Ingolstadt
Raub und Erpressung beim Personalgespräch?

Ingolstädter Wirtin durch Vorwürfe einer früheren Angestellten im Zwielicht – Verhandlung vor dem Schöffengericht

25.02.2015 | Stand 02.12.2020, 21:36 Uhr

Ingolstadt (DK) Schwere Vorwürfe gegen eine Ingolstädter Gastronomin: Die Frau soll im vergangenen Mai in ihren Privaträumen eine Angestellte wegen eines vermuteten Abrechnungsbetrugs massiv unter Druck gesetzt und zur Unterzeichnung eines Kündigungsschreibens und zu einem Lohnverzicht genötigt haben, anstatt die Sache bei der Polizei anzuzeigen.

Wegen der von der Staatsanwaltschaft so gesehenen besonderen Umstände des Vorfalls steht die 39-Jährige seit gestern als Angeklagte vor dem Schöffengericht.

Weil die Kellnerin im Zuge dieses Personalgesprächs – so zumindest ihre Anschuldigungen gegen ihre frühere Arbeitgeberin – auch ihr persönliches Bargeld (angeblich etwa 30 Euro) abliefern und ihr privates Mobiltelefon aushändigen musste und weil von der Wirtin angeblich als Druckmittel auch ein Küchenmesser ins Spiel gebracht worden sein soll, geht es jetzt um nicht weniger als um schweren Raub und schwere räuberische Erpressung. Im Falle einer Verurteilung wegen dieser Delikte droht der Angeklagten eine Gefängnisstrafe nicht unter drei Jahren beziehungsweise von mindestens einem Jahr.

Doch so weit ist es noch nicht, und es wird für die Gastronomin womöglich auch nicht zum Schlimmsten kommen, weil das Gericht unter Vorsitz des stellvertretenden Amtsgerichtsdirektors Christian Veh die Vorwürfe insbesondere in Sachen Messer sicher sehr genau prüfen wird. Bislang steht hier Aussage gegen Aussage. Während die geschasste Kellnerin (27) behauptet, ihre damalige Chefin habe das Küchenmesser zu Beginn des Gesprächs demonstrativ aus einer Schublade geholt und auf eine Anrichte „geknallt“, um sie zu einem Geständnis zu bewegen, behaupten die Wirtin und ihre bei dem Gespräch anwesende Schwester, dass das Küchenwerkzeug nur zufällig in der Nähe gelegen habe und nicht angerührt worden sei.

Doch allemal geht es in dem Prozess für die Gastronomin um viel, wie ihre Anwältin Marion Reisenhofer gestern in der Verhandlung mehrfach betonte. Die Angeklagte gab selber zu, in der damaligen Konfrontation mit der Angestellten wohl zu weit gegangen zu sein: „Es war ein Riesenfehler.“

Nach ihrer Darstellung war sie durch andere Bedienstete auf angebliche falsche Abrechnungen der Kellnerin aufmerksam gemacht worden, in die auch ein Barkeeper verwickelt sein sollte. Auch den 25-jährigen Mann, der gestern als Zeuge geladen war, hatten die Wirtin und ihre Schwester angeblich zur Kündigung nötigen wollen, doch war dieser nicht darauf eingegangen. Er hat sich mit den früheren Arbeitgebern inzwischen arbeitsgerichtlich geeinigt. Kellnerin und Barkeeper stritten im Übrigen vor Gericht jegliche Unregelmäßigkeiten bei ihrer Arbeit ab.

Der Prozess wirft – sicher nicht unbedingt zur Freude von Szenewirten – ein Schlaglicht auf eine Branche, die von den Kunden meistens nur in gelöster Stimmung oder gar in ausgiebiger Feierlaune erlebt wird. Die Hauptbelastungszeugin sprach gestern von einem Stundenlohn von drei Euro bei nächtlichen Arbeitszeiten bis mitunter vier oder fünf Uhr in der Früh’.

Vorsitzender Veh äußerte sich in der Verhandlung bereits sehr kritisch über das dem Gericht vorliegende Kündigungsschreiben, das die Wirtinnen nach eigenen Angaben selber verfasst und einfach um einen runden Monat vordatiert hatten – womöglich, um Lohn einsparen zu können. „So können Sie sich als Arbeitgeber nicht verhalten; so etwas geht beim besten Willen nicht“, hielt der Richter den Schwestern vor. Der Prozess soll in der übernächsten Woche fortgesetzt und wohl auch abgeschlossen werden.