Ingolstadt
Quittung fürs Rollkommando

Vorbestrafter Geldeintreiber muss wegen versuchter Nötigung einsitzen

25.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:46 Uhr

Ingolstadt (hl) "Ich war jung und naiv", versuchte der bereits mehrfach vorbestrafte Angeklagte seinen nunmehr schon fast zwei Jahre zurückliegenden letzten Fehltritt gestern vor einer Berufungskammer des Landgerichts zu entschuldigen. Von Übersicht oder gar Weitblick getragen war seine Aktion seinerzeit wirklich nicht gewesen: Ohne eigene Not hatte er sich offenbar von einem Freund für eine krumme Sache einspannen lassen, obwohl er noch wegen einer just zuvor verbüßten zweijährigen Haftstrafe unter Führungsaufsicht stand.

An der Seite eines Mittäters hatte der inzwischen 24-jährige Ingolstädter im Sommer 2014 im Auftrag seines Bekannten versucht, von einem anderen jungen Mann Geld einzutreiben, das dieser sich von der Schwester des Auftraggebers geliehen hatte. Weil die beiden Akteure gewaltsam in die Wohnung des Schuldners in Friedrichshofen eingedrungen waren und dann auch noch Schläge ausgeteilt und ihrem Opfer dessen Handy abgenommen hatten, waren sie vom Ingolstädter Schöffengericht wegen versuchter räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung jeweils zu einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt worden. Der 24-Jährige versuchte nun, noch eine Bewährungsstrafe zu erreichen.

Es ging insgesamt wohl um 1500 Euro, die besagte Schwester bereits im Herbst 2013 zu Beträgen von jeweils 750 Euro an ihren Bruder und dessen Bekannten ausgeliehen hatte - eine reine Gefälligkeit gegenüber dem Bruder, denn den anderen Mann kannte sie offenbar gar nicht, wie sie dem Gericht gestern schilderte. Angeblich wartet sie noch heute auf eine Rückzahlung durch den Fremden. Doch dass ihr Bruder die Sache im August 2014 in die Hand genommen und dem säumigen Zahler sein persönliches Rollkommando ins Haus geschickt hatte, davon will die Frau erst erfahren haben, als sie seinerzeit die Zeugenvorladung des Amtsgerichts erhielt.

Für den Angeklagten ging es gestern um viel: Der bislang berufslose junge Mann hat nach Phasen als Leiharbeiter, Häftling und Arbeitsloser erst vor zwei Monaten eine von der Arbeitsagentur bezahlte Fortbildung zum Metallarbeiter angetreten. Der abermalige Vollzug einer Haftstrafe könnte ihm den Weg in eine freundlichere Zukunft vorerst verbauen. Sein Verteidiger Klaus Wittmann (Levelingstraße) hatte kurz vor Toresschluss noch einen Täter-Opfer-Ausgleich mit einer Entschädigungszahlung von 2000 Euro abschließen können, sodass der seinerzeit attackierte Schuldner gestern vor der Berufungskammer sein Interesse an einer weiteren Strafverfolgung verneinen konnte.

Davon ließ sich Oberstaatsanwalt Nicolas Kaczynski allerdings nicht tief beeindrucken. In seinem Plädoyer forderte er insbesondere wegen der einschlägigen Vorstrafen und der hohen Rückfallgeschwindigkeit des 24-Jährigen eine Haftstrafe wie von der Erstinstanz ausgesprochen. Die Kammer unter Vorsitz von Konrad Kliegl kam zu einem etwas milderen Urteil: Ein Jahr und zwei Monate soll der junge Mann nun hinter Gitter. Der Schuldspruch lautet auf versuchte Nötigung in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung. Der Verurteilte kann seine Ausbildung also erst einmal nicht fortführen. Allerdings sollte der seinerzeit überfallene Schuldner angesichts der just erhaltenen 2000 Euro jetzt endlich in der Lage sein, seiner Gläubigerin die ausstehenden 750 Euro zurückzuzahlen.