Ingolstadt
Rundumschlag auf dem Paradeplatz

Gewerkschafter Peter Hausmann gibt sich bei zentraler DGB-Veranstaltung der Region kämpferisch

03.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:21 Uhr

Marsch durch Ingolstadt: Auf dem Weg zum Paradeplatz zogen Gewerkschafter und ihre Verbündeten am Freitagmorgen auch durch die Fußgängerzone. Hauptredner war Peter Hausmann von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie. Er marschierte an vorderster Front mit (direkt hinter dem Transparent mit roter Jacke und Brille). - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Hunderte Gewerkschafter und ihre Verbündeten stoppte auch der Regen nicht: Sie versammelten sich nach einem Marsch durch die Stadt zur zentralen DGB-Maikundgebung der Region auf dem Paradeplatz. Hauptredner war Peter Hausmann von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie.

Mindestlohn, Leiharbeit, Rente mit 63, Zuwanderung und die Energiewende: Die Themen, die Hausmann, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstandes der Gewerkschaft, in seiner Rede streifte, beschäftigen die Gewerkschaften zum Teil schon sehr lange – doch manche Forderung wurde inzwischen umgesetzt: „Wir haben den Mindestlohn hinbekommen, das ist eine historische Reform“, sagte Hausmann. „Und wir haben die Rente mit 63 erreicht. Die Rente mit 67 war ja für viele ein einziges Rentenkürzungsprogramm, weil sie gar nicht durcharbeiten konnten.“ Insofern sei den Gewerkschaften zuletzt einiges gelungen. „Aber wir müssen weiter kämpfen“, rief Hausmann.

Für den Mindestlohn dürften nun nicht weitere Ausnahmen erlassen werden. Die Arbeitgeber seien schon fleißig unterwegs, sagte Hausmann. „Die kennen ja keine Scham mehr.“ Auch der Missbrauch von Leiharbeit und Werksverträgen müsse bekämpft werden, erklärte der Gewerkschafter: „Wir wollen keine zwei Welten in den Betrieben.“ Es müsse zudem mehr Mitbestimmung und Schutz für Betriebsräte und Gewerkschaften geben („Wer Betriebsräte verhindert, der handelt kriminell“). „Und das Sparen an den Verkehrswegen muss aufhören“, sagte Hausmann. Denn die Industrie und ihre Beschäftigten brauchten eine funktionierende Infrastruktur. Dazu gehöre auch die Frage der Energieversorgung: „Wir brauchen bezahlbaren Strom für die Industrie und die Arbeitnehmer.“ Das sei nur möglich durch eine Energiewende, die „vernünftig und schrittweise“ vollzogen wird. Außerdem forderte Hausmann eine Rente, die zum Überleben reicht „und ein vernünftiges Pflege- und Gesundheitssystem“. An „Pegida“ und ihre Sympathisanten gerichtet: „Wir brauchen Zuwanderung, eine Offenheit der Kulturen.“

Ganz klar warnte Hausmann auch den Gesetzgeber: „Wer Hand an das Streikrecht anlegen will, der wird sehen, dass der DGB dagegensteht.“

Johann Horn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ingolstadt, hatte zuvor erklärt, warum: Die deutschen Gewerkschaften und Betriebsräte hätten durch ihr Steuern mitgeholfen, dass nicht wie in anderen Staaten Europas Millionen arbeitslos wurden. Diese Steuerungsrolle wolle man behalten. „Die Arbeit der Zukunft gestalten wir“, sagte Horn.

Ingolstadts OB Christian Lösel sagte, derzeit laufe es in der Region gut, auch auf dem Stellen- und Ausbildungsmarkt. „Die schlechte Nachricht: Kleine und mittlere Betriebe tun sich schwer, geeignete Mitarbeiter zu finden“, sagte Lösel. Nachholbedarf gebe es besonders bei Frauen. Die Stadt müsse es schaffen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Den Mindestlohn begrüße er. „Denn es kann nicht sein, dass jemand 40 Stunden arbeitet und dann noch Hilfe beim Sozialamt beantragen muss.“

Annika Zetzl von der DGB-Jugend forderte „eine Ausbildung und eine Arbeit, von der man leben kann“. In Deutschland gebe es 250 000 junge Arbeitslose, das seien wenige im europäischen Vergleich. „Aber stellen Sie sich mal zweimal Ingolstadt vor – dann wissen Sie, dass es doch eine erheblich große Zahl ist.“