Ingolstadt
Sackgasse oder Weg in die Zukunft?

30.07.2010 | Stand 03.12.2020, 3:49 Uhr

Brennpunkt Schillerstraße: Die vierspurige Nord-Süd-Verbindung ist schon jetzt stark belastet. Wenn sie im Norden zur Ettinger Umgehungsstraße verlängert wird, droht eine weitere Zunahme. Auch eine Verbreiterung nördlich der Goethestraße wird wahrscheinlicher. - Foto: Herbert

Ingolstadt (DK) Der Stadtrat hat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause einige wichtige Weichen in der Verkehrspolitik gestellt. Dazu zählt der geplante Bau neuer Straßen ebenso wie die Forderung, dass die umstrittene Staatsstraße 2335 bei Wettstetten wieder in beiden Richtungen befahrbar ist.

Bereits seit April haben verschiedene Brennpunkte des Verkehrs vor allem im Nordwesten Ingolstadts immer wieder Diskussionsstoff geliefert. Die Vollversammlung brachte diese Debatte mit mehreren Abstimmungen und jeweils wechselnden Mehrheiten zu einem vorläufigen Ende.

"Wir sind auf einem guten Weg", freute sich Anton Böhm (SPD), "wir dürfen uns mal selber loben." Mit den vorgeschlagenen Projekten – etwa der zusätzlichen Brückenabfahrt vom Westpark zur Richard-Wagner-Straße, einer Verbindung von der Ochsenmühlstraße zum Klinikum und dem Anschluss des Schneller Weges an die Umgehung Etting – könne die Stadt wohl das prognostizierte Verkehrswachstum bewältigen. Böhm regte an, einen direkten Durchstich zwischen Gaimersheimer Gewerbegebiet (Caritas-Markt) und Westparkspange zu planen. Er plädierte aber auch dafür, dass sich die Stadt zum Ziel setzen sollte, den öffentlichen Nahverkehr um 50 Prozent zu steigern, wie vom Münchner Verkehrsinstitut Gevas in einer Studie berechnet.
 

"Wir tun viel für den ÖPNV in der Stadt", griff OB Alfred Lehmann das Stichwort auf, allein das elektronische Betriebsleitsystem werde fast sechs Millionen Euro kosten. Aber 50 Prozent Steigerung? 40 Prozent der Fahrgäste seien Schüler, gab der OB zu bedenken. Da müsse man die übrige Kundenzahl ja verdoppeln. "Wir sind eine Autostadt, man darf auch keine Luftschlösser bauen. Verdoppeln Sie mal die Fahrgastzahlen, da wünsche ich Ihnen viel Vergnügen."

Als erklärte Gegnerin des Weiterbaus der Gaimersheimer Nordumgehung erwies sich erneut Christel Ernst (FDP). Grundstückskäufen für die Trasse werde sie nicht zustimmen, kündigte sie an. Die Liberale sieht nach den jüngsten Verkehrsprognosen für die Staatsstraße 2335 bei Wettstetten eine "völlig andere Ausgangsposition". Die Zahlen, die eine deutlich geringere Belastung ergäben als frühere Studien, könne man "nicht einfach unter den Teppich kehren". Ohne Konsequenzen, so Ernst, seien derartige Gutachten "absolut sinnlos".

Fundamentalkritik am Kurs der Stadt kam von Fraktionschefin Petra Kleine (Grüne). "Das ist ein stockkonservativer Weg, die Verkehrsprobleme in den Griff zu kriegen", lautete ihre Analyse, "ein Umdenken hat überhaupt nicht stattgefunden." Immer wieder neue Verkehrsschneisen durch die Landschaft zu schlagen, sei "nicht mehr zeitgemäß", befand die Sprecherin der Grünen, die denn auch mit ihren beiden Stadtratskolleginnen die meisten Punkte des Antrags von Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle ablehnte.

In der nördlichen Schillerstraße, so hat Franz Hofmaier (ÖDP) beobachtet, seien Vermessungsarbeiten im Gange. Ob dies schon die Vorboten eines möglichen vierspurigen Ausbaus seien, wollte er von Baureferent Franz Pögl wissen. Der Ressortchef verneinte. Auch dass hier bisher kein Flüsterasphalt verlegt wurde, habe damit nichts zu tun. Im Gespräch mit dem DK hatte dies vor einigen Wochen aber Tiefbauamtsleiter Wolfgang Scherer noch ganz anders dargestellt. Für ihn scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis der "Flaschenhals" in der Schillerstraße beseitigt wird.