wisse nicht, was passiert sei. „Ich habe geschlafen und habe Rauch gerochen, dann bin ich rausgerannt“, erzählte der Senegalese auf Englisch. Den Bewohner des Apartments kenne er auch nicht, was kein Wunder sei: „Unten sind die Syrer, die Araber“, sagte er und zeigte auf die Souterrain-Wohnung. Im Stock darüber die Afrikaner wie er. Kontakt untereinander gebe es praktisch nicht.