Ingolstadt
Regierung wirft Caritas raus

Flüchtlingsberatung im Rückführungszentrum nur noch bis Mai bald Platz für 2900 Asylbewerber

29.01.2016 | Stand 02.12.2020, 20:15 Uhr

Am Audi-Kreisel beim Westpark sind die Bauarbeiten für die dritte Außenstelle des Rückführungszentrums fast abgeschlossen. Ab der letzten Februarwoche können bis zu 400 Asylbewerber einziehen. - Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Spekulationen gab es schon länger, jetzt steht fest: Auf Wunsch der Regierung von Oberbayern betreut die Caritas die Bewohner des Balkanzentrums nur noch bis zum Frühjahr. Während die Regierung von einer "Umorganisation" spricht, fürchtet die Caritas um die Betreuung der Asylbewerber.

Vier Mitarbeiter waren für die Caritas-Kreisstelle Ingolstadt bislang im Rückführungszentrum tätig, zwei weitere kamen von der Caritas Pfaffenhofen. Dem Kreisstellenleiter Bernd Leitner zufolge verlassen sie ab Mitte März die Unterkunft P 3 am FCI-Stadion, ab voraussichtlich Mitte Mai auch die Max-Immelmann-Kaserne in Oberstimm. Entschieden habe das die Regierung von Oberbayern, die Unterstützung sei politisch nicht mehr gewünscht, sagt Leitner. Die Regierung erklärt auf Anfrage des DK, sie würde die Betreuung und Beratung im Rückführungszentrum umorganisieren, zurzeit fänden Gespräche statt. "Es ist grundsätzlich eine niederschwellige soziale Betreuung und Beratung vorgesehen", schreibt die Pressestelle.

Genau das bezweifelt die Caritas. Für die Asylbewerber falle die letzte Anlaufstelle weg, heißt es von Mitarbeiterseite. Man helfe den Menschen bei Gesundheitsproblemen, bei der Organisation ihrer Ausreise und beim Thema Asylrecht. Es gibt zwar Überlegungen, ob der Bayerische Flüchtlingsrat die Betreuung übernehmen könne. Dass dann täglich jemand vor Ort ist, ist allerdings unwahrscheinlich. Alternativ könnte die private Betreiberfirma des Lagers, Fair Price Hostels, selbst Betreuungsangebote schaffen. Die rechtliche Aufklärung der Asylbewerber sei damit aber nicht gegeben, heißt es bei der Caritas. Immer wieder würde trotz eines psychischen Attests abgeschoben. Caritasleiter Leitner sorgt sich außerdem, dass die Öffentlichkeit bald gar keinen Einblick mehr in das Balkanlager hat. Der Wohlfahrtsverband ist dort die einzige unabhängige Institution. Wenn es keinen Ersatz gibt, können sich Asylbewerber bald nur noch an Sicherheitskräfte und Behörden wenden. Pressevertreter durften das Zentrum bislang nur zweimal unter Aufsicht betreten. Ehrenamtliche sind dort nicht erwünscht.

In einem anderen Punkt ist die Regierung zurückgerudert. Zwei Bundestagsabgeordnete der Linken hatten sich in einer Pressemitteilung beschwert, die Regierung verweigere ihnen ebenfalls den Zutritt. Ulla Jelpke aus dem Innenausschuss und die Ingolstädterin Eva Bulling-Schröter hatten vergeblich um einen Besuchstermin gebeten. Nachdem der DK bei der Regierung nachgefragt hatte, was die Gründe für die Ablehnung seien, teilte Bulling-Schröter kurz darauf mit, dass die Regierung den Besuch am Dienstag doch genehmige. Es habe Terminprobleme gegeben, hieß es von der Regierung.

Der geplante Ausbau des Zentrums schreitet derweil voran. Laut Regierung sind die Container an der Neuburger Straße ab Ende Februar bezugsfertig für 400 Personen. Neben dem Parkplatz 3 beim FCI-Stadion und den Containern beim Ingolstadt Village ist dann auch die dritte Außenstelle des Balkanzentrums in Betrieb. In der Immelmann-Kaserne selbst stockt die Regierung die Plätze zurzeit von 1000 auf 1500 auf - auf diese Obergrenze hatten die Stadt und der Landkreis Pfaffenhofen sich im November mit Sozialministerin Emilia Müller geeinigt. Nach dem Ausbau wäre im Rückführungszentrum Platz für 2900 Asylbewerber.

Wofür der gebraucht wird, ist fraglich. Zurzeit kommen immer weniger Asylbewerber aus den Balkanstaaten. Allein im Dezember gingen die Asylerstanträge aus Albanien bundesweit im Vergleich zu November von 2960 auf 1760 zurück. Im August waren es noch über 8000 Anträge gewesen. Die Zahl der Erstanträge von Serben und Mazedoniern sank von November bis Dezember um die Hälfte auf 380 beziehungsweise 297.

Das Oberstimmer Rückführungszentrum, eines von zwei in Bayern, ist mit 1000 Asylbewerbern nur zum Teil belegt. Möglich wäre es, die Infrastruktur auch für Menschen aus anderen Ländern zu nutzen, zum Beispiel für Nordafrikaner, die ebenfalls geringe Chancen auf ein Aufenthaltsrecht haben. Die Regierung äußert sich dazu nur ausweichend. "Die Aufnahmeeinrichtung wird entsprechend den Kapazitäten und im Rahmen der üblichen Fluktuation belegt", heißt es auf DK-Anfrage. Noch steht eine politische Entscheidung aus, wie es weitergeht. Das grundsätzliche Ziel, Asylverfahren mit geringer Bleibeperspektive möglichst schnell zu bearbeiten, sei erreicht, schreibt die Regierung. Seit September wurden 265 Asylbewerber aus dem Zentrum abgeschoben, 647 reisten "freiwillig" aus.